Es ist kein einfacher Besuch, den der polnische Präsident Lech Kaczynski zurzeit in Deutschland absolviert. Vor allem, weil das Staatsoberhaupt nicht gerade als Freund Deutschlands gilt. Auch mit Homosexuellen hat der konservative Kaczynski so seine Probleme. Als Bürgermeister von Warschau hatte er einst Schwulenparaden verboten.
Wegen dieser Entscheidung ist es an der Berliner Humboldt-Universität nun fast zu einem Eklat gekommen. Kaczynski wollte mit einer Rede beginnen, als Schwulen- und Lesben-Aktivisten in das Auditorium eingedrungen sind, um den Staatschef am Reden zu hindern. Ein Redner der Demonstranten bezeichnete den Politiker als "Anti- Demokraten" und forderte: "Dieser Mann darf hier nicht reden." Die Polizei versuchte, die Protestierenden aus dem Saal zu drängen. Der Rektor der Hochschule lehnte es ab, Kaczynski am Reden zu hindern - was es dem polnischen Präsidenten ermöglichte, seinen Vortrag wie geplant zu halten.
Dabei wiederholte er seine kritische Einstellung zu Homosexuellen. Er akzeptiere zwar, dass es solche sexuellen Orientierungen gebe. Für ihn sei es aber unvorstellbar, dass Homo- und Heterosexuelle "gleichberechtigt" seien.
Die Zivilisation könne schließlich nur existieren, wenn aus einem Zusammenleben auch Kinder hervorkämen. Kaczynski betonte, mit dem Verbot von Schwulen-Demonstrationen habe er sich nur an die polnische Rechtsprechung gehalten.
Auch über Kaczynskis Haltung zur EU gibt es zwei Meinungen. Die Union hält der polnische Präsident für ein "Kunstgebilde", das seinen "Integrationsgrad" erreicht habe. Die EU, so Kaczynski in der "Welt" sei ein "Superstaat, der nationale Kompetenzen an sich zieht und zugleich ziemlich ratlos wirkt, weil er ein nur symbolisches Budget hat". Zudem gebe auch keine europäische Öffentlichkeit, sondern nur nationale Öffentlichkeiten. Allerdings glaubt das Staatsoberhaupt, dass punktuell gemeinsame Vorhaben vereinbart werden könnten.
Problembelastet sieht Kaczynski auch das Verhältnis zu Deutschland. Vor Antritt seines Reise hatte er in einem Interview gesagt, dass Polen selbstverständlich, gute Beziehungen zu Deutschland haben wolle, "aber nicht zu jeder Bedingung". Neben dem Streit um Entschädigungszahlungen und über das Zentrum gegen Vertreibung nannte er die umstrittene Ostsee-Pipeline als zentrales Thema der Gespräche mit Kanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Horst Köhler. Nach seinem Treffen mit den beiden stimmte Kaczynski aber mildere Töne an.
"Wir haben einen Schritt nach vorne gemacht in unseren bilateralen Beziehungen", so der Pole. Und auch sollte die schwierige deutsch-polnische Geschichte die heutigen heutigen Beziehungen nicht belasten. "Es sind 61 Jahre vergangen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs", sagte er. "Ich hoffe, dass wir eine gemeinsame Lösung finden, damit Geschichte auch Geschichte ist."