Scheibes Kolumne Mein Freund Mario

Scheibes beruflicher Weg bis zum Computerjournalisten verlief im Zickzack. Seit zehn Jahren ist er dieser Profession allerdings treu. Sein Freund Mario hingegen macht alle paar Jahre etwas völlig anderes.

Meine Mutter ist noch immer ganz entsetzt. Erst habe ich meine Ausbildung zum Inspektorenanwärter bei der BfA abgebrochen, dann das Germanistik-Studium sausen lassen. Nach dem Diplom zum Bakteriengenetiker bin ich vor zehn Jahren in den Computerjournalismus ausgewichen. "Junge, was soll aus dir nur werden?", heißt es da zu Hause. Und ich antworte: "Mutter, heute ist kein Job mehr für die Ewigkeit. Schau dir meinen Kumpel Mario an."

Zum Beispiel Mario

Mario ist so ein Typ, den man erst auf den zweiten Blick wahrnimmt. Dünn, ein Durchschnittsgesicht, Geheimratsecken. Dann schaut man aber doch genauer hin. Mario strotzt nur so vor Energie und Einfällen. Das erste Mal habe ich Mario bei mir im Garten getroffen. Da hat er im Gartenunternehmen seiner Frau mitgearbeitet und dabei geholfen, Bäume zu pflanzen und Bewässerungssysteme zu verlegen. Nebenbei besorgte er mir meine ersten Fische und Krebse für den Gartenteich. Ein Allroundtalent und Tausendsassa, der bei allen Gartenfragen sofort zur Stelle war. Und mir nebenbei die ersten Maulwurfsgrillen meines Lebens mitbrachte.

Vom Garten an die Tastatur

Doch auf Dauer war das nichts für Mario. Ein paar Monate später telefonierte ich mit einem Webmaster aus Köln – rein geschäftlich. Dabei fiel der Name Mario Ihm Ich war ganz verblüfft: "Meinst du etwa den Mario Ihm aus Falkensee? Der arbeitet doch als Gärtner". "Denkste", meinte mein Gesprächspartner. "Der programmiert Webcam-Protokolle." In der Tat. Mein Mario hatte sich klammheimlich in die Computerszene abgesetzt. Hier programmierte er digitale Kalender und Tools für Windows, stellte Streaming-Software für Webmaster zusammen und traf sich mit vielen Leuten aus der Branche, mit denen ich bereits völlig unabhängig seit Jahren Kontakt hatte. Wir buchten Marios Dienste natürlich auch. Das war bequem: Ein Programmierer, der gleich um die Ecke wohnt. Und der die Sachen notfalls auch mal vorbeibringen kann, wenn sie zu groß für den E-Mail-Anhang sind.

Von der Tastatur ans Aquarium

In den letzten beiden Jahren habe ich Mario ein wenig aus den Augen verloren. Ich wähnte ihn in der Gartenfirma seiner Frau oder weiterhin am Computer sitzend, wo er sich neue PC-Gimmicks ausdenkt. Weit gefehlt. Letztens legte mir meine Frau unseren Lokalanzeiger vor die Nase und tippte mit dem Finger auf einen Artikel: "Guck mal, tolle Idee". Da war von einem Falkenseer Aquarianer die Rede, der den türkischen Kangalfisch nach Deutschland geholt hatte. Richtig, das waren diese kleinen Schuppentiere, die in türkischen Quellen mit Erfolg eingesetzt werden, um Kranken zu helfen, die an Schuppenflechte leiden. Die Fische nagen eifrig die Hautschuppen ab und helfen auf noch ungeklärte Weise dabei, den Heilungsprozess zu beschleunigen.

Ich las mir den Artikel durch und staunte: Man konnte jetzt in Falkensee richtige Kuren besuchen und sich dabei mit den Fischen in die Wanne begeben. Und wer war da zwischen Arzt und Tierarzt auf dem Foto zu sehen? Richtig, mein Kumpel Mario. Der züchtet jetzt die kleinen Doktorfische und hilft so dabei, Schuppenflechten-Kranken die Reise in die Türkei zu ersparen. (Mehr dazu im Internet: www.hautkur.de)

Tun, was Spaß macht

Gärtner, Computerspezi, Heiltherapeut: Drei Berufe in vielleicht fünf Jahren. Mario steht beispielhaft für eine ganz neue Entwicklung: Kein Job existiert mehr für die Ewigkeit. Wer aber Ideen hat und sich auch einmal etwas zutraut, der findet schnell eine neue Beschäftigung. Bei Mario bin ich mir jedenfalls sicher, dass es ihm dabei nicht schlecht geht. Auf mich macht es immer den Eindruck, als würde der Mann stets genau das tun, was ihm gerade Spaß macht.

<a class="link--external" href="mailto:scheibe@typemania.de">Carsten Scheibe</a>

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