Wenn der Porsche-Fahrer in die Bar kommt, knallt zuerst der Auto-Schlüssel auf den Tisch. Edelmetall, Leder und Goldwappen machen klar, wer hier der blondeste Bulle im Stall ist. Bei solchem Auftritt muss sich der Honda-Legend-Fahrer ganz hinten anstellen. Der Erstkontakt mir einem Legend ist eine Enttäuschung: Für 54.000 Euro bekommt man ein Murkelchen von einem Schlüssel in die Hand. Nicht einmal der Bart lässt sich wegklappen. Unwillkürlich denkt man an das ökologisch korrekte Recycling von Sardinenbüchsen. Bevor man sich auf den Weg zum Schlüssel-Tuner macht, straft der eigentliche Wagen den Auftritt seines Trabanten Lügen.
Technische Daten
Honda Legend 3.5 V6 SH-AWD
Motor: V-Form
Zylinder: 6
Hubraum: 3471 ccm
Leistung: 295 PS
0-100 km/h: 7,3 sec
Vmax: 250 km/h
Verbrauch: 11,9 l
Kraftstoff: Super
Preis: 54.600
Gepflegtes Reisen
Der Motor macht dem Legend Beine, die europäischen Käufer lockte der Legend trotzdem bislang nicht besonders. Im Blechkleid kann sich die asiatische Limousine nun durchweg sehen lassen. Bis auf den unpassenden Heckspoiler ist der Wagen wohl gelungen. Trotzt stattlicher 295 PS lädt der Legend nicht zum Rasen ein. Sicher, auf der Autobahn spult er auch 250 km/h in komfortabler Souveränität herunter. Sicher und ruhig jagt er dahin, die Bremsen greifen fest und ermüdungsfrei, sicher zeigt das Fahrwerk. Beim Beschleunigen wollen aber auch fast zwei Tonnen bewegt werden. Hinzu kommt, dass das Honda-Triebwerk gern hoch tourig gefahren wird, unten herum reagiert es deutlich müder. Vom Gesamteindruck wirkt der Legend nicht wie ein Renner, sondern wie eine souveräne Reiselimousine. In absoluten Werten steht der Honda vergleichbaren deutschen Fahrzeugen übrigens um nichts nach. Von 0 auf 100 km/h beschleunigt der Legend in 7,3 Sekunden. Der angegebene durchschnittliche Verbrauch von 11,9 Litern entspricht den eigenen Erfahrungen. Wer gern in der Nähe des Begrenzers reist, muss natürlich entsprechende Zuschläge einkalkulieren.
Mehr Sicherheit, als Sportgefühl
In scharfen Kurvenfahrten lässt sich der Allrad-Honda nicht aus dem Tritt bringen, seine komfortable Abstimmung sorgt aber dafür, dass die Karosserie sich den Kurven zuneigt. Ein bretthartes Sportergefühl darf man nicht erwarten. Das Vermögen des Fahrwerks geht dabei weiter, als der Cruiser-Charakter vermuten lässt. Hondas Allradantrieb "Super Handling-All Wheel Drive" verteilt die Kräfte nicht nur zwischen Vorder- und Hinterachse, sondern kann auch unterschiedliche Antriebskräfte auf die Hinterräder bringen. Zu rasant genommene Kurven werden durch mehr Umdrehungen auf das kurvenäußere Hinterrad aufgefangen. Mit dem geplanten Übersteuern fegt der Legend dann sicherer durch schnelle Kurven. Das bringt zusätzliche Sicherheitsreserven, zum Fahren im Rallye-Stil ermuntert der große Mittelklassewagen nicht. Mehr fürs Reisen ist auch das Automatikgetriebe mit seinen fünf Fahrstufen abgestimmt. Sanft und kaum spürbar waltet es im Hintergrund. Mehr Pepp produzieren die Schaltwippen am Lenkrad.
Topverarbeitung
Im Legend fühlt man sich sofort wohl. Verarbeitung und Lederausstattung entsprechen höchsten Ansprüchen. Alle Materialen fühlen sich angenehm an. Die Mittelkonsole mit Kunststoff-Aluminium-Look wirkt ein wenig deplatziert. Hier arbeitet Honda mit einem zentralen Wählschalter. Leider werden unzählige Knöpfchen von ihm nicht ersetzt. Die Konsole ist mit Schalterchen übersät. Über Platzmangel kann man sich dafür nicht beschweren, die Sitze sind straff, fest und werden nicht nur auf Wunsch beheizt, sondern auch mit frischer Luft gekühlt. Das Beste dabei: Der Legend bringt alle Helferchen und Nettigkeiten von Haus aus mit, die sonst teuer als Extra bezahlt werden wollen. Für den Preis von 54.600 Euro ist mehr als das, was man gemeinhin "Voll-Ausstattung" nennt, inklusive. Selbst Besonderheiten wie ein "Active Noise Cancelation"-System kosten nichts extra. Dieses System analysiert Störgeräusche im Innenraum und eliminiert sie mit Gegenschall. Auch das Anti-Kollisionssystem CMBS steckt bereits in der Ausstattungstüte. Wie beim Pre-Save-Gegenstück von Mercedes wird der Raum vor dem Fahrzeug permanent überwacht. Fährt man zu dicht auf, reagiert der Legend in drei Stufen. Zuerst mit akustischen Warnsignalen, dann mit leichtem Abbremsen und Gurtstraffen. Will der der Fahrer immer noch nicht aufwachen, geht der Wagen in die Bremsung über, allerdings nur mit 70 Prozent Bremskraft. Hundert Prozent gibt es aus juristischen Gründen nicht.
Extra oder nicht Extra?
Mit 54.600 Euro erreicht der Honda auf den ersten Blick das Niveau der deutschen Platzhirsche, nur wollen die mit zig-tausend Euro weiteraufgerüstet werden. Beim Legend sind Bixenon-Licht, Allradantrieb, Lederausstattung, Glashubdach, Tempomat, Automatik, Rückfahrkamera, Zwei-Zonen-Klimaautomatik und, und, und mit dabei. Weitere Extras gibt es nicht. Aufsummiert kommen da leicht über 10.000 Euro Preisvorteil zusammen. Dumm nur, dass der Legend zumindest in Deutschland nicht das Image für die 50.000 Euro-Klasse mitliefert. Bei seinen Verkaufszahlen bleibt er den meisten einfach unbekannt. Auch im entscheidenden Flottengeschäft dürfte er sich schwertun. Dieses Dasein im Verborgenen führt dann leider auch zu unangenehmen Wertverlusten. Wer sich schnell von seinem "Alles an Bord"-Wunder trennt, dürfte einen schmerzlichen Verlust erleiden. Wer sich von den unbestreitbaren Qualitäten dieses Technologieträgers begeistern lässt und ihn länger fährt, dürfte tatsächlich von allem ein bißchen mehr in seinem Fahrzeug haben, als die Nachbarn mit ihren deutschen Premium-Karossen. Die Frage, ob die vielen dienstbaren Geister wirklich braucht, sollte er sich allerdings lieber nicht stellen.