Die Zubehörlisten in den Autokatalogen sind voller - meist aufpreispflichtiger - Hilfsmittel, die chic und hip wirken, aber vor allem für ältere Automobilisten entwickelt wurden: Einparkhilfen, weil das Kopfdrehen schwer fällt, Tagfahrlicht, weil die Sehkraft nachlässt oder Spurhalter, weil die Konzentrationsfähigkeit abnimmt.
Und die Statistik spricht dafür, dass die Strategie der Marketingabteilungen zukunftsfähig ist. In den meisten Industrie - Ländern wird ab 2030 jeder vierte Einwohner älter als 65 Jahre alt sein. Bis 2050 wird der Anteil der über 80- jährigen an der Bevölkerung von heute vier auf gut 12 Prozent ansteigen. In Deutschland soll der Anteil der 80jährigen dann sogar bei 18 Prozent liegen. Dass breite Altersspektrum zeigt, dass es sich um eine sehr heterogene Gruppe handelt, denn was der 60jährige noch mühelos und gut kann, ist für den 80jährigen ein großes Problem.
Die Alten wollen fahren
Klar ist jedoch, dass die Alten fahren wollen, fahren werden und auch fahren sollen! Momentan werden nämlich die ersten Generationen alt, die mit 18 ihren Führerschein gemacht haben und die ihr Leben lang Auto gefahren sind. Für sie ist das Automobil noch so bedeutsam, wie am ersten Tag nach der Fahrprüfung- vor allem gilt das für das eigene Fahrzeug.
"Bei den älteren Männern ist diese Entwicklung schon sehr weit fortgeschritten", sagt Professor Bernhard Schlag von der Technischen Universität in Dresden," unter den älteren Frauen wird die PKW-Verfügbarkeit in den nächsten Jahrzehnten noch deutlich steigen, denn sie haben mit dem Fahren erst viel später angefangen als die Männer!"
Aufgeschobene Träume ausleben
Was für viele Jüngere möglicherweise eine Horrorvorstellung ist, könnte gesamtgesellschaftlich zum Segen werden. Denn, dass Pensionäre ihre während des Arbeitslebens aufgeschobenen Träume vom Reisen und Entdecken ausleben, "hat durchweg positive Auswirkungen auf den Verlauf des Alterungsprozesses. Und dass Aktivitäten die Zufriedenheit fördern, steht außer Frage", ist sich der Verkehrspsychologe Professor Schlag sicher.

Ein Studie aus den USA belegt diese These. Danach ist das Risiko, im Alter dauerhaft in Pflege- oder Altenheimen betreut werden zu müssen, für Personen, die mindestens seit sechs Monaten nicht mehr Auto gefahren sind, fast fünfmal so hoch wie für aktive Kraftfahrer. Für Menschen ohne Fahrpraxis ergab sich ein dreimal so hohes Risiko. Die Ergebnisse sind unabhängig vom Alter, dem Geschlecht, dem Familienstand und einigen relevanten Gesundheitsmerkmalen. Die Vereinigten Staaten eignen sich für solche Untersuchungen besonders gut, weil nirgends so lange und so intensiv Auto gefahren wird, wie in der neuen Welt.
Senioren auf dem Fahrrad stark gefährdet
Obwohl beispielsweise in München jedes zweite Unfallopfer über 65 ist und die meisten selber den Unfall verursacht haben, sind die älteren Herrschaften in der deutschen Verkehrsunfall- Gesamtbilanz beileibe nicht die auffälligste Gruppe. Das ist nach wie vor die der 18 bis 20 jährigen bei der pro 100.000 Einwohner 18,4 Personen tödlich verunglücken. Bei den Senioren sind es 7,3. Doch schon seit Jahren verläuft die Entwicklung für die Senioren ungünstiger als für andere Altersgruppen.
Zwar verunglücken ältere Fußgänger heute nur noch halb so oft wie vor 20 Jahren, erheblich öfter kommen sie aber als PKW - Insassen und Radfahrer zu Schaden. "Besonders die hohe Zahl der Fahrradopfer ist erstaunlich, denn sie entspricht keineswegs dem Anteil radfahrender Senioren am Straßenverkehr", sagt Professor Schlag. Es gibt also eine Gruppe von Senioren, die sehr viel Fahrrad fährt und dabei stark gefährdet ist. Die höchste Verkehrssicherheit bieten, und das gilt für alle Altersgruppen, die öffentlichen Verkehrsmittel.
Anpassung an Belange der Älteren
Als Autofahrer verunglücken Senioren vor allem innerorts an Kreuzungen und Einmündungen beim Abbiegen und Einfahren, wobei sie besonders häufig die Vorfahrt missachten. "Viele Mankos im sensorischen oder kognitiven Bereich gleichen Ältere durch ihre Erfahrung oder durch vorsichtigeres Fahren aus", meint Professor Schlag," und fügt hinzu: "Im Alter hilft auch das so genanntes "experience paradox". Mehr Übung führt bezogen auf die Fahrleistung zu einem geringeren Risiko!"
Verkehrswissenschaftler fordern unter anderem eine Anpassung der Verkehrswege, der Verkehrsregelungen und der Geschwindigkeiten an die Belange der Senioren. Über kurz oder lang wird man aber auch - nach Meinung der Experten - an regelmäßigen Eignungsprüfungen denken müssen. Die kommen dann aber im Rahmen der Geleichbehandlung auf alle Autofahrer zu nicht nur auf die Senioren.