Scheibes Kolumne Mein E-Mail-Tagebuch

stern.de-Mitarbeiter Scheibe schreckt noch davor zurück, einen Spam-Filter auf seinem Rechner einzurichten. Viel zu spannend sind die vielen Nonsens-Mails, die da minütlich neu in seinem Postfach einschlagen.

Dr. Francis Tabo schreibt mir. Er ist irgendein hohes Tier in der Standard Bank von Südafrika. 14,7 Millionen Dollar hat er auf dem Konto eines verstorbenen Deutschen gefunden, der leider keine lebenden Verwandten mehr hat. Das Geld würde demnach auf ewig auf dem Konto versauern, wenn ich nicht als Überraschungserbe auftreten würde, um das Geld an mich zu nehmen. 25 Prozent der Summe würden anschließend mir gehören, wenn ich mein Konto für den betrügerischen Geldtransfer zur Verfügung stellen würde.

Die Nigeria Connection

Jaja, die Nigeria Connection. Sie versucht es halt immer wieder, ahnungslose Schäfchen zu finden, die scharf aufs Geld sind und auf eine solche abenteuerlich ausformulierte Mail eingehen. In der zweiten Stufe müssen die potenziellen Erben nämlich immer Geld vorstrecken, um an die Millionen zu kommen: Geld, das dann sofort weg ist, sobald der Traum vom Erbe platzt. Also verzichte ich lachend auf das Geld von Dr. Francis Tabo. Und hoffe, dass auch alle anderen Anwender so schlau sind.

Derweil schreibt mir auch schon Brayden Miller und schlägt mir vor "Seperate yourself from other men". Zwei junge Frauen sagen mir in der Mail unmissverständlich, dass mein einäugiger Aal viel zu klein ist und ich doch bitte dafür sorgen soll, dass mein Instrument groß und dick genug wird, damit ich Frauen auch wirklich befriedigen kann. Obwohl in meinem gesetzten Alter das Golfen langsam interessanter wird als der Sex, schaue ich doch genauer hin. Denn ein Probant wedelt da in der Mail mit etwas, das aussieht wie eine unterarmdicke und ebenso lange Salami. Himmelherrgott, mein Hund leckt sich schon das Maul. Ich beschließe, dass ich mich auch in Zukunft nicht von der Schwerkraft nach vorne ziehen lassen möchte und setze mir lieber die Zwergenmütze auf. Ich lösche die Mail und schicke ihr auch gleich noch die 30 hinterher, die mit Viagra werben. Wer Medikamente bei einem Spam-Versender im Internet bestellt, muss eh ein paar Schrauben locker haben.

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Tipps von Aktienexperten

Da freue ich mich doch eher über ein paar gute Aktientipps. MKermit schreibt mir, dass die Aktien der Fire Mountain Beverage Company bald durch die Decke gehen werden. Zwei Cents sind sie zurzeit wert und für das Geld könnte ich sie auch in Massen kaufen. Binnen weniger Tage soll der Kurs schon bei 70 Cents liegen, schreibt der mir unbekannte Aktienexperte. Unglaublich, das ist ja das 35-fache des Ausgangswerts. Wenn ich also meine Ersparnisse knacke und 10.000 Euro investiere, dann hätte ich nächste Woche ja schon 135.000 Euro beisammen. Mensch, dann kann ich ja endlich mein Dach reparieren, das Haus streichen lassen und ein neues Familienauto kaufen. Vielleicht sollte ich aber auch darüber nachdenken, warum der Kurs der Aktie zurzeit so niedrig ist, warum ich von dieser Bergbaufirma zuvor noch nie etwas gehört habe und aus welchen Gründen der Kurs schon bald durch die Decke steigen sollte.

Zum Schluss kriege ich doch noch Angst. "Anwalt: Letzte Mahnung" steht da in einer Mail. Oh Graus, ich hab ja nicht mal die erste Mahnung bekommen, geschweige denn die zweite. Oder ist es gar eine Abmahnung? Mit zittrigen Fingern klicke ich die Mail an. Da begrüßt mich dann fröhlich-locker ein neues Online-Casino, das mir einen Willkommensbonus von 555 Euro schenken möchte, wenn ich nur eine Einzahlung vornehme und ein wenig an den virtuellen Slotmaschines zocke. Ich zocke für mein Leben gerne und habe in seriösen Online-Casinos auch schon gutes Geld verloren. Aber - ein Online-Casino, das mich mit Spam volldröhnt und dann auch noch als Eyecatcher mit dem Anwalt droht, kann einfach nicht seriös sein. Ich lösche die Mail und habe durch den virtuellen Anwalt plötzlich schlechte Laune bekommen.

Also Schluss mit lustig: Die übrigen Mails lösche ich ungelesen - und gehe ansonsten wieder an meine Arbeit zurück.

Eine Glosse von Carsten Scheibe, Typemania

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