James Bond ohne Martini - nicht vorstellbar. Der Dude ohne White Russian? Nur ein verpeilter Alt-Hippie, der auf Walgesänge steht. Und Carrie Bradshaw hätte ihren Freundinnen ohne den Cosmopolitan wohl nur halb so viel zu erzählen gehabt. Filme und Drinks, das gehört zweifellos zusammen. Zumindest auf der Leinwand. Im Kinosaal, sofern sie bald wieder aufmachen dürfen, bleibt es meist bei Cola und Popcorn. Das wollten Andreas und Waldemar Wegelin aus Hamburg ändern: Sie kreierten einen Popcorn-Rum, der mit Cola gemischt den Geschmack von Kino ins Glas bringt.
"Wir wollten nicht den x-ten Gin machen"
Die beiden Cousins wurden 2017 deutschlandweit bekannt, als sie ihr Unternehmen Tastillery in der Start-up-Show "Die Höhle der Löwen" vorstellten. Charmant präsentiert die beiden ihre hochwertigen Alkohol-Probiersets, mit denen man verschiedene Spirituosen probieren kann, ohne gleich große Flaschen kaufen zu müssen. Ein Deal kam zwar nicht zustande, doch die junge Firma profitierte enorm von dem Auftritt: Verschickte man vorher nur ein paar Hundert Boxen, gingen allein in der ersten Woche nach Ausstrahlung rund 8000 Sets in den Versand. Zu den beliebtesten Boxen zählen die Whisky-Weltreise und die Gin-Reise um die Welt.
Die Boxen wurden zum Markenzeichen, mittlerweile sorgen sie aber nur noch für einen Bruchteil des Umsatzes. Der immer weiter wachsende Online-Shop und neue Produkte wie aufwendig gestaltete Adventskalender sind nun die Umsatztreiber. Der größte Hit ist aber Cinecane, der Popcorn-Rum. Er ist das Million Dollar Baby der beiden Hamburger: "Die Idee dafür hatten wir schon sehr lange", sagt Waldemar Wegelin im Gespräch mit dem stern. 2014 entdeckten sie das Rezept des "Cinema Highball" in einem Cocktailbuch des US-Barkeepers Jim Meehan, in dem Cola mit einem Rum kombiniert wird, der zuvor mit komplexen Verfahren mit Popcorn-Aromen angereicht wurde.
"Als wir Ende 2017 auf der Suche nach einem eigenen Produkt waren, fiel uns das Rezept wieder ein. Doch das haben wir als zu verrückt abgetan. Wer will denn schon Popcorn-Rum? Doch je länger wir darüber nachdachten, desto klarer wurde uns: Das Verrückte ist ja das Besondere da dran." Natürlich hätte man auch einen eigenen Gin machen können, "wie jeder andere auch", ergänzt Andreas Wegelin. Aber man wollte halt nicht die üblichen Verdächtigen. "Wir wollten etwas Kreatives machen, etwas Inspirierendes. Ein Getränk mit einer klaren Identität. Und das ist nicht der x-te Gin, auch wenn wir von dem schnell ein paar Tausend Flaschen verkauft hätten."
Während der Arbeit trinken - zu Besuch beim Start-up Tastillery

Karibik trifft Popcorn
Doch wie kommt das Popcorn in den Rum? "Als Basis nehmen wir gereiften Rum aus der Karibik, den wir mir frisch gebuttertem Popcorn destillieren. Darin legen wir im zweiten Schritt noch einmal Popcorn ein. Das verblenden wir am Ende mit dem Basis-Rum."
Anderthalb Jahre dauerte die Entwicklung der finalen Rezeptur. Zum Verkaufsstart war die Skepsis der beiden groß: "Keine Ahnung, ob der bei unseren Kunden ankommt. Vermutlich geht der Verkauf schleppend los, nichts funktioniert über Nacht", sagt Waldemar Wegelin, der zuvor zwölf Jahre in Werbeagenturen Erfahrungen sammelte und unter anderem in Tokio für Kunden wie Nike und Google arbeitete.
Die Bedenken waren unbegründet: Die erste Charge mit 1600 Flaschen war innerhalb weniger Wochen vergriffen. Seitdem hat er sich unter Rum-Fans einen Namen gemacht und zählt zu den Bestsellern unter den Rums mit Geschmack. Er schmeckt als Daiquiri oder auch Old Fashioned mit etwas Salz und Ahornsirup, die Popcorn-Note verleiht beiden Drinks einen spannenden Twist. Allerdings muss man die gewohnten Rezepte aufgrund der hohen Süße anpassen. A Star is Born?
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