Anzeige
Anzeige

Kommunikation Schluss damit - ich brauche nicht zehn verschiedene Messenger!

Messenger-Irrsinn
Messenger-Irrsinn: Schluss mit den unzähligen Kommunikationswegen!
© vadimguzhva/gettyimages
SMS, Whatsapp, Facebook, Snapchat und dann noch Xing: Wir verschwenden viel zu viel Zeit mit dem Checken unzähliger Messenger. Ein Plädoyer für mehr Fokus!

Ich habe heute mal durchgezählt: Wenn ich meinen Freunden und Bekannten eine Nachricht schicken will, habe ich mittlerweile die Wahl zwischen zehn (!) verschiedenen Kanälen: SMS, Whatsapp, Facebook, google +, Instagram, Snapchat, Xing, Linkedin, Twitter. Achja und die gute alte Mail.

Wenn ich nun versuche, stets zeitnah erreichbar zu sein auf all diesen Kanälen, und nicht ständig hören will "Ich habe Dir auf Xing geschrieben, warum antwortest Du nicht?“"– dann verbringe ich einen Großteil meiner Zeit nur noch mit dem Checken meiner zehn Posteingänge. Das nehmen wir alle irgendwie so hin, ist aber eigentlich vollkommen ineffektiv und unsinnig. Wir verbringen unsere gesamte Zeit nur noch mit Kommunizieren – statt wirklich etwas Substanzielles zu produzieren.

Vor gar nicht so langer Zeit gab es eigentlich nur zwei Kanäle. Den Brief. Und das Telefon. Für Smartphone-tippende Menschen von heute eine geradezu absurde Vorstellung.

Ich habe mich gegen diese Zeitverschwendung entschieden. Aus einem einfachen Grund: Sonst komme ich zu gar nichts mehr neben dem ganzen Postfach-Checken. Das bringt einem im Freundeskreis zwar den Ruf ein, schwer erreichbar zu sein. Aber ich habe dabei sogar Rückdeckung von der Wissenschaft!

Laut einer jüngsten Studie ist die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne der Menschen innerhalb der letzten Dekade von 12 auf 8 Sekunden gesunken. Sie können ja mal bei sich selber zählen, wie lange sie fokussiert bleiben können. Und wann Sie schon wieder irgendeinen Posteingang auf Ihrem Handy checken.

Dr. Birte Gall über Arbeit in der der Zukunft

Jeder Kanal konkurriert mit jedem

In der heutigen Zeit wird Fokussiertheit und Konzentrationsfähigkeit damit zu einer Art Super-Skill.

Nochmal: Für eine einfache Funktion der Kommunikation wie eine Nachricht schreiben benutzen wir derzeit zehn verschiedene Kanäle? Unsere Kinder werden uns eines Tages dafür auslachen. Denn dann wird es hoffentlich wieder das eine Tool geben, das alle Kommunikation vereint. Und uns viel Zeit spart. So eine Art Brief-Monopol des 21. Jahrhunderts. Wer hätte gedacht, dass man eines Tages die guten alten gelben Post-Zeiten nostalgisch verklärt.

Doch warum gibt es diese eine App heute noch nicht? Erstens (das ist die technische Erklärung): weil keiner der Dienste eine eine technische Schnittstelle hat, auf die eine Bündelungs-App zugreifen könnte. Denn jeder Kanal konkurriert mit jedem, Facebook mit google +, Linkedin mit Facebook und so weiter. Daher wird es das nie geben – erklären mir jedenfalls wissend meine Programmierer-Freunde.

Zweiter Grund (die Big-Picture-Erklärung): Weil wir eben noch relativ am[nbsp]Anfang stehen von der digitalen Revolution, die wir Internet nennen. Wir sind in einer Phase, die man auf Tech-Konferenzen auch gerne „De-bundling“ nennt. Alles wird in kleine Einzelteile zerlegt, die Wertschöpfungskette einer Bank ebenso wie die Facetten der Kommunikation. Und für jede noch so kleine Nuance gibt es ein eigenes Startup. So erklärt sich, dass ein Unternehmen, mit dessen Dienst man Videonachrichten verschickt (Snapchat), die sich gleich wieder löschen, mehr Wert ist als Adidas oder die Lufthansa. Obwohl man Videos ja auch über tausend andere Kanäle verschicken könnte.

Aber wir sind eben in dieser Früh-Phase und es werden erst noch ein paar Jahre vergehen, bis wir in der Phase des "Re-bundlings" sind. Dann nämlich wenn viele der Nischen-Startups sich nicht durchgesetzt haben, von der Börse genommen wurden und der funktionierende Rest von Facebook und Google aufgekauft und wieder zu einer einzigen App gebündelt wurde, mit der man einfach nur eins tut: eine Nachricht schreibt, wahlweise mit Bildern und Videos versehen, auch mit solchen, die sich sofort wieder löschen. Aber alles in einer App! Ich freue mich schon auf diesen Tag.

Weitere Kolumnen von Martin Kaelble: Innovation-OverkillRaus aus dem BüroAlles wird dezentralDie nächste Tech-BlaseWas man von Start-Ups lernen kann,Sehnsucht nach OfflineJede Firma wird eine Tech-CompanyTanker vs. SchnellbootSorgt die Digitalisierung für mehr Ungleichheit? und Wo bleibt das deutsche Tesla? 

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel