Neben Rohstoffen wie Kohle hat die EU beschlossen auch keinen russischen Wodka mehr zu importieren. Wie viel Druck können Verbraucher aufbauen, wenn sie russische Lebensmittel meiden? Ein Gespräch mit einem Exporteur für Osteuropa-Produkte verdeutlicht: Viele Produkte, die russisch aussehen, werden gar nicht dort hergestellt.
EU-Importstopp Wodka, Kondensmilch und Co: So viel Russland steckt in "russischen" Lebensmitteln aus dem Supermarkt

Wodka und Co. – wie sinnvoll ist es russische Lebensmittel zu meiden?
© Florian Gaertner/Picture Alliance / Picture Alliance
Sehen Sie im Video: Wodka und Co. – wie sinnvoll ist es, russische Lebensmittel zu meiden?
Putins Krieg gegen die Ukraine führt zu neuen Sanktionen: Neben Rohstoffen geraten auch russische Lebensmittel in den Fokus.
Die EU verhängt einen Importstopp für russischen Wodka. US-Präsident Joe Biden hatte Importe in die Vereinigten Staaten bereits im März blockiert. US-Politiker schütteten öffentlichkeitswirksam Wodka aus. In Deutschland haben große Supermarkt-Ketten russische Lebensmittel bereits aus ihren Regalen verbannt.
Aber kann der Boykott russischer Lebensmittel Putin zum Ende seiner militärischen Operationen bewegen? André Kowalew, Geschäftsführer von Dovgan, einem Großhändler für osteuropäische Produkte. Früher führte sein Unternehmen auch Lebensmittel aus Russland in seinem Sortiment. Heute, erzählt der Mann, der ursprünglich aus Sankt Petersburg kommt, habe Dogvan die Handelsbeziehungen zu russischen Herstellern abgebrochen:
Kowalew:
„Ich habe keine Mittel, um auf Putin oder seine Leute Druck zu machen. Ich habe nur die Möglichkeit, es meinen Produzenten und Lieferanten zu erklären. Weil ich meine Position zeigen will und über sie Druck auf die Gesellschaft in Russland mache. Dass sie verstehen, dass sich auch die Zeiten für die Leute ändern. Das müssen sie spüren. Auf jeder Ebene. Und ich mach es eben auf meiner Ebene im Food-Bereich. Das ist ein für Russland nicht so wichtiger Bereich und trotzdem muss ich meine Position zeigen.“
Laut Kowalew kamen nur rund 10 Prozent der Waren aus seinem Sortiment aus Russland. Dennoch gibt es weiterhin Lebensmittel bei Dovgan, die als typisch russisch gelten: Gezuckerte Kondensmilch zum Beispiel.
Kowalew:
„Wir sind in Deutschland Marktführer. Bei gezuckerter Kondensmilch haben wir 20 Prozent des Marktanteils. Das bedeutet, jede fünfte verkaufte Dose wird von uns verkauft. Aber ich habe noch nie eine Dose in Russland hergestellt. Denn Russland hat keinen Zugang auf den europäischen Markt – bei Milch und Fleischprodukten – sie sind verboten.“
Das heißt sogenannte russische Wurst, Salat- oder Käseangebote in deutschen Supermärkten werden nicht in Russland hergestellt. Andere Produkte, die in Deutschland als „typisch russisch“ gelten, seien es außerdem gar nicht, erzählt Kowalew. Die meisten dieser Lebensmittel wurden zu Sowjetzeiten zu Massenprodukten. Damals wie heute werden sie auch in den baltischen Staaten oder anderen europäischen Ländern konsumiert und hergestellt. Das trifft nicht nur auf Wodka zu, der in unterschiedlichen EU-Regionen eine eigene Tradition hat. Auch Teiggerichte wie Pelmeni gibt es in verschiedenen Varianten in der europäischen Küche.
Typisch russische Produkte sind also eher eine Marketingerfindung als Realität – das hat auch einen weiteren Grund: Kowalew stellt heraus, dass die Esskulturen in Russland sehr unterschiedlich sind.
„Im Norden isst man mehr Fisch. Es gibt bei uns Regionen in Fernost, die essen eher wie Asiaten, wie Koreaner oder Japaner. Während der ganze Süden eher so isst, wie im osmanischen Reich. Ajvar, Pinjour usw. Der westliche Teil isst sehr ähnlich wie die Menschen in der Ukraine oder Polen.“
Wer dennoch darauf achten möchte, dass kein Produkt aus Russland im Einkaufswagen landet, dem hilft ein Blick auf die EAN-Nummer. Die Ziffern 460 bis 469 am Anfang des Codes kennzeichnen Produkte, die in Russland hergestellt worden sind.
Der Druck der über einen Boykott von Lebensmitteln auf Russland ausgeübt werden kann, ist niedrig. Für Kowalew war es dennoch wichtig, ein Zeichen in seine alte Heimat zu senden. Viele seiner Mitarbeiter haben Wurzeln in der Ukraine. Während das vor dem Einmarsch russischer Truppen kaum ein Thema gewesen sei, seien nun viele zu glühenden Ukrainern geworden. Das Unternehmen hat in Zusammenarbeit mit großen Supermarktketten mehrere Hilfslieferungen in die Ukraine gesendet – die Initiative dafür käme von seinen Mitarbeitern.
Kowalew: „Jede Tat, um den Krieg zu stoppen, bringt etwas. Die Frage ist: Hätten wir das schon seit einer längeren Zeit gemacht, vielleicht schon seit der Krim – dann würden wir heute nicht da stehen, wo wir stehen. Aber wir alle zusammen – ich will nicht mit Fingern auf bestimmte Leute zeigen – wir alle haben es nicht gemacht. Und wir stehen heute, wo wir stehen. Wichtig ist für mich, dass ich mich in einem Jahr noch im Spiegel anschauen kann – das ist wichtig für mich, für meine Firma und meine Mitarbeiter.“
Putins Krieg gegen die Ukraine führt zu neuen Sanktionen: Neben Rohstoffen geraten auch russische Lebensmittel in den Fokus.
Die EU verhängt einen Importstopp für russischen Wodka. US-Präsident Joe Biden hatte Importe in die Vereinigten Staaten bereits im März blockiert. US-Politiker schütteten öffentlichkeitswirksam Wodka aus. In Deutschland haben große Supermarkt-Ketten russische Lebensmittel bereits aus ihren Regalen verbannt.
Aber kann der Boykott russischer Lebensmittel Putin zum Ende seiner militärischen Operationen bewegen? André Kowalew, Geschäftsführer von Dovgan, einem Großhändler für osteuropäische Produkte. Früher führte sein Unternehmen auch Lebensmittel aus Russland in seinem Sortiment. Heute, erzählt der Mann, der ursprünglich aus Sankt Petersburg kommt, habe Dogvan die Handelsbeziehungen zu russischen Herstellern abgebrochen:
Kowalew:
„Ich habe keine Mittel, um auf Putin oder seine Leute Druck zu machen. Ich habe nur die Möglichkeit, es meinen Produzenten und Lieferanten zu erklären. Weil ich meine Position zeigen will und über sie Druck auf die Gesellschaft in Russland mache. Dass sie verstehen, dass sich auch die Zeiten für die Leute ändern. Das müssen sie spüren. Auf jeder Ebene. Und ich mach es eben auf meiner Ebene im Food-Bereich. Das ist ein für Russland nicht so wichtiger Bereich und trotzdem muss ich meine Position zeigen.“
Laut Kowalew kamen nur rund 10 Prozent der Waren aus seinem Sortiment aus Russland. Dennoch gibt es weiterhin Lebensmittel bei Dovgan, die als typisch russisch gelten: Gezuckerte Kondensmilch zum Beispiel.
Kowalew:
„Wir sind in Deutschland Marktführer. Bei gezuckerter Kondensmilch haben wir 20 Prozent des Marktanteils. Das bedeutet, jede fünfte verkaufte Dose wird von uns verkauft. Aber ich habe noch nie eine Dose in Russland hergestellt. Denn Russland hat keinen Zugang auf den europäischen Markt – bei Milch und Fleischprodukten – sie sind verboten.“
Das heißt sogenannte russische Wurst, Salat- oder Käseangebote in deutschen Supermärkten werden nicht in Russland hergestellt. Andere Produkte, die in Deutschland als „typisch russisch“ gelten, seien es außerdem gar nicht, erzählt Kowalew. Die meisten dieser Lebensmittel wurden zu Sowjetzeiten zu Massenprodukten. Damals wie heute werden sie auch in den baltischen Staaten oder anderen europäischen Ländern konsumiert und hergestellt. Das trifft nicht nur auf Wodka zu, der in unterschiedlichen EU-Regionen eine eigene Tradition hat. Auch Teiggerichte wie Pelmeni gibt es in verschiedenen Varianten in der europäischen Küche.
Typisch russische Produkte sind also eher eine Marketingerfindung als Realität – das hat auch einen weiteren Grund: Kowalew stellt heraus, dass die Esskulturen in Russland sehr unterschiedlich sind.
„Im Norden isst man mehr Fisch. Es gibt bei uns Regionen in Fernost, die essen eher wie Asiaten, wie Koreaner oder Japaner. Während der ganze Süden eher so isst, wie im osmanischen Reich. Ajvar, Pinjour usw. Der westliche Teil isst sehr ähnlich wie die Menschen in der Ukraine oder Polen.“
Wer dennoch darauf achten möchte, dass kein Produkt aus Russland im Einkaufswagen landet, dem hilft ein Blick auf die EAN-Nummer. Die Ziffern 460 bis 469 am Anfang des Codes kennzeichnen Produkte, die in Russland hergestellt worden sind.
Der Druck der über einen Boykott von Lebensmitteln auf Russland ausgeübt werden kann, ist niedrig. Für Kowalew war es dennoch wichtig, ein Zeichen in seine alte Heimat zu senden. Viele seiner Mitarbeiter haben Wurzeln in der Ukraine. Während das vor dem Einmarsch russischer Truppen kaum ein Thema gewesen sei, seien nun viele zu glühenden Ukrainern geworden. Das Unternehmen hat in Zusammenarbeit mit großen Supermarktketten mehrere Hilfslieferungen in die Ukraine gesendet – die Initiative dafür käme von seinen Mitarbeitern.
Kowalew: „Jede Tat, um den Krieg zu stoppen, bringt etwas. Die Frage ist: Hätten wir das schon seit einer längeren Zeit gemacht, vielleicht schon seit der Krim – dann würden wir heute nicht da stehen, wo wir stehen. Aber wir alle zusammen – ich will nicht mit Fingern auf bestimmte Leute zeigen – wir alle haben es nicht gemacht. Und wir stehen heute, wo wir stehen. Wichtig ist für mich, dass ich mich in einem Jahr noch im Spiegel anschauen kann – das ist wichtig für mich, für meine Firma und meine Mitarbeiter.“