VORSORGE Kapitallebensversicherungen sind umstritten

Eine Lebensversicherung galt in Deutschland lange Zeit als finanzielle Altersabsicherung. Verbraucherschützer urteilen da anders: zu teuer, zu undurchsichtig!

Während diese Form in anderen Ländern kaum eine Rolle spielt, bestehen in der Bundesrepublik mehr als 50 Millionen Verträge über eine Kapitallebensversicherung, berichtet der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin.

Über 200 Varianten 'geriestert'

Mit Einführung der »Riesterrente« hoffen die Versicherungsunternehmen nun auf den Abschluss zahlreicher neuer Verträge. Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen in Bonn hat nach eigenen Angaben bereits mehr als 200 Produkte aus dem Bereich der Lebensversicherungen als förderfähig eingestuft. Deutliche Warnungen kommen aber von Seiten der Verbraucherschützer. Aus ihrer Sicht ist die Kapitallebensversicherung zu teuer, zu undurchsichtig und nicht zur Altersvorsorge geeignet.

Gerne mit Berufsunfähigkeit gekoppelt

Anders als eine gewöhnliche Versicherung, deren Beiträge einfach verloren sind, wenn dem Versicherten nichts passiert, soll die Kapitallebensversicherung den Schutz vor Risiken mit der Absicherung im Alter verbinden. Sie springt also entweder im Todesfall ein, um die Angehörigen zu versorgen, oder wird von einem vereinbarten Zeitpunkt an den Versicherten ausgezahlt. Zu diesem Zweck legt die Versicherung die Beiträge des Versicherten an. Wenn er ein bestimmtes Alter überschritten hat, gibt es das Geld plus Gewinnbeteiligung zurück. Je nach Vertrag können auch andere Risiken wie zum Beispiel die Berufsunfähigkeit abgesichert sein.

Tücken in der Praxis

Was in der Theorie vernünftig klingt, hat in der Praxis allerdings Tücken. »Verzinst werden nicht die gesamten Beiträge, sondern nur der Sparanteil«, erläutert Hans Dieter Meyer, Geschäftsführer des Bundes der Versicherten (BdV) in Henstedt-Ulzburg (Schleswig-Holstein). Neben der Provision für den Vertragsabschluss ziehen die Versicherungen auch die Verwaltungskosten und den Risikoanteil von den eingezahlten Geldern ab. Dieser wird dafür verwendet, den Todesfall abzusichern, da die Angehörigen in diesem Fall die volle Versicherungsumme erhalten - unabhängig davon, wie viel Geld der Versicherte bereits eingezahlt hat.

Nur minimale Zinsen garantiert

Wirklich garantiert sind zudem nur Zinsen in Höhe von 3,25 Prozent. Bei höheren Renditeversprechen handelt es sich um freiwillige Zusagen, die von den Versicherern jederzeit widerrufen werden können. Gerade in den vergangenen Monaten ist dies häufiger geschehen. So setzte die Allianz Leben auf Grund der Lage auf den Kapitalmärkten die Gewinnbeteiligung zum 1. Januar 2002 von 7,5 auf 6,8 Prozent herab.

'Unsinnig und überflüssig'

»Die Lebensversicherung ist daher weder eine sichere noch eine besonders attraktive Form der Geldanlage«, sagt Andrea Hoffmann, Referatsleiterin Finanzen bei der Verbraucherzentrale Sachsen in Leipzig. Hans Dieter Meyer spricht gar von einem »unsinnigen und vollkommen überflüssigen Angebot«. Es gibt keinen vernünftigen Grund, die Frage der Altersvorsorge mit einer Versicherung zu verknüpfen.

Nach Aktien nächster Hype?

Die Versicherungsunternehmen sehen das anders. Angesichts der Verluste, die Aktien und Investmentfonds im vergangenen Jahr vielfach hinnehmen mussten, schlägt gerade jetzt die Stunde der Lebensversicherungen, so Maximilian Zimmerer, Finanz-Vorstand der Allianz Leben. »Wo sonst lassen sich momentan sechs bis sieben Prozent Verzinsung erwirtschaften?«

Verwendung der Gelder unklar

Den Verbraucherschützern geht es allerdings nicht nur um die Erträge. Problematisch ist aus ihrer Sicht auch, dass die Kapitallebensversicherung eine sehr undurchsichtige Form der Geldanlage ist. »Die Versicherungsverträge sind voll von Klauseln, die für den Verbraucher vollkommen unverständlich sind«, sagt Andrea Hoffmann. Hans-Dieter Meyer fordert zudem eine bessere Aufklärung über die Verwendung der eingezahlten Gelder.

Mangelnde Beratung

Dass die Lebensversicherung trotz aller Kritik sehr verbreitet ist, führen Meyer und Hoffmann auf Mängel in der Beratung zurück. »In den Verkaufsgesprächen wird oft verschwiegen, dass es sich bei der Gewinnbeteiligung um eine unverbindliche Zusage handelt«, so der Geschäftsführer des BdV. Häufig werden die Versicherten zudem gedrängt 'Zusatzversicherungen' abzuschließen.

Besser: Risikolebensversicherung

Als Alternative empfehlen die Verbraucherschützer den Abschluss einer Risikolebensversicherung. »Diese bietet den gleichen Schutz, ist aber wesentlich billiger als eine Kapitallebensversicherung«, sagt Andrea Hoffmann. Die eingesparte Summe kann der Verbraucher dann nach eigenem Ermessen für die Altersvorsorge einsetzen.

Schwierige Vertragsauflösung

Hilfreich ist dieser Hinweis allerdings nur, wenn man noch nicht in eine Kapitallebensversicherung einzahlt. Denn aus dem einmal abgeschlossenen Vertrag kommt man nicht ohne weiteres wieder heraus. Eine Kündigung der Versicherung ist zwar jederzeit möglich, führt aber oft dazu, dass ein großer Teil des schon eingezahlten Geldes wieder verloren geht. Ein Problem ist dies vor allem dann, wenn der Versicherte arbeitslos wird oder aus anderen Gründen in finanzielle Schwierigkeiten kommt.

Konsequenzn durchrechnen

Wer seinen Versicherungsvertrag kündigen will oder kündigen muss, sollte sich deshalb in jedem Fall gut beraten lassen. »Am besten wendet man sich an eine Verbraucherzentrale oder einen unabhängigen Versicherungsberater und lässt sich die Konsequenzen einer Kündigung vorrechnen«, empfiehlt Hans Dieter Meyer.

Information:

Bund der Versicherten

Postfach 11 53

24547 Henstedt-Ulzburg

Tel.: 04193/942 22

Fax: 04193/942 21

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