In jedem Monat erscheinen zig Computerzeitschriften am Kiosk. Sie richten sich an den eingeschworenen PC-Fachmann und werden vom Laien oft nicht verstanden. Den Verantwortlichen fällt es nicht schwer, die vielen hundert Seiten mit klein gesetzten Texten zu füllen. Schließlich ist es extrem wichtig, jedes Detail allumfassend zu erklären – sodass am Ende keine Fragen mehr offen bleiben. In den Jahren hat sich ein ganz eigener, leicht komplizierter Schreibstil herauskristallisiert, der von allen Redaktionen treu gepflegt wird. Spaß beim Lesen ist oft Nebensache, schließlich kommt es alleine auf den reinen Nutzwert an. Das Drama wird offensichtlich, wenn ein PC-Autor bei einem Frauenmagazin anheuert. Dann liest sich die Vorstellung eines neuen Lippenstiftes wie folgt.
Lipgloss Ultra Q Version 1.0: Grelle Farben, zarte Lippen
Der neue Lipgloss Ultra Q sorgt für Furore in der Szene. Das handlich-ergonomische Modell besticht mit einer neuen Farbpalette, wie sie im Gesichtsgestaltungsbereich bislang noch nicht vorgekommen ist. Vor allem Liebhaber roter Lippennachfärbungen kommen bei der handlichen Hardware voll auf ihre Kosten.
Jede Frau ist mit einer Ober- und einer Unterlippe ausgestattet. Das sind Körperelemente, die sich von Natur aus durch ihre Blassheit auszeichnen. Da ein kräftiges Rot den vom Gesicht der dazugehörenden Frau ausgestrahlten Reizen aber nur gut stehen kann, entsteht schnell der Wunsch, hier selbst am System zu frickeln. In der Folge muss eine Hardware-Erweiterung her, die in der Fachsprache nur Lippenstift genannt wird. Dabei handelt es sich um eine stiftförmige Einheit mit einem Schraubdeckel und einer Drehvorrichtung. Durch eine Bewegung an der Drehvorrichtung wird bei zuvor entferntem Deckel der Inhalt der Hardware herausgefahren. Dabei handelt es sich um eine feste rote Masse, die per Druckausübung auf die Lippen aufzutragen ist.
Der »Lipgloss Ultra Q« richtet sich an alle Anwenderinnen, die mit einem Standardmodell Lippen ausgestattet sind. Frauen mit XXL-Lippen, die durch Silikon-Einspritzungen hochgetaktet wurden, sollten besser auf das Modell Ultra XXL warten, das derzeit noch im letzten Betatest ist.
Das Gerät wiegt 30 Gramm und enthält einen etwa vier Zentimeter langen Kern roter Füllmasse. Sie reicht für 400 Betriebsstunden aus, ist wasser- und lichtresistent und sollte für zwei tägliche Lippenbemalungen ausreichen. Ist der Inhalt erschöpft, muss auch die Hardware-Hülse ausgetauscht werden. Eine Farbkartusche zum Nachstecken in das Gehäuse ist leider noch nicht im Produktplan des Unternehmens zu finden.
Die Handhabung des Geräts ist erfreulich einfach. Durch den Aufruf des Befehls »Deckel / Abschrauben« lässt sich die obere Hälfte des Hardware-Aufsatzes entfernen. Mit »Boden / Drehen« wird die Gewindevorrichtung des Lippenstiftes in Gang gesetzt. Vorsicht ist geboten, wenn die Farbmasse den Hardware-Schacht verlässt. Sticht der Innenstift zu sehr aus seiner schützenden Hülle heraus, kann er leicht abbrechen. Der Totalverlust der eigenen Investition wäre die Folge. Hier sollte dringend daran gearbeitet werden, den internen Schutz vor Abberationen auf Grund externer Gewalteinwirkungen zu verbessern. Denkbar wäre ein schützender Stahlkern im Inneren oder ein feinporiges Drahtnetz an der Außenseite.
Das Gerät ist nun einsatzbereit und kann vorsichtig in das Zentrum der drei Finger Daumen, Zeige- und Mittelfinger gesetzt werden. Durch Zusammendrücken der Finger wird die Hardware in der Hand befestigt. Durch eine Anspannung der Muskeln im rechten Arm wird der Stift zum Mund geführt. Ein Blick in »Wand / Spiegel« hilft dabei, das Gerät dem Einsatzgebiet entsprechend korrekt zu führen und es an die Lippen zu setzen. Bewegen Sie den Stift nun vorsichtig in der Waagerechten hin und her, um erst die Ober- und dann die Unterlippe mit Farbe zu bedecken. Achten Sie auf eine vollständige Einfärbung der Mundränder. Leider fehlt dem Gerät eine Rückgängig- oder Löschen-Funktion. Malt die Anwenderin über den markierten Lippenbereich hinaus, muss der Schaden in Eigenregie behoben werden. Die Anschaffung eines »Lappens« und eines »Wasserglases, voll« ist dabei unumgänglich.
Eine einzelne Lippenbehandlung soll den Herstellerangaben entsprechend einen Tag lang halten. Der Autor dieser Zeilen konnte im Selbstversuch den Stift nicht immer sicher führen, hier wird anscheinend Erfahrung im Umgang mit solchem Stiftmaterial vorausgesetzt. Im Versuch hielt der Farbauftrag drei Tage, verblasste aber zusehend und färbte auf Gläser, Essbestecke und auf die eigene Bettwäsche ab. Hier sollte in der Forschung daran gearbeitet werden, eine Pantone-kompatible Farbmischung zu generieren, die allein auf dem Lippen-Untergrund haften bleibt.
Zubehör für den Lipgloss Ultra Q wird derzeit leider noch nicht angeboten. Es stehen dem Anwender demnach weder alternative Hüllenmodelle noch Ledertaschen zum Anhängen an den Hosengürtel bereit. Den Anwenderinnen bleibt demnach nichts anderes übrig, als das Gerät in einer Vorrichtung namens »Handtasche« einzuführen. Hier klimpern verschiedene Inhalte ungesichert umher, was zu Deformationen und Schädigung der Materialien führen kann. Auch eine kleinere PDA-Alternative (PDA: Personal Dating Assistant) fehlt noch im Angebot.
Der Lipgloss Ultra Q wird einzeln zum Preis von 15 Mark im Drogerie-Fachhandel angeboten. Ein Benchmark-Test und eine Leistungsvergleichtabelle mit anderen Lippenstiften reichen wir im nächsten Heft nach.
Carsten Scheibe