Preiserhöhungen Wie der Umweltschutz die Milch verteuert

Die Preise für Milch, Quark und Käse sollen drastisch steigen? Sie wurden schon vor zwei Monaten um zehn Prozent angehoben und es wird noch teurer. Unter anderem, weil die Bauern ihren Mais für die Energieerzeugung verwenden, statt ihn als Tierfutter zu verkaufen.

Die gute Nachricht: Bei der Milch wird es keine Preisexplosion geben. Denn, so die schlechte Nachricht: Sie gab es bereits. Zwei Monate ist das jetzt her. Jedes Jahr zwischen Mai und Juni finden die so genannten Milchpreisgespräche zwischen dem Einzelhandel und den Milchproduzenten statt. Vereinbart wurde zuletzt eine Preissteigerung von sieben, acht Cent pro Liter.

So gesehen braucht der Verbraucher keine Angst zu haben, ab August bis zu 50 Prozent mehr für Milch und Milchprodukte zahlen zu müssen, wie jetzt überall zu lesen ist. "Allerdings", so Erhard Richarts von der Zentralen Markt- und Preisberichtsstelle (ZMP), "ist Milch derzeit ein knappes Gut und entsprechend wird sie eher teurer als billiger".

China fegt den Markt leer

Der Milchschwund hat viele Ursachen, und, noch eine schlechte Nachricht, die werden sich so schnell auch nicht ändern. Bis mindestens nächstes Jahr werde die Knappheit anhalten, schätzt Bernhard Brümmer, Agrarökonom an der Uni Göttingen.

Es ist ausgerechnet einer der großen Milchproduzenten, der zurzeit den Markt leer fegt: China. In den letzten zehn Jahren hat sich der Milch-Pro-Kopf-Verbrauch im Land der Mitte verdreifacht. Zwar war es dort bis vor kurzem unüblich, Milch oder gar Käse zu essen, doch mit dem Siegeszug des Kapitalismus wurden Kuhprodukte trés chic, Milch gilt als Wellness-Getränk. Auch in vielen anderen Schwellenländern wie Indien, Russland oder einige Regionen in Nordafrika steigt die Milch-Nachfrage zurzeit.

Die von der EU politisch gewollten Milchreserven, die bislang die Preise im Zaum gehalten haben, schwinden deswegen zunehmend. Ausverkauft ist die EU, immerhin weltweiter größter Milchproduzent, jedoch noch lange nicht. "Einen Mengendruck gibt es nicht", sagt Richarts vom ZMP. Selbst das begrenzte Produktionskontingent liegt immer über dem Inlandsverbrauch der Europäer - das heißt: Die EU hat mehr Milch, als ihre Bewohner trinken können. Allerdings ist die Herstellung des Getränks teurer geworden. Vor allem wegen der relativ hohen Futterpreise. Außerdem, so Walter Peters, stellvertretender Vorsitzender des Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM): "Die Qualität des Futtermais' ist genau wie die des Grases nicht optimal." Die Kühe würden deswegen weniger Milch geben - das alles verteuere die Milchproduktion.

Abzocke im Supermarkt

Hat Ihr Supermarkt die Preise für Milchprodukte besonders dreist angehoben? Dann fotografieren Sie doch das Preisschild und schicken Sie es uns.

An dieser Situation wird sich nach Ansicht von Agrar-Forscher Brümmer so schnell nichts ändern. Im Gegenteil. Vor allem die Preise für Feldfrüchte wie Mais, Zucker und Bohnen werden in den nächsten Jahren steigen - genauso wie die des Getreides. Das liegt wiederum am Ökoboom. Mais ist einer der wichtigsten Bio-Ethanol-Quelle und wird zunehmend als Kraftstoff verwendet und weniger als Tierfutter - weswegen nun die Milch teurer wird.

Ungefähr 70 Cent kostet der Liter Milch im Supermarkt. Davon gehen gerade einmal 27 Cent an die Bauern - der Rest bleibt für die weiterverarbeitende Industrie, den Groß- und Einzelhandel. Den meisten Bauern ist dieser Betrag zu wenig, 40 Cent pro Liter sollte es schon sein. Alles darunter mache die Milchproduktion unrentabel, so das Argument, das etwa auch der BDM vertritt. Doch die immer größer werdende Marktmacht der Einzelhändler drückt die Einkaufspreise stetig nach unten. In Großbritannien wirbt ein Supermarkt sogar mit dem Slogan: "Bei uns ist die Milch billiger als Wasser." Entsprechend niedrig sind die Margen der Viehalter. 23 Cent bekommt ein englischer Bauer für den Liter.

Milch müsste eigentlich noch teurer sein

Milch müsste nach dem Willen der Hersteller also eigentlich noch teurer sein - wenn auch nicht gleich 13 Cent. "Wenn die Bauern etwa 40 Cent pro Liter Milch erhielten statt wie derzeit 27 Cent, würde das für Verbraucher maximal 20 Prozent höhere Preise bedeuten", sagt die Vorsitzende des Bundestagsagrarausschusses, Ulrike Höfken von den Grünen. Aber selbst von den bisherigen Preiserhöhungen hätten die Produzenten noch nichts gesehen, beklagt Walter Peters vom BDM, weswegen sein Kollege Hans Foldenhauer dem Einzelhandel vorwirft, sich an den Preiserhöhungen "doch recht massiv" zu bedienen.

Die gescholtenen Marktbetreiber wiederum schieben der Politik den schwarzen Peter zu: Zwar stimme es, dass die Preise im Lebensmittelhandel steigen würden, im Schnitt um zwei Prozent, doch daran sei vor allem die Mehrwertsteuererhöhung Schuld, so Verbandssprecher Hubertus Pellengahr. Im übrigen werde das alles aber gar nicht so schlimm wie befürchtet: "Die Preise werden nicht explodieren. Der scharfe Wettbewerb wird allzu drastische Preissprünge verhindern."

PRODUKTE & TIPPS