AUS DEM STERN 25/01 Die Chip-Kutsche

Mitte September wird das neue BMW-Flaggschiff vorgestellt. Der stern zeigt die ersten Fotos des künftigen Siebener mit Total-Elektronik bereits jetzt.

Mitte September wird das neue BMW-Flaggschiff vorgestellt. Der stern zeigt die ersten Fotos des künftigen Siebener mit Total-Elektronik bereits jetzt.

Ein leises Zischen begleitet den Besucher, wenn er durch die Hochsicherheitsdrehtür des BMW-Entwicklungszentrums in Münchens Knorrstraße geht. Natürlich mit Sonderausweis und mit BMW-Begleitung. Das Zischen rührt vom Luftaustausch her, der mit der Drehbewegung einhergeht.

Blitzgescheite Elektronik

In einer der Abteilungen dort, hinter beweglichen Stellwänden versteckt, schwitzen die Entwickler wegen des nächsten großen BMW, des neuen Siebener-Modells. Mitte September schon soll es auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt mit großem Brimborium vorgestellt werden, doch noch kämpfen sie mit der Superelektronik des Wagens.

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Die macht den Ingenieuren Kopfschmerzen. Denn neben dem äußerlichen Markenzeichen, den Doppelglotzaugen mit Tränensäcken vorne, soll die blitzgescheite Elektronik (mit Internetanschluss) der Konkurrenz aus Stuttgart-Untertürkheim zeigen, dass das bayerische Maß der Dinge nicht immer ein Bierkrug sein muss.

15 Prozent weniger Verbrauch

Länger ist der Lulatsch auch geworden. Nun misst er 5,03 Meter, fünf Zentimeter mehr als der Alte. Schwerer ist er indes nicht, knapp 1,8 Tonnen leer wiegt auch der Vorgänger. Und dem Durst konnten die Techniker sogar ein Stück den Hahn abdrehen - dank der pfiffigen Ventilsteuerung Valvetronic sowie mit Hilfe einer neuartigen Ansaugtechnik sollen durchschnittlich 15 Prozent weniger Verbrauch erreicht worden sein. Elf Liter Super sind es jedoch immer noch, die das Einstiegsmodell mit Dreilitermotor schlucken wird, mutmaßt die Fachpresse. Der Zwölfzylinder mit sechs Liter Hubraum und mehr als 400 PS genehmigt sich noch den einen oder anderen Liter mehr.

Zentralcomputer überwacht Fahrstil

Diese Zahlen-Jongliererei, so wichtig sie für den Statistikfreak sein mag, ist jedoch nicht das, was die BMW-Ingenieure bei der Entwicklung dieser Prestigelimousine getrieben hat. Sie wollten getreu dem Firmenmotto »Freude am Fahren« ein neues Kapitel in puncto Fahrdynamik aufschlagen. So wacht der Zentralcomputer jeden Sekundenbruchteil darüber, welchen Stil der Fahrer bevorzugt. Rollt der etwa gemütlich dahin, bekommen Fahrwerk, Sechsgang-Automatik und Motor die Anweisung, alle Systeme zurückzufahren, weil kein heißer Reifen angesagt ist. Umgekehrt geht's auch. Höchstens einen Wimpernschlag dauert es, bis die Metall-Muskeln gespannt sind, weil der Mensch am Steuer womöglich gerade einen Porsche versägen will.

Das soll auch für die Bremsen gelten. Wird mächtig Dampf gemacht, liegt die Sensorik geschärft auf der Lauer, um blitzartig zupacken zu können. Wird hingegen nur rumgezuckelt, lassen die Verzögerlinge ihren Job relativ entspannt schleifen.

Dem Fahrer geht's ähnlich. Angenehme Sitze und wenig Stress, weil auf Bedienungs-Schnickschnack am Armaturenbrett verzichtet wurde. Kaum Knöpfe, ein Bildschirm und nur ein zentraler Bedienknauf, über den so gut wie alles geregelt werden kann - und dabei waren die Münchner mal Weltmeister in der Wer-hat-die-meisten-Schalter-Disziplin.

Klobiges Design

Beim Design des neuen Topmodells könnte es hingegen sein, dass BMW bald schon genauso viel Kritik einstecken muss wie Konkurrent Mercedes Anfang der 90er Jahre mit seiner damals noch optisch schwerfälligen S-Klasse. Heute strahlt der Nachfolger Leichtfüßigkeit und Eleganz aus. Peter Schmidt, Branchenexperte und Chef von Automotive Industry Data im englischen Warwick, findet das Design des neuen Siebener jedenfalls zu klobig: »Er sieht nicht nobel und elegant aus.«

Von Harald Kaiser