Was ist wirklich? Was ist echt? Und was bilden wir uns nur ein? Nicht nur die Thematik, auch die atemberaubenden Effekte und das coole Styling ließen die "Matrix"-Filmtrilogie der Wachowski-Brüder zum Kult werden, der förmlich nach einer Umsetzung als Videospiel-Adaption schreit. Doch die "echte" Realität holt uns angesichts der virtuellen schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück ...
In "The Matrix - Path of Neo" bekommen Fans der Wachowski-Werke erstmals die Möglichkeit, Schlüsselszenen der drei Filme in der Gestalt von Thomas Anderson alias Cyber-Messias Neo zu erleben - inklusive Bullet-Time versteht sich. Wer allerdings die Vorlage nicht kennt, steht auf Neos unergründlichen Wegen ziemlich verlassen da. Die Designer des Games machten nämlich gar keine Anstalten, die einzelnen Levels und die hektisch geschnittenen Original-Filmschnipsel mit einer auch für Nicht-"Auserwählte" verständlichen Story zusammenzukitten.
Morpheus und seine Pillen: Wer sich für die blaue entscheidet, beendet das Spiel, bevor es richtig begonnen hat. Schluckt man indes die rote Pille, wartet ein gut achtstündiger Trip in die Tiefen des Kaninchenbaus. Eine kurze Prügelei mit allerlei Wachpersonal entscheidet über die wählbaren Schwierigkeitsgrade.
In der ersten Phase des Spiels durchläuft Neo eine ganze Reihe von Kampfsimulationen, in denen er allmählich lernt, die akrobatischsten Nahkampftechniken, Spezialfertigkeiten und Waffen richtig einzusetzen. Deutlich schneller werden jedoch die Schwächen von "Path of Neo" offenbar: Zum einen wählt das Spiel oft recht unglückliche Kamerawinkel, sodass Neo in den Kämpfen teilweise blind agiert. Andererseits verlieren die - zugegeben - toll choreografierten Moves angesichts der unpräzise reagierenden Steuerung rasch ihre Faszination. 600 akrobatische Hiebe, Tritte und Würfe sollen enthalten sein. Doch nur mit viel Zufall und noch mehr Glück bekommt der Gamer vielleicht ein Zehntel davon zu Gesicht, zumal stupides Tastengehämmere erstaunlich effektiv ist. Damit erübrigt sich dann auch viel vom Abwechslungsreichtum der einzelnen Levels, die gerne auch alternative Wege abseits der Filmhandlung beschreiten.
Gerade bei einem "Matrix"-Spiel erwartet man stylische Grafikpracht. "Path of Neo" ist weit davon entfernt. Die Schauplätze wirken verwaschen und kantig - da hat man gerade auf dem PC in Actiontiteln mit bescheideneren Systemvoraussetzungen schon Besseres gesehen. Die wichtigen "Matrix"-Charaktere von Morpheus über Trinity bis hin zu Agent Smith sind im Spiel zwar alle vorhanden - sie agieren jedoch wie staksige Pappfiguren mit aufgeklebten Gesichts-Abziehbildern - von lippensynchroner Sprachausgabe darf der Spieler unter solchen Umständen auch nur träumen.
Immerhin hat Atari einen Großteil der Original-Synchronsprecher gewinnen können - ein klares Plus fürs echte "Matrix"-Feeling, genau wie der gelungene Soundtrack und die durchschlagenden THX-Effekte. Dennoch wird man den Eindruck nicht los, dass Shiny das Game unbedingt im Vorweihnachtsgeschäft auf den Markt bringen wollte. Ein Beleg: Wachmänner brüllen mal auf Deutsch, mal auf Englisch. Von zig Clipping-Fehlern und anderen Bugs ganz zu schweigen. Patchwork ist also angesagt.
The Matrix: Path Of Neo
Hersteller/Vertrieb | Shiny Entertainment/Atari |
Genre | Action |
Plattform | PlayStation2, PC, XBox |
Preis | ca. 50 Euro |
Altersfreigabe | ab 16 Jahren |
Muss man als Spieler den "Path of Neo" beschreiten? Eingefleischte "Matrix"-Fans mögen den Shiny-Titel als Pflichtkauf betrachten, um ihre Sammlung zu vervollständigen und das ominöse, alternative Ende der Trilogie zu erleben (es lohnt nur bedingt). Wer jedoch ein entspannteres Verhältnis zur Matrix hat und auch ohne Agenten durchs Leben kommt, sollte den Titel vor dem Kauf auf jeden Fall erst einmal Probe spielen.