Die schwedische Firma Magine plant zusammen mit den Fernsehsendern eine Revolution auf dem deutschen TV-Markt: Das Unternehmen verbreitet die Top-TV-Programme kostenlos über das Internet. Dem Zuschauer soll der Online-Weg Vorteile wie zeitversetztes Fernsehen aus der Cloud und eine bessere Bedienung per App bringen. Außerdem lasse sich so mit der Zeit die Werbung im TV-Programm personalisieren, sagte Magine-Chef Mattias Hjelmstedt.
Das neue Angebot könnte das TV-Geschäft auf verschiedenen Ebenen umkrempeln: Die Möglichkeit, Sendungen nachträglich, zum Teil auch Tage später abzurufen, macht Festplatten-Rekorder überflüssig. Personalisierte Werbung bietet Sendern die Chance, in den selben Werbepausen zum Beispiel Familien und Singles unterschiedliche Clips zu zeigen.
Gutes Bild auch bei langsamer Verbindung
Am größten könnten die Veränderungen jedoch für Kabelanbieter sein, denn Magine könnte sie Schlicht überflüssig machen. Das Angebot verspricht auch auf langsamen Internet-Verbindungen gute Bildqualität. So sei für die Standard-Auflösung schon eine Bandbreite von 1,5 Megabit pro Sekunde ausreichend. HD-Qualität bekomme man mit vier Megabit pro Sekunde. Für Bilder in 4K-Auflösung soll in Zukunft eine Leitung mit 10 Megabit pro Sekunde reichen. Gut ein Drittel der bisherigen Kunden nutzt Magine angeblich bereits auf dem Fernseher statt nur auf mobilen Geräten unterwegs.
Zusätzlich zum Gratis-Angebot kann ein Paket mit fünf Kinderprogrammen für 4,99 Euro im Monat hinzugebucht werden, wie Magine am Donnerstag mitteilte. Die Funktion für zeitversetztes Fernsehen steht zunächst nur für ein Dutzend Sender aus der zweiten Reihe und aus dem Kinder-Paket zur Verfügung. In Kürze soll sie aber auf weitere Programme ausgeweitet werden.
Breiteres Angebot als die Konkurrenz
Mit Magine können TV-Programme über das Internet auf Smartphones, Tablets, Computern und Fernsehern mit Internetzugang angesehen werden. Die schwedische Firma hat durch eine Partnerschaft mit deutschen TV-Sendern ein breiteres Gratis-Angebot als andere Anbieter. So sind beim Konkurrenten Zattoo zum Beispiel die Privat-Sender in einem kostenpflichtigen Paket untergebracht.
"Die größte Angst in der TV-Industrie ist, dass die etablierten Geschäftsmodelle vom Internet zerrieben werden", sagte Magine-Chef Hjelmstedt. Man habe die Sender erst davon überzeugen müssen, dass man ihr Geschäft in die neue Ära mitnimmt, statt es ihnen wegzunehmen. So liege die Entscheidung, ob man Werbung vorspulen kann, zum Beispiel beim Sender. Das Ganze sei ein Experiment im Branchenformat, so Hjelmstedt: "Deutschland ist das erste Land, in dem wir ein komplettes Programmangebot über unsere Plattform übertragen können."