US-Auto-Import Kleine Preise auf großer Reise

  • von Michael Specht
Der Dollarkurs bringt manchen auf die Idee, ein deutsches Auto aus den USA einzuführen. Das ist zunächst billiger - aber am Ende nicht immer günstiger.

Charlie Gallant schüttelt den Kopf. "Tut mir leid, ich darf Ihnen keinen neuen Tiguan verkaufen." Der Volkswagen-Händler aus Manchester City im US-Bundesstaat Vermont hält sich strikt an die Wolfsburger Vorgaben: keine Abgabe von Neuwagen an Kunden ohne Wohnsitz in den USA. Ansonsten stünde seine VW-Händlerlizenz auf dem Spiel. Und die liegt Charlie sehr am Herzen, denn die zweite Marke, die sein Autohaus vertreibt, heißt Chevrolet. Mit den US-Modellen ist momentan kein Dollar zu verdienen. Besonders die spritschluckenden Pritschenlaster (Pick-ups) und Geländewagen (SUV) stehen sich auf seinem Hof die Reifen platt. Volkswagen will das Geschäft lieber im Heimatland machen, wo der Tiguan etliche Tausend Euro mehr kostet. In den USA startet das Basismodell bei nur 23.200 Dollar (rund 17.800 Euro), für eine vergleichbare Version in Deutschland müsste der Kunde mindestens 27.600 Euro zahlen.

Über einen Umweg doch zum Ziel: Ein guter Freund in den USA kauft den Wagen

Obwohl Kauf und Export eines Neuwagens - nicht nur von VW - für Ausländer verbaut ist, reizen solch ein Preisunterschied und der immer noch günstige Dollarkurs zu der Überlegung, dennoch auf Zutoschnäppchentour in die USA zu reisen. Motto: Vielleicht geht ja doch etwas. Tatsächlich gibt es eine Möglichkeit: den Erwerb eines jungen Gebrauchtwagens. Vom VW Tiguan beispielsweise, der seit Juni auf dem US-Markt verkauft wird, dürften ab Jahresende in den USA die ersten Gebrauchten angeboten werden. Zwei legale Wege führen zum Deal

  • Möglichkeit eins: Ein guter Freund, der in den USA wohnt (muss kein Amerikaner sein), kauft ein neues Fahrzeug und lässt es auf seinen Namen zu. Dem wird der Wagen dann zu einem vereinbarten Zeitpunkt abgekauft. Unter Umständen kann sich die Sache in die Länge ziehen, weil die Zulassungsbehörde den "certificate of title" (Fahrzeugbrief) oft erst nach Wochen an den Erstbesitzer aushändigt. Ohne Brief jedoch fasst kein Spediteur das Auto für die Verschiffung an. Es könnte geklaut sein.
  • Möglichkeit zwei: Man schaut sich gleich auf dem US-Gebrauchtwagenmarkt um. Dann gibt es normalerweise auch keine Verzögerung wegen des Fahrzeugbriefes. Charlie Gallant rät VW-Interessenten dazu, gleich den letzteren Weg einzuschlagen. "Klappern Sie die VW-Händler nach 'neuen' Gebrauchten ab." Diese "pre driven cars" dürfen nämlich auch an Ausländer ohne Wohnsitz in den Vereinigten Staaten von Amerika verkauft werden. Und der "title" wird dann gleich mit ausgehändigt.

Dennoch gilt es, einiges zu beachten. So entspricht nur selten das Wunschmodell der in Deutschland erhältlichen Version. Für unterschiedliche Märkte bieten die Hersteller meist auch abweichende Ausstattungen und Motorisierungen an. Den bei uns so beliebten Diesel-Tiguan zum Beispiel gibt es in den USA (noch) nicht. Angeboten wird lediglich der Zweiliter-Benziner in zwei Leistungsversionen: mit 170 und 200 PS. Wer Leder haben möchte, muss gar zur teuersten Version greifen, die dort SEL genannt wird. Zur Orientierung: Neu kostet die, mit Automatik und Allradantrieb, ab 32.940 Dollar. Das sind umgerechnet ca. 25.340 Euro bei einem Kurs von 1,30 Dollar. In Deutschland würde ein vergleichbarer neuer Tiguan mehr als 40.000 Euro kosten. Was in den USA für einen gebrauchten Tiguan SEL zu zahlen wäre, ist derzeit allerdings noch unklar.

Hohe Zusatzkosten

Selbst wenn der Preis attraktiv sein sollte: Es fallen ordentlich Zusatzkosten an, neben Hafengebühren und Einfuhrumsatzsteuer auch für Transport, Verschiffung, Versicherung, Zoll, Umrüstung, TÜV, Garantie und deutsche Zulassung. Wer dies nicht scheut, muss erst mal dafür sorgen, dass das Auto zum nächsten Hafen kommt, der unter Umständen 1000 Meilen weit entfernt liegen kann. Früher ließ sich das einfach mit einer Urlaubstour verbinden, an deren Ende eben der Hafen stand. Mit einer temporären Zulassung und einer ebensolchen Versicherung in der Tasche ließ sich das Auto auf eigener Achse zum Schiff fahren, was obendrein Geld für den Mietwagen sparte.

Heutzutage ist das nahezu ausgeschlossen. "Schuld ist der 11. September 2001", sagt Dieter Thiel, Geschäftsführer der Wuppertaler Autoimport-Firma uscars24.de. "Das schlägt bis in die kleinste Behörde durch." Und Versicherer weigern sich seither, zeitlich begrenzte Policen an Ausländer auszustellen. Bleibt also nur der Transport auf einem Lastwagen, was durchaus mehr als 1,50 Dollar pro Meile kosten kann. Die Abfertigung im Hafen (circa 150 Dollar) erfordert fundierte Englischkenntnisse, weil diverse Formulare korrekt ausgefüllt werden müssen. Entschieden werden muss zudem, ob das Auto im Container (teuer) oder im sogenannten Ro-Ro-Verfahren (roll on, roll off) nach Deutschland transportiert werden soll. Hier wird der Wagen wie auf einer großen Fähre verladen und parkt verzurrt an Deck. Beschädigungen sind nicht auszuschließen. Auf jeden Fall ist eine Transportversicherung ratsam.

Behördenmarathon

Oft steht das Auto noch Tage im Ausfuhrhafen, bevor es ans Verladen geht. Die Atlantiküberquerung von der Ostküste der USA dauert rund zwei Wochen. Sicherheitshalber aber sollte ein Monat eingeplant werden, bis das gute Stück - zum Beispiel in Bremerhaven - zur Abholung bereitsteht. Anschließend beginnt ein weiterer Behördenmarathon, der Geld kostet. Nach Ausfüllen der Papiere schlägt die Hafenabfertigung mit rund 500 Euro zu Buche. Der Zoll rechnet jetzt zehn Prozent auf den Wagenwert sowie auf alle bislang angefallenen Kosten drauf. Auf diese Gesamtsumme kommen dann weitere 19 Prozent Einfuhrumsatzsteuer.

Prinzipiell müsste für den Tiguan kein Einfuhrzoll gezahlt werden, weil es sich um ein in Deutschland hergestelltes und dann exportiertes Auto handelt. Könnte man dies dem Zoll anhand einer Ausfuhrbescheinigung beweisen, wäre man von der Abgabe befreit. Deutsche Hersteller aber haben naturgemäß kein Interesse daran, dieses Papier herauszurücken, um Selbst-Importeuren beim Geldsparen zu helfen. Auch nach Zahlung von Zoll und Einfuhrumsatzsteuer darf der US-Kauf nicht gleich auf die deutsche Straße. Profi-Importeur Dieter Thiel sagt: "Wichtig ist die Zoll Unbedenklichkeitsbescheinigung als Grundlage für den deutschen Fahrzeugbrief." Weil deutsche Automodelle für die Vereinigten Staaten zumeist über andere Reifen, Scheinwerfer und Rückleuchten verfügen, um dortigen Vorschriften zu genügen, müssen genau diese Dinge für Deutschland wieder zurückgerüstet werden. Es hilft, sich über Einzelheiten vorher beim TÜV zu erkundigen (www.tuevsued.de).

Tipps zum Re-Import

Ebenfalls notwendig ist ein Abgasgutachten, da die amerikanischen Bestimmungen hier nicht anerkannt werden, selbst wenn sie strenger sind. Das bedeutet: Der Motor wird auf deutsche Abgasbestimmungen umgerüstet. Kosten: bis zu 1800 Euro. Wer das alles nicht auf sich nehmen, aber dennoch unbedingt ein Auto in die Bundesrepublik einführen möchte, wendet sich besser von vornherein an einen Importeur, und das übers Internet. Dort finden sich massenhaft Adressen. Manche haben durchaus ordentlich aufgebaute Seiten mit vielen Tipps zum Re-Import deutscher Autos. "Bei uns kann sogar jeder über einen Online-Rechner ablesen, wie teuer für ihn der Selbst-Import wird", sagt Dieter Thiel. Seine Firma übernimmt zum Beispiel für 946 Euro die komplette Import- Prozedur. Auf Wunsch wird der Traumwagen aus Amerika sogar zugelassen vor die Haustür gestellt.

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