Jaguar-Chef Der Lord trägt Turban

Der indische Gemischtwarenkonzern Tata baut ein "1700 Euro"-Auto und greift zugleich nach Jaguar, der Lordschaft unter den Auto-Bauern. Mike O'Driscoll Managing-Managing Director von Jaguar sprach mit stern.de über Absatzprobleme, Qualitätserfolge und darüber, dass Luxus keine Grenzen kennt.

Mr. O'Driscoll haben Sie schon angefangen Indisch zu lernen?

Ist das eine ernst gemeinte Frage?

Sicher, der indische Tata-Konzern gilt als heißester Kandidat, Jaguar zu übernehmen. Da wäre es doch praktisch, die Sprache des neuen Eigentümers zu sprechen.

Es gibt Verhandlungen mit Tata, das ist richtig und sie finden in einer guten Atmosphäre statt. Sie teilen unsere Begeisterung für die Marke Jaguar und das Unternehmen hat die Ressourcen, solch ein Engagement einzugehen. Doch es bleibt abzuwarten, wie die Entscheidung von Ford letztendlich ausfallen wird.

Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass Jaguar an Tata verkauft wird?

Es ist nicht meine Aufgabe, den Stand oder die Chancen der Verhandlungen zu kommentieren. Wichtig für uns ist, dass der zukünftige Eigentümer unsere Strategie unterstützt, dass er unseren Enthusiasmus für Jaguar teilt und dass er gewillt ist, die zukünftige Entwicklung mit Investitionen zu unterstützen.

Jaguar in Deutschland will künftig stärker den Luxusaspekt der Marke in den Vordergrund rücken. Wäre es da nicht sinnvoll, ein Auto oberhalb des jetzigen Leistungs- und Preisniveaus anbieten zu können. Dass ein Markt unterhalb von Maybach oder Rolls Royce existiert, hat Bentley bewiesen.

Gegenwärtig verfolgen wir ein solches Projekt nicht. Wir sind damit beschäftigt, den Erfolg unseres Sportwagens XK weiter auszubauen und wir werden mit dem XF in Kürze einen neuen sportlichen Viertürer auf den Markt bringen. Unsere Händler sind sehr gespannt auf das Auto und auch die Reaktionen der Presse sind sehr positiv. Wir sind überzeugt, dass diese Modelle in idealer Weise den Geist von Jaguar als Luxusmarke verkörpern.

Welche Erwartungen haben Sie an den Absatz des neuen Autos?

Wir wollen keine Absatzziele nennen. Jedes verkaufte Auto ist wichtig. Wir sind in der Vergangenheit zu lange solchen Zahlen nachgejagt. Wichtiger ist es aber, großartige Autos zu bauen und damit ein profitables Volumen zu erreichen.

Worauf stützen Sie Ihre Erwartungen, dass der XF ein Erfolg wird?

Auf die bisherigen Reaktionen unserer Kunden und der Presse sowie auf die Vorbestellungen. Zuletzt waren es rund 5000 und je näher die Markteinführung rückt, desto mehr werden es. Auch die Kundenzufriedenheit ist ein wichtiger Indikator für die Stärke einer Marke und da haben wir in den USA bei der letzten JD Power-Studie gerade Lexus vom ersten Platz verdrängt. Die Preise für gebrauchte Jaguar sind überdurchschnittlich gewachsen, auch das beweist eine hohe Akzeptanz.

Jaguar hat in 2007 bei den Neuzulassungen auf dem amerikanischen Markt 15 Prozent verloren, in Deutschland mehr als 11 Prozent eingebüßt. Wo nehmen Sie ihren Optimismus her?

Dieser Rückgang ist nicht gleichbedeutend mit schwindender Akzeptanz der Marke. Das hatte in erster Linie natürliche Ursachen, denn wir haben in 2007 die Produktion des Modells S-Type eingestellt und der Nachfolger XF wird erst im März diesen Jahres eingeführt. Das musste zwangsläufig zu geringeren Zulassungszahlen führen. Wichtig ist, die Wertschöpfung je Fahrzeug zu steigern, was mit der Fokussierung auf Luxus, Komfort und Ausstattung gelingen wird.

Also doch die Erweiterung nach oben mit mehr Luxus und höherem Preis .Wo ist die Grenze beim Luxus? Kann es da nicht zu Kollisionen mit der Schwestermarke Daimler kommen?

Nein. Wir denken und handeln für Jaguar. Dort müssen wir Maßstäbe setzen, wir wollen in Design, in der Innenausstattung ein neues Niveau erreichen. Dort besteht für eine starke Marke mit viel Tradition wie der unseren noch ein großes Potenzial.

Mit welchen Marken sehen Sie Jaguar in erste Linie im Wettbewerb?

Wenn ich die Unternehmensstrategie und -kultur sowie die Marktpräsenz beurteile, dann sehe ich Jaguar nahe an Porsche. Das ist ein Unternehmen mit einem sehr speziellen Modellangebot, das mit kleinem Volumen sehr erfolgreich agiert. Aber unsere Produkte konkurrieren selbstverständlich auch mit Audi, BMW und Mercedes.

Muss Jaguar nicht auch im Bereich der Effizienz und der Umweltverträglichkeit etwas tun? Sogar in Amerika spielt das Themen für die Akzeptanz eines Produkts eine immer größere Rolle wie man auf der Autoshow in Detroit sehen kann. Was ist mit alternativen Antrieben, mir Flex-Fuel oder Hybrid?

Von unseren Autos werden in Amerika 55 Prozent mit Kompressormotor ausgeliefert. Das sagt etwas über die Erwartungen der Kunden. Aber natürlich arbeiten wir auch an Alternativen Antrieben. Gemeinsam mit Land Rover investieren wir in den nächsten fünf Jahren 1 Milliarde Euro in die Entwicklung von Umwelttechnologien, so arbeiten wir im Kraftstoffsektor in einer Partnerschaft mit BP, um die Beimischung von Ethanol oder Biodiesel für unsere Motoren verträglich zu machen.

Wäre es für Forschung und Entwicklung nicht besser, künftig ein großes Autounternehmen im Rücken zu haben, wie es bei Ford noch der Fall ist? Tata ist ein Gemischtwarenkonzern mit Autosparte und macht gerade als Hersteller eines Billigstautos Furore.

Es ist unerheblich für uns, ob eine große oder eine kleine Firma Eigentümer von Jaguar wird. Wir haben unsere eigenen Ingenieure, die den Geist von Jaguar verstehen und fortentwickeln. Wichtig ist nur die Unterstützung unserer Strategie und dass die notwendigen Investitionen vorgenommen werden.

Das Gespräch führte Axel F. Busse