Lang ist es her, da zählte Audi zu den Angreifern. Wer ganz früh bei dem Kreuzzug vom Tal der Hütchenträger zu den Gipfeln der Premium-Klasse mit dabei war, fuhr einen Ur-Quattro. Ein geniales Auto. Wer später auf den Zug aufsprang, bestellte ab 1998 einen TT. Ein Design-Kunstwerk. Ein Wagen, dessen Form allein aus Kreissegmenten abgeleitet war, unerhört und mutig. Klein und wendig und dabei bretthart aufgehängt. Der richtige Wagen für den trendigen Aufsteiger, der bereit war, am Steuer Härte zu beweisen.
Kleinere Nachteile galt es beim TT in Kauf zu nehmen. Schmale Sichtschlitze trugen ihn den Beinamen "Panzerspähwagen" ein. Einstieg und Platzbedarf orientierten sich am Ideal des allseits gelenkigen Top-Modells. Die Sicht nach hinten konnte man vergessen. Wo es hin ging, war ja auch vorn. Das Fahrwerk machte nicht nur Freude, sondern sorgte für Peinlichkeiten und konnte erst mit einem hässlichen Enten-Bürzel domestiziert werden. Egal, mit dem Ur-TT stellt Audi eine Metall-Skulptur hin, auf deren Ruhm der Audi-Ruf als Trend setzende Designmarke aufbaut.
Neugeburt
Nach acht Jahren kommt nun der Nachfolger des Klassikers und obgleich einige Erinnerungs-Elemente zitiert werden, handelt es sich schon optisch um ein ganz anderes Fahrzeug. Das Designteam um Walter de Silva entschied sich für einen Sportwagen mit dem Aussehen eines italienischen Coupés. Die Kreisbögen lassen sich noch erahnen, aber die TT-typische Panzerkuppel wurde geglättet. Das alte Aussehen ist damit Vergangenheit. Von vorne klafft der mächtige Schlund des Markengrills, flankiert von Lufteinlässen und rasiermesserscharfen Scheinwerfern. Innen drin wartet das typische High-End-Ambiente von Audi. Auffällig und griffig ist das unten abgeflachte Lenkrad. Am stärksten ist man vom deutlich gewachsen Raum überrascht. Im Vorgänger und auch im aktuellen Z4 werden Fahrer und Beifahrer geradezu eingedost. Im neuen Modell gibt es dagegen viel freien Raum, man kann sich recken und strecken. Auch Langstrecken sollten sich so komfortabel durchmessen lassen.
Natürlich ist der neue TT massiv gewachsen. 137 Millimeter in der Länge, 78 Millimeter in der Breite. Verzeihlich, weil es nur sechs Millimeter in die Höhe ging. Die hübsch gearbeiteten Rücksitze reichen zur Not für kleine Kinder. Der Kofferraum fasst dafür geschlossen 290 Liter, werden die Rücksitze umgelegt sind es bis zu 700 Liter.
Technische Daten
Motor: Sechszylinder- Benziner
Hubraum: 3.189 ccm
Leistung: 250 PS
Drehmoment: 320 Nm
Von 0 auf 100: 5,9 sec
Höchstgeschw.: 250 km/h
Verbrauch (Mix): 10,3 Liter
Kofferraum: 290 bis 700 Liter
Preis: 39.900 Euro
High-Tech Feuerwerk
Technisch fährt der TT einige Schmankerl auf. Ab 120 fährt ein Spoiler automatisch aus, wie beim Rennwagen wurde der Unterboden geglättet, die Verbundlenker-Hinterachse durch eine Vierlenker-Hinterachse ersetzt. Als Extra gibt es das Dämpfersystem "Audi magnetic ride". Ein magnetorheologisches Öl reagiert auf elektrische Spannung und passt so in Millisekunden die Dämpfungscharakteristik an. Das Fahrwerk bietet jetzt einen deutlich verbesserten Komfort, ohne sich bei forcierter Gangart Schwächen zu leisten. Aber bei aller Begeisterung über den Ingolstädter Genius: Ohne den altbewährten Allradantrieb taugt die ganze Super-Technik nichts. Die kleinere Maschine, der 2.0-Liter Turbo-FSI, wurde ohne quattro vorgestellt und auch ohne große Gewalttaten ließ sich ein permanentes Gelblicht-Flackern der Regeleingriffe produzieren. "Magnetic ride" ist schön, quattro aber unverzichtbar.
Besser sind Vier
Dafür überzeugte der bekannte Zwei-Liter-Motor auf der ganzen Linie. Kerniger Sound, auf Wunsch genügend Giftigkeit. Mit 200 PS beschleunigt er in 6,6 Sekunden auf 100 km/h, die Spitze liegt bei 240 km/h. Auf dem Papier kann es der 3.2-Liter V6 natürlich besser. 250 PS reichen für 5,9 Sekunden, bei 250 wird abgeregelt. Vom Klang und Charakteristik her ist der Sechszylinder aber keine Empfehlung, da bieten andere Motoren einfach mehr. Zumal der 2.0 TFSI mit 6-Gang ab 31.900 Euro zu haben ist, der 3,2 quattro aber mindestens 39.900 Euro kostet.
Porsche zeigt die Rücklichter
Erklärtes Ziel ist es, zum Porsche Cayman aufzuschließen, vielleicht sogar, ihn hinter sich lassen. Bis dahin muss unter der Haube noch viel passieren. Ob Audis quattro soviel Fahrspaß wie ein Porsche macht, mag man sich noch vorstellen. Aber mit dem 3.2 Liter Sechszylinder bewegt sich Audi nicht in der Leistungsspitze. Da muss man auch bei BMW nicht zum "M" greifen, es reicht der normale 3 Liter Sechszylinder.
Von allem mehr
Der neue TT kann alles besser als der Vorgänger. Sein durchaus edles und schönes Design wird aber nicht ausreichen, um erneut als Ikone des Zeitgeistes zu gelten. Das bessere Fahrwerk und das wesentlich großzügigere Raumangebot machen das TT-Fahren nun auch für eine komfortgewohnte Kundschaft attraktiv. Diese Perfektion verringert zugleich die gefühlte Sportlichkeit. Durchaus gewollt, denn nur so kann der TT aus dem schicken, aber begrenzten Kreis der aggressiven Youngster ausbrechen.