Scheibes Kolumne Home-Office in den USA

stern.de-Kolumnist Carsten Scheibe verlegt sein Home-Office während der Sommerferien in die Vereinigten Staaten. Aus diesem Grund muss das Notebook mit auf Reisen gehen. Ob das auch wirklich gut geht?

Wer selbstständig ist, arbeitet selbst und zwar ständig. Diese oft zitierte Floskel trifft bei Kleinunternehmern wie mir wie die Faust aufs Auge. Als Betreiber einer Presseagentur und Herausgeber eines Stadt- und eines Golfmagazins kann ich den Laden nicht einfach zusperren, um dann für ein paar Tage zu verschwinden. Stattdessen muss ich den Laden mitnehmen, damit ich auch auf Reisen weiter arbeiten kann. In diesem Sommer geht es für drei Wochen auf in die Staaten - Golf-Clubs in Florida testen. Das sind die angenehmen Seiten des Jobs. Doch vor und nach dem Abschlag auf dem Golfplatz stehen viele Stunden vor dem Notebook an, um die übrige Arbeit zu erledigen.

99 Euro zahlen. Basta!

Damit das Arbeiten in der Ferne auch wirklich funktioniert, habe ich in den USA extra eine Unterkunft mit Wlan gemietet. Wichtiger war es aber im Vorfeld, das Arbeitsgerät richtig vorzubereiten. Und so habe ich die Programme auf meinem vier Jahre alten Schleppable aktualisiert, die Outlook-Datenbank übertragen und meine gesammelten Textvorlagen kopiert. Da es Gerüchte gibt, dass die Kontrollen an den amerikanischen Flughäfen inzwischen auch gerne einmal einen Notebook einziehen, um ihn dann erst Monate später wieder freizugeben, habe ich zur Sicherheit noch einen USB-Stick in die Hosentasche gesteckt. Das ist schon merkwürdig: Eine ganze Firma passt auf einen so kleinen Stick: Die Outlook-Datenbank, die Texte, die Rechnungen, alle wichtigen Vorlagen. Im Notfall reicht der USB-Stick aus, um vor Ort in den USA ein neues Notebook zu kaufen und es dann mit den gesammelten Daten zu füttern.

Drei Wlan-Netze im Umkreis

Doch alles geht gut. Der Flug von Düsseldorf nach Miami in Florida ist zwar totlangweilig und es gibt schlechte Filme, aber kein Streik hält uns auf. Und in den USA kommen wir im Nullkommanix durch die "Immigration" mit der Passkontrolle und den Fingerabdrücken. Spät in der Nacht komme ich dann mit dem Mietwagen in meiner Unterkunft in Pompano Beach "über" Fort Lauderdale an. Ich bin zu müde, um mein Notebook zu testen und gehe erst einmal schlafen. Am nächsten Morgen stelle ich das Gerät dann als allererstes an. Der Notebook findet drei Wlan-Netze im Umkreis, was recht wenig ist. Vor zwei Jahren in St. Augustin gab es deutlich mehr Netze - und fast alle waren ungeschützt. Dieses Mal sind alle Netze "zu" und erfordern ein Passwort. Wie gut, dass ich den Internet-Zugang gleich mitgebucht habe. Dieses Mal wäre es mir nicht mehr möglich gewesen, in ein fremdes Netz zu schlüpfen, um meine Mails zu versenden. Leider ist das Wlan meiner Unterkunft für mich verschlossen - mir fehlt der passende Key. In der ganzen Wohnung ist er nicht zu finden.

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In seiner Freizeit geht Carsten Scheibe golfen - und arbeitet daran, dass der Golfball auf der selben Bahn ankommt, von der er abschlägt. Wenn's mit dem Spielen nicht so gut klappt, schreibt er lieber - für das eigene, kostenfrei in den Golf-Clubs ausliegende Magazin "Mein Golf-Heft". Das gibt's mit allen Artikeln auch im Internet. Natürlich ist der PC auch hier ein Thema.

Immerhin finde ich schnell den WLAN-Sender und kann hier mein Netzwerkkabel anschließen, das ich zum Glück im Koffer mit dabei habe. Über das Kabel komme ich ohne Wenn und Aber ins Internet und kann meine Mails beziehen - immerhin mit 2 Mbit/s, was für meine Zwecke völlig ausreicht. Schon nach zwei Tagen haben sich zwei, drei Dutzend wichtige Mails angesammelt, die dringend zu beantworten sind. Das mache ich dann auch gleich. Nur leider ist Outlook auf einmal nicht mehr dazu in der Lage, die neu aufgesetzten Mails auch zu versenden. Mails empfangen geht also, das Versenden nicht mehr. Wie kann das denn nur sein? Ich experimentiere mit allen nur erdenklichen Einstellungen, kann aber keine Lösung für das Problem ausfindig machen. Immerhin komme ich nach mehreren fast verzweifelten Stunden doch noch auf eine Ersatzlösung: Über den Webmailer meines Providers kann ich die E-Mails ja auch versenden. Das ist zwar kompliziert und zeitaufwändig, aber es erlaubt es mir immerhin, meiner Arbeit nachzugehen.

Mail an den Vermieter

Via Webmail trete ich auch mit meinem Vermieter in Kontakt. Der nennt mir die IP-Adresse, über die ich über das Netzwerkkabel direkt auf die WLAN-Konfiguration meiner Behausung zugreifen kann. Hier finde ich den Zugangscode fürs Wlan - und kann fortan direkt vom Pool aus arbeiten. Das gewöhne ich mir aber schnell wieder ab. Mittags ist es zu heiß und morgens und abends kommen die Moskitos und die Noseeums heraus. Noseeums sind winzige, kaum sichtbare Fliegen, die ziemlich schmerzhaft zustechen können.

Zu allem Übel tritt inzwischen beim Arbeiten ein weiteres Problem auf. Das Notebook wird bei der Arbeit immer langsamer. Manchmal dauert es am Ende Minuten, bis ich von einem offenen Programmfenster zum anderen wechseln kann. Das ist der Arbeit nicht unbedingt förderlich. Ich denke einmal, das liegt am neu installierten Virenschutz, der zu viel Speicher frisst. Ich analysiere mein Notebook und stelle erschreckt fest, dass es nur ein halbes Gigabyte Arbeitsspeicher hat. Inzwischen haben die Geräte doch schon die sechsfache RAM-Ausstattung. Und laut Task-Manager belegt allein der Firefox-Browser 100 MB RAM. WinWord nimmt sich noch einmal 40 MB und Outlook noch einmal 12. Trotzdem glaube ich, dass irgendwie der Virenschutz Schuld an der ganzen Misere hat, das habe ich schon öfter erlebt. Ich traue mich aber nicht, ihn zu deinstallieren. Ich habe schon erlebt, dass sich danach das ganze System nicht mehr starten lässt. Und das kann ich mir nicht erlauben. Ich muss zwar nicht so viel arbeiten wir sonst, aber trotzdem doch regelmäßig Tag für Tag. Fakt ist: Für die nächste Reise muss ein neues Notebook angeschafft werden. Das alte hat mir zwar superbe Dienste geleistet. Es ist aber langsam nicht mehr "uptodate".

Trotz aller Probleme: Es ist schon der Wahnsinn, dass sich eine ganze Firma so einfach von Berlin nach Florida verlagern lässt. Da bei mir 99 Prozent aller Kundenkontakte eh per E-Mail ablaufen, fällt es niemandem auf, dass ich nicht in Deutschland am Computer sitze, sondern in den USA. Ein Kollege rät sogar noch dazu, Skype zu installieren, um dann vom PC aus Telefonate über das Internet führen zu können. Aber darauf verzichte ich erst einmal. Denn jetzt geht es erst einmal wieder darum, das Golf-Bag zu schultern, um 18 Loch auf dem nächstgelegenen öffentlichen Golfplatz laufen zu können. Hier warte ich nur darauf, die so genannte Florida-Golfregel zum Einsatz bringen zu dürfen: Landet ein Golfball auf einem Krokodil, so darf er straffrei heruntergenommen und in zwei Schlägerlängen Abstand gedroppt werden. Ob das Krokodil wohl dabei stillhalten würde?

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