So sehr die Amerikaner das Auto auch lieben. In Las Vegas lässt man es gerne einmal stehen. Junggesellinnenabschied aus Atlanta, Hochzeitsreisende aus Ratingen oder Vergnügungssüchtige aus Tokio - in Las Vegas scheinen die Fäden der Amüsierwelt zusammen zu laufen. Das Aufkommen von Stretch-Limousinen und Luxuscabriolets, die ihre Fahrer lasziv in Szene setzen sollen, ist mächtig. Doch ohne die weißen und gelben Taxis geht in Vegas nichts. 4.000 fleißige Bienen sind vorwiegend im Kurzstreckenbetrieb unterwegs und sorgen dafür, dass der Strip Tag und Nacht pulsiert. Donald Shue Jr. fährt nach eigenen Angaben sein halbes Leben oder ein bisschen länger Taxi: "Die Geschäfte laufen ganz ordentlich. Die Stadt ist voll und die Leute wollen ihren Spaß - es ist fast wie immer. Wir sind eben in Vegas - you know?"
Mittwochmorgen auf dem Strip. Es geht vom Hotel "Mandalay Bay" bis zum "Caesars Palace". "Ins Casino oder zu den Forum Shops?", fragt Donald betont lässig. Der Las Vegas Boulevard, der hier bei allen nur "the strip" heißt, ist wieder einmal voll. Shue ist seit einigen Stunden unterwegs und fährt parallel zur Interstate 15 hinten um die Hotelmeile herum. Er kennt sich aus. Sein gelber Ford Crown Victoria ist nicht mehr der jüngste, wirkt aber zumindest innen wie aus dem Ei gepellt. "Ich weiß nicht, wie teuer die Spritpreise hier noch werden sollen", erzählt er ohne besondere Anlaß, "bald kostet die Gallone sicher fünf Dollar. Das kann doch keine mehr bezahlen und die Politik macht nichts. Wir haben doch genug Öl." Die Besucher von Las Vegas interessiert das alles wenig. Sie bleiben durchschnittlich kaum mehr als zwei Tage in der Stadt. Viele stiegen nur für ein paar hundert Meter ein. Längere Fahrten gibt es nur wenige. Die Frage, ob sich hier in der Auto- und speziell der Taxi-Branche gerade etwas tue, schüttelt der langhaarige Lindenberg-Verschnitt nur den Kopf. "Quatsch, Hybrids sind hier doch kein Thema. Und wir Taxifahrer fahren sowieso was kommt. Anders als in andere Städten gehört hier keinem sein Taxi selbst. Die Autos kommen von dem Dutzend Taxifirmen in Vegas."
Mehr Trinkgeld durch schwachen Dollar
Sein Kollege Bob ist auf der Nachtschicht unterwegs. "Ich fahre vier Tage die Woche; jeweils von eins bis eins", erzählt der freundliche Mann, dessen Geschäfte ebenfalls zu laufen scheinen. Ähnlich wie in New York werden die meisten Taxis am Straßenrand herbeigewunken. Gerade erst war Bob in Österreich, hat seine Schwester besucht - Wien und den Arlberg schätzen gelernt. Auch er hat mit dem allabendlichen Vegas-Wahnsinn zu kämpfen. Für die kurze Strecke vom noch jungen Hotel "Planet Hollywood" geht es in Richtung The Hotel at Mandalay. "Klar at Mandalay Bay", erzählt er, "es gibt hier nur ein The Hotel. Das am Mandalay Bay."
Taxifahren in Las Vegas ist ganz anders als in anderen amerikanischen Großstädten. Keine Info-Bildschirme für die Passagiere im Fond, keine nervigen Trennscheiben aus Sicherheitsglas und fast nur uramerikanische Piloten. Nur wenige stammen aus Las Vegas; die meisten sind wegen der Jobaussichten ins Sündenbabel von Nevada gekommen. Die Geschäfte laufen nicht schlecht. Die Taxigäste sind durchweg vergnügungsfreudige Touristen. Geschäftsleute und Party-People setzen auf die schwarzen und weißen Stretch-Limousinen, die man an jeder Ecke mieten kann. Das Gros der Touristen in der Woche kommt aus Europa und Asien. Durch den schwachen Dollar schauen viele nicht auf den Dollar. So sind schnell ein paar "Bucks" Trinkgeld mehr drin. Und was in Las Vegas gerade in ist oder nicht, wissen sowieso nur der Taxifahrer. Vor, nach und bei der Schicht treffen sich die Intervall-Chauffeure gerne an den Seven-Eleven-Shops in der Nähe der Wedding Chapels auf dem nördlichen Strip. Wer gerade im Süden unterwegs ist, kehrt bei den Fast-Food-Ketten gegenüber vom Mandalay Bay ein. Taxis über Taxis lassen den kleinen Parkplatz für McDonalds und Subway gegen 22 Uhr aus allen Nähten platzen. Doch die kurze Pause dauert kaum mehr als 15 Minuten. Dann geht es wieder hinaus af den Strip, die nächsten Passagiere von Casino und Casino bringen.