Volkswagen hat neue Manipulationen zugegeben, dieses Mal sind nicht nur Diesel, sondern auch Benziner betroffen. Es handelt sich hier um keine Grauzone oder um das Ausnutzen von wenig realistischen Testbedingungen. In diesem Fall wurden die Verbrauchswerte und damit auch die CO2-Emissionen einfach mit der Hand manipuliert. Anstelle einer trickreichen Software wie beim Schummeldiesel wurden die gewünschten Best-Werte in die Tabelle eingetragen. Kein Wunder, dass die Blue-Motion-Modelle von VW auf dem Papier als Sparfüchse glänzten.
Diesen Skandal hat VW selbst aufgedeckt. Allzu viele Wahlmöglichkeiten hat VW-Chef Müller nicht. Mit den Anklägern aus den USA im Nacken kommt Volkswagen um absolute Transparenz nicht herum. Weiteres Verschweigen oder unter Verschluss halten wird von der US-Umweltschutzorganisation nicht toleriert und könnte in folgenden Prozessen den fatalen Eindruck hinterlassen, man habe sich verschworen, um Ermittlungen zu behindern.
Doch geht die Aufklärung so weiter, wird nicht nur das Vertrauen in die eine Firma VW zerstört, die ganze Branche gerät in Mitleidenschaft. Alle staatlichen Kontrolleure sind ohnehin schon bis auf die Knochen blamiert. Was soll der Bürger von einem System halten, bei dem ein Großkonzern Fantasiedaten in eine Tabelle eintragen kann und alle Kontrollstellen nicken den Unsinn ab? Wo ist die Sicherheit, dass bei Brems- und Crashwerten nicht ebenso betrogen wurde? Wenn das bei Autos geht, warum sollte es bei Großanlagen der chemischen Industrie oder bei Kraftwerken anders sein? Der Staat wird zur Lachnummer und bestätigt all die Verschwörungstheoretiker, die argwöhnen, dass für Großkonzerne eigene Gesetz gelten.
Eines hat VW schon erreicht. Kein Mensch vertraut noch den Angaben der Autoindustrie. Ob es sich nun um Verbrauch oder Abgaswerte handelt, der Kunde geht allgemein davon aus, dass von allen Firmen geschummelt wird. Für VW ist das nur gut: Der Konzern ist zwar immer noch das schwarze Schaf, aber auch die übrige Schafsherde ist zwar nicht rabenschwarz, aber zumindest anthrazit in der Wolle gefärbt. Dieses allgemeine Misstrauen kommt nicht von ungefähr, es basiert auf den absurden Angaben für den Normverbrauch. Jeder Kunde weiß, dass man in der Wirklichkeit mit etwa 20 Prozent Mehrverbrauch rechnen muss. Diese Problem muss vom Staat schnellstens behoben werden: Der Verbraucher hat ein Recht auf realistische Angaben.
Aber dennoch kann man VW nicht so davon kommen lassen. Man muss klar und deutlich sagen: Ja, die ganze Industrie hat Lücken ausgenutzt, aber VW ist noch viel weitergegangen. Wer einfach einen Wunschverbrauch einträgt, ist ein Betrüger. Und betrogen wurde hier beim Haupt-Verkaufsargument bei den Blue-Motion-Sparmobilen, dem Verbrauch. Mit einem frei erfundenen Verbrauch wurden Kunden zum Kauf der Sparmodelle überredet. Und auch der Staat wurde betrogen. Der CO2-Ausstoß ist in vielen Ländern die Basis der Kfz-Steuer und häufig werden Autos mit sehr guten Werten noch extra belohnt. In diese Vergünstigungen haben sich die Wolfsburger hinein betrogen.
Jetzt ist abzuwarten, ob es der Staat ernst meint mit der Gleichheit vor dem Gesetz oder ob tausendfacher Betrug weiterhin als Kavaliersdelikt gilt. Dann würden die Verschwörungstheoretiker mal wieder Recht behalten.