Quizfrage: Wer spielt bei den Presse-Tagen der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) die Hauptrolle? Antwort: die Presse. Stimmt. Zumindest in der Theorie. In der Praxis läuft man als Journalist oft gegen verschlossene Türen und unfreundliche Sicherheitsbeamte.
Ganz ehrlich, ich habe was gegen übersteigertes Elite-Denken und exklusive Informationsveranstaltungen. So ein bisschen Eitelkeit muss aber erlaubt sein. Jedem akkredidiertern Journalist baumelt eine gelbe Umhänge-Karte um den Hals, die die Wichtigkeit ihres Trägers signalisiert. Zumindest so lange, bis man versucht, sich mit dieser Ausrüstung die nötige Aufmerksamkeit zu verschaffen. Viele Hersteller zeigen sich von den Insignien der Presse-Macht gänzlich unbeeindruckt.
Stärkung am Büffet
Stellvertretend für viele Fälle sei der Presse-Bereich eines sportlich orientierten, italienischen Autobauers genannt. Nachdem man als Schreiberling die neusten Serienmodelle und Studien ausgiebig angeschaut, angefasst und fotografiert hat, liegt es nahe, sich am nett angerichteten Büffet mit kleinen Häppchen zu stärken. So wie unzählige andere Kollegen, die es sich bereits im Catering-Bereich gemütlich gemacht haben.
"Das geht aber nicht"
Beladen mit einem Glas San Pellegrino und einer Auswahl vom kalten Büffet hat man die Rechnung allerdings ohne ein resolute Mitarbeiterin jenes italienischen Autobauers gemacht. Bewaffnet mit Alu-Schreibbrett und imposantem Head-Set fragt die junge Dame, was denn hier tut. Die logische Antwort: "Essen..." Alle Klarheiten beseitigt? Von wegen. "Das geht aber nicht", gibt die spindeldürre PR-Maus von sich. "Das ist ein VIP-Bereich!". Ein Blick in die Runde bestätigt den Verdacht, dass es sich bei den bereits anwesenden "VIPs" auch nur um Journalisten handelt. Deshalb die Frage: "Und wer entscheidet, wer VIP wird und wer nicht?" Die schnelle Antwort: "Ich!". Das ist dreist. "Es ist alles überfüllt, kommen Sie doch in einer Stunde wieder!". Ein VIP auf Zeit? "Sorry, so groß ist der Hunger auch wieder nicht!". Auf Nimmer-Wiedersehen!
Netterweise darf kurz darauf ein "echter" VIP ans Büffet. Christoph Gottschalk, Werbefigur der Post und Bruder von Supernase Thomas Gottschalk. An seiner Seite, das garstige Aufpasser-Weib, das ihm auch noch den zuvor geräumten Platz zuweist.
Japanische Ungastlichkeit
Weiter geht's zu einem japanischen Autobauer, der sich jüngst mit einem französischen Konkurrenten verheiratet hat. Da muss doch in Sachen Ernährung was zu holen sein. Das Büffet sieht, soweit man das aus 30 Metern Entfernung beurteilen kann, eindrucksvoll aus. Näher kommt man nicht ran, ans Nissan-Futter. Zumindest nicht als einfacher Journalist. Auf das selbstbewusste Vorzeigen des gelben Presse-Schildchens meint der Sicherheits-Hüne am Aufgang zum Büffet knurrig: "Das wird Ihnen hier nichts bringen, das ist ein VIP-Bereich. Bitte gehen Sie jetzt!". Asiatische Gastfreundschaft...
Gespart wird überall
Ähnlich herzlich wird man auch bei einem sehr sportlich ausgerichteten englischen Fahrzeugbauer empfangen. Auf einen flehendlichen Blick antwortet die Dame am Schalter ungehalten: "Wir haben keine Pressemappen mehr!". Aha. "Vielleicht können Sie mir ja eine zuschicken? Nach der IAA...?", die zögerliche Frage wird von einer eleganten Handbewegung begleitet, die der PR-Frau die stern.de-Karte vor die Nase führt. Ein kurzer Blick und ein paar schnelle Gedanken später: "stern.de? Der stern hat schon eine Pressmappe bekommen! Können Sie sich nicht mit ihren Kollegen absprechen?" Diese Anweisung überrascht nicht. Im Moment versucht ein neuer Chef, den englischen Autobauer wieder flott zu machen. Der Mann ist Schwabe...