Die Große Koalition denkt an eine tief greifende Neuordnung des deutschen Gesundheitssystems. Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Volker Kauder, nannte in einem Interview mit dem stern die Finanzierung der Kinder-Versicherung aus Steuermitteln, die Schaffung eines Gesundheitsfonds und die Überweisung einer Einheits-Prämie für jeden Versicherten an die Krankenkassen als wesentliche Ziele.
"Ich stelle mir vor, dass wir größere Gerechtigkeit im Gesundheitssystem erreichen, indem wir die Kosten für die Kinder auf alle Schultern in der Gesellschaft verteilen", sagte Kauder zum stern. Zur Finanzierung der Kinder seien ein "Gesundheitssoli" von acht Prozent auf die Lohn- und Einkommensteuer-Schuld oder drei Prozent mehr Steuern aufs Einkommen denkbar. Experten dächten aber auch über andere Finanzierungsideen nach. Da Kinder in der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung "zwischen 14 und 16 Milliarden Euro" kosteten, könnten die Kassenbeiträge "um etwa eineinhalb Prozentpunkte" sinken "und damit Arbeit billiger machen". Durch die Steuerfinanzierung würden Besserverdienende eher belastet, Geringverdiener durch sinkende Krankenversicherungsbeiträge dagegen entlastet.
Gesundheitsfonds und einheitliche Prämie
Die Steuern für die Kinder und die Beiträge zur Krankenversicherung sollen nach Kauders Worten in einen neu zu schaffenden Gesundheitsfonds fließen, der wiederum "eine bestimmte Summe pro Versicherten" an die Kasse überweise. "Das könnte man dann Gesundheitsguthaben nennen", sagte Kauder. "Ein Betrag in der Größenordnung von 150 bis 170 Euro wäre durchaus denkbar." Die genaue Höhe hänge davon ab, ob es eine "zusätzliche Altersrückstellung" geben solle, um durch einen "angesparten Kapitalstock" zu verhindern, dass die Beiträge später wegen eines höheren Anteils älterer Versicherter steigen müssten. Ob auch die Beitragssätze der Krankenkassen einheitlich sein sollten, könne er derzeit noch nicht sagen. Die Beitragsbemessungsgrenze von 3563 Euro solle aber "nicht in Frage gestellt werden".
Der CDU-Politiker bezeichnete es als "denkbar", dass es in diesem System Rückerstattungen an die Versicherten geben werde, falls das Gesundheitsguthaben nicht aufgebraucht wird. Die Beitragssätze zur Krankenversicherung sollten jedoch künftig nicht mehr angehoben werden, um die Lohnzusatzkosten der Wirtschaft zu entlasten. "Deswegen überlegen Experten, ob steigende Kosten beispielsweise über eine zusätzliche Prämie finanziert werden sollen."
Wettbewerb fördern
Das einheitliche Gesundheitsguthaben, das der Fonds an die Krankenkassen überweisen soll, wird nach Kauders Worten den Wettbewerb zwischen den Kassen fördern. "Dann fragt der Versicherte nämlich: Welche Kasse bietet mir für dieses Geld am meisten?" Einen "bürokratischen Finanzausgleich zwischen armen und reichen Kassen" brauche man dann nicht mehr, sondern "nur noch einen Ausgleich für die Altersstruktur der Kassen". Durch den Gesundheitsfonds hätten die Kassen "mit dem Einzug der Beiträge nichts mehr zu tun" und würden zu "Gesundheitsmanagern".