Auswertung der "Washington Post" Tesla-Autopilot verursacht erheblich mehr Unfälle, als bisher bekannt – mit eindeutigen Mustern

Ein Tesla-Auto ist frontal auf eine Säule geprallt
Einer Auswertung zufolge sind in den USA mehr Unfälle mit Tesla-Autos passiert, als bislang bekannt waren (Symbolbild)
© ZUMA Wire / Imago Images
Der Autopilot von Tesla war in der Vergangenheit bei diversen Unfällen in den USA aktiviert. Eine Auswertung der "Washington Post" zufolge hat das Fahrassistenzsystem jedoch erheblich mehr Unfälle verursacht, als bisher bekannt waren. Dabei ließe sich ein eindeutiges Muster erkennen, heißt es.

Die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA ermittelt schon seit einigen Jahren aufgrund von diversen Unfällen zu Teslas Fahrassistenzsystemen. Es gibt mehrere Untersuchungen auch wegen einer Reihe tödlicher Vorfälle. Eine Auswertung der "Washington Post" hat nun ergeben, dass die Zahl der Unfälle noch erheblich höher ist, als bisher angenommen.

Dem Bericht zufolge gab es seit 2019 in den USA 736 Unfälle, an denen der Autopilot von Tesla beteiligt gewesen war. Die Zahl sei in den vergangenen vier Jahren sprunghaft angestiegen – ebenso wie die Anzahl von Verletzten und Toten, heißt es. 

Verkehrsunfälle nach eindeutigen Mustern

Während die US-Behörden im Juni 2022 drei tödliche Unfälle sicher dem Tesla-Autopiloten zuordneten, sollen jüngste Zahlen auf ein anderes Ergebnis kommen. Demnach habe es mindestens 17 tödliche Vorfälle dieser Art gegeben, 11 davon seit Mai 2022, schreibt die "Washington Post". Und dabei ließen sich laut dem Bericht deutliche Muster erkennen: in vier Fällen war ein Motorrad beteiligt, in einem Fall ein Rettungsfahrzeug.

Dies stimmt mit älteren Berichten überein, wonach es in der Vergangenheit wiederholt Auffahrunfälle von Computer gesteuerten Teslas auf stehende Feuerwehrwagen und Ambulanzen mit eingeschalteten Warnleuchten gegeben hatte. Die NHTSA leitete daher auch schon 2021 Ermittlungen ein. Denn zu dem Zeitpunkt trat in den USA eine Verordnung in Kraft, die Autohersteller dazu verpflichtet, Unfälle mit Fahrassistenzsystemen offen zu legen. Daraufhin begann die Verkehrssicherheitsbehörde, die Daten zu erheben. Außerdem schien die Ausweitung der Funktionen und der Austausch der Radarsensoren durch Kameras zu dem gemeldeten Anstieg geführt zu haben. 

Tesla-CEO Elon Musk verweist auf größere Sicherheit durch Fahrassistenzsysteme

Tesla und CEO Elon Musk ließen eine Bitte der "Washington Post" um Stellungnahme unbeantwortet. Musk gibt grundsätzlich aber an, dass der Autopilot sicherer sein soll als die Fahrzeugsteuerung durch einen Menschen. 

Die NHTSA machte darauf aufmerksam, dass ein Unfallbericht über die Beteiligung des Tesla-Autopiloten nicht bedeutet, dass die Technologie tatsächlich Schuld an dem Unfall hat. Sprecherin Veronica Morales sagte gegenüber der "Washington Post": "Die NHTSA erinnert die Öffentlichkeit daran, dass alle fortschrittlichen Fahrerassistenzsysteme voraussetzen, dass der menschliche Fahrer jederzeit die Kontrolle über das Fahrzeug hat und sich voll auf die Fahraufgabe konzentriert. Dementsprechend sind in allen Bundesstaaten die menschlichen Fahrer für den Betrieb ihrer Fahrzeuge verantwortlich."

Und nicht in jedem Fall lässt sich sicher sagen, ob ein Unfall mit oder ohne Tesla-Autopilot erfolgte. Seit der Einführung der Meldepflicht wurden allerdings 807 Unfälle registriert, die auf einen automatisierten Fahrmodus zurückzuführen sind. Fast alle tödlichen Unfälle davon erfolgten mit Tesla-Fahrzeugen, wobei der US-Elektroautobauer das automatisierte Fahren auch offensiver als andere Hersteller vorantreibt.

Ex-NHTSA-Sicherheitsberaterin sieht Einführung von "Full Self-Driving" problematisch

Auch wenn die Zahl der verunfallten Tesla-Autos im Vergleich zu der gesamten Verkehrsunfallzahl mit mehr als 40.000 Verkehrstoten in 2022 ziemlich gering ist, findet die ehemalige NHTSA-Sicherheitsberaterin Missy Cummings, Professorin am College of Engineering and Computing der George Mason University, den Anstieg der Tesla-Unfälle beunruhigend. Sie vermutete, dass die in den vergangenen eineinhalb Jahren erfolgte testweise Einführung von "Full Self-Driving", das unter anderem Ampeln sowie Verkehrsschildern befolgen kann und einen Tesla somit auch eigenständig durch die Stadt navigieren soll, für den Anstieg der Unfälle verantwortlich ist. Sie spricht die Tatsache an, dass ... "jeder und jede es haben kann."

"Ist es vernünftig zu erwarten, dass dies zu erhöhten Unfallzahlen führt? Sicher, absolut", sagte sie. Tatsächlich stieg die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer nach der Einführung von "Full Self-Driving" in etwas mehr als einem Jahr von etwa 12.000 auf fast 400.000 Nutzerinnen und Nutzer an. Welches der beiden Technologien – der Autopilot oder "Full Self-Driving" – bei den tödlichen Unfällen jeweils verwendet wurde, ist nicht bekannt. 

"Eine signifikant höhere Zahl ist sicherlich ein Grund zur Sorge", sagte Philip Koopman, Professor an der Carnegie Mellon University, der auf dem Gebiet der Sicherheit autonomer Fahrzeuge forscht. "Wir müssen herausfinden, ob dies auf tatsächlich schlimmere Unfälle zurückzuführen ist oder ob es einen anderen Faktor gibt, wie zum Beispiel eine dramatisch höhere Anzahl von Kilometern, die mit eingeschaltetem Autopilot gefahren wurde." Tesla jedenfalls behauptete in einer Präsentation im März, dass die Unfallrate bei "Full Self-Driving" mindestens bei einem Fünftel der von Fahrzeugen im normalen Fahrbetrieb liegt, wenn man die gefahrenen Kilometer pro Kollision vergleicht. Bei der NHTSA laufen mehrere Untersuchungen zu Teslas Unfällen und anderen Problemen mit seiner Fahrerassistenzsoftware.

Quellen: Washington Post

nk