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Sicherheit im Auto Die Hand am Lenkrad

Richtige Sitzeinstellung und korekte Haltung können lebensrettend sein.
Richtige Sitzeinstellung und korekte Haltung können lebensrettend sein.
© colourbox.de
Seitlich, von unten oder nur mit einer Hand - es gibt viele Möglichkeiten, das Lenkrad anzufassen. Aber nur eine ist korrekt. Sicher durch den Verkehr zu kommen, ist vor allem eines: "Haltungssache".
Von Walter Hasselbring

Die junge Frau hat es sich bequem gemacht. Die Sitzlehne ist weit zurückgeklappt, die Beine liegen auf dem Armaturenbrett. Ihr Freund fährt gerade mal 80 km/h, mehr ist bei dem Verkehr nicht drin. Plötzlich muss er bremsen, schafft es aber nicht mehr, den Crash zu vermeiden. Blechschaden! Der Fahrer kommt unverletzt davon, Airbag und Gurt haben ihn geschützt. Seiner jungen Freundin aber geht es dreckig. Erst ist sie mit beiden Beinen in die Frontscheibe katapultiert worden. Beide Fußgelenke sind gebrochen, die Beine voller Schnittwunden. Dann hat der Airbag die Beine mit voller Wucht nach oben geschleudert, der Körper ist gleichzeitig nach vorne gerutscht. Die Folge ist ein Beckenbruch. Die junge Frau kann noch von Glück sagen, dass ihr Genick nicht gebrochen ist.

Schon bei einer Aufprallgeschwindigkeit von Tempo 50 werden die Wageninsassen bis zum 30fachen ihres Körpergewichts beschleunigt. Erst ab einer Geschwindigkeit von 25 Stundenkilometern schießen die Airbags aus ihren Verstecken. Vorher ist der Sicherheitsgurt alleine für die Minimierung der Unfallfolgen zuständig. Er vermindert das Risiko schwerer oder tödlicher Verletzungen auf 50 Prozent. Ein weiteres Viertel schafft der Airbag. Kein schlechtes Resultat! Trotzdem verunglücken alleine in Deutschland jährlich rund mehrere Tausend Autofahrer tödlich.

Rückenlehne möglichst steil

Sicherheitsgurte, Pre Crash Safety System, elektronisch geregelte Bremsanlagen, Airbags vorne, Airbags an der Seite Airbags oben und unten und sonst wo. Die Wagen sind voll gestopft mit Sicherheitsausrüstungen. Doch, wer auf seinem Sitz nicht richtig Platz nimmt, dem helfen auch noch so viele Sicherheitssysteme nicht. Wenn ein Auto auf ein Hindernis prallt, wirken der Airbag , der Sicherheitsgurt und die nachgebende Lenksäule zusammen. Sobald eine Komponente nicht genutzt wird oder nicht funktioniert, oder aber die Passagiere nicht richtig sitzen, ist das ganze Sicherheitssystem im Eimer, denn es ist immer auf diese eine optimale Sitzposition abgestimmt. Und wenn man die Fachkräfte des deutschen Automobilismus, wie den legendären mehrfachen Rallyeweltmeister Walter Röhrl, oder den fünffachen DTM Meister Bernd Schneider oder aber Michael Schumacher dazu befragt, dann geben die Recken der Rennstrecken zu diesem Thema einhellig nur eine Antwort: Die Kopfstützen müssen so weit herausgezogen werden, dass sie ungefähr mit der Kopfhöhe abschließen.

Die Rückenlehne muss möglichst steil gestellt werden, damit der Körper nicht durch starkes Bremsen oder im Notfall durch den Druck des Airbags nach oben ans Autodach katapultiert wird. Der Sicherheitsgurt muss exakt über das Schlüsselbein laufen und darf nicht von der Schulter rutschen oder sich in den Hals quetschen. Außerdem sollte der Beckengurt noch stramm gezogen werden. Der Sitz muss soweit nach vorne geschoben werden, bis die Handgelenke bei ausgestreckten Armen oben auf dem Lenkrad liegen. die Schulterblätter müssen dabei immer noch Kontakt mit der Lehne haben. Beide Hände gehören immer in die Stellung viertel vor Drei. Die Daumen sollen dabei fest auf der Speiche liegen. Durch diese Positionierung kann man das Lenkrad leicht um einen halben Kreis drehen, ohne es los zu lassen, und trotzdem kommt man damit fast um jede Kurve. Alle anderen Haltungen am Lenkrad sind falsch und gefährlich!

Pizzabäcker-Haltung

Im real existierenden Straßenverkehr sieht man aber etwas Anderes. Gerade ausgestreckte Arme sind häufig vertreten. Sie sollen sportliche Fahrweise symbolisieren, in Wirklichkeit zeigt diese Positionierung aber nur, dass der Pilot vom Autofahren soviel Ahnung hat wie der Eskimo von der Wüste. Eine nennenswerte Lenkraddrehung bekommt man damit jedenfalls nicht hin. Häufig ist auch die Pizzabäcker-Haltung zu beobachten, bei der die Handwurzel mit dem Lenkrad kreist so wie Paolo in der Trattoria die Tomatensoße auf dem Teig verteilt. Oder die Melker-Haltung, bei der alle zehn Zentimeter nachgefasst wird, Stripp, -Strapp, Strull sozusagen. Im Notfall verliert man damit viel zuviel Zeit, um das Auto auf Kurs zu halten oder wieder einzufangen.

Gerne wird das Lenkrad auch ganz unten mit einer Hand angefasst, mal von Innen, mal von Außen. Im Ernstfall hat der beste Fahrer so keine Chance, das Auto zu lenken. Das gilt auch für die Spezialisten, die ihre Hand in der Mitte des Lenkrades ruhen lassen. Wenn dabei noch der Luftsack ausgelöst wird, schlägt einem die eigene Hand mit der Wucht der Klitschko-Faust ins Gesicht. Der Abstand zwischen Fahrer und Airbag sollte 30 Zentimeter betragen, denn der Luftsack schießt mit rund 200 Stundenkilometern aus seiner Halterung. Neben der korrekten Positionierung der Hände und des Oberkörpers kommt es aber auch auf die richtige Beinstellung an. Das linke Knie muss bei durchgetretener Kupplung noch leicht angewinkelt sein, damit bei einem Crash nicht die ganze Kraft des Aufpralls auf die Hüfte übertragen wird.

Ein Autorennen dauert meistens auch nicht länger als zwei Stunden

Auch das rechte Bein darf beim Treten der Bremse nicht vollkommen ausgestreckt sein. Denn einerseits gehört bei einer Vollbremsung alle Kraft aufs Bremspedal, das sind, wenn es gut geht, ungefähr 140 Kilogramm. Erst mit diesem Druck arbeitet die Bremse zusammen mit dem ABS optimal. Andererseits sollte man auch kraftvoll nachtreten können, denn wenn die Bremsscheiben heiß sind, verlängert sich der Pedalweg meistens noch. Die Hinweise der Profis sind nicht nur sicherheitsrelevant, sie sind auch aus orthopädischer Sicht vernünftig. Und wem das alles zu unbequem erscheint, der sollte öfter mal an Pausen denken. Ein Autorennen dauert schließlich meistens auch nicht länger als zwei Stunden!

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