Morgens um zwei muss noch ein letzter Artikel fertig werden. Der Layouter schiebt in seiner Wohnung ebenfalls eine Nachtschicht ein - der fertige Artikel muss in der Nacht noch als PDF auf den Server der Druckerei gestellt werden, damit die morgens gleich mit dem Drucken beginnen können. Ja, Deutschland, so hektisch entstehen Fachmagazine.
Pressebereich? Fehlanzeige!
Nun stellen Sie sich vor, dass in dem Artikel noch ein klitzekleines Produktfoto fehlt. Kein Problem, denke ich, das finde ich ja schnell im Web. Total übermüdet und mit Kaffee und Red Bull bei letzter Laune gehalten, klicke ich mich auf die Homepage des Unternehmens, das das von mir vorgestellte Gerät verkauft. Ein Pressebereich ist auf die Schnelle leider nicht auszumachen. Also probiere ich es erst mit den Produktfotos auf der Homepage aus. Aber die sind selbst in Zeiten von DSL noch so winzig, dass man sie einfach nicht drucken kann. Selbst auf der Homepage bieten sie keine erkennbaren Details an. Komisch ist nur, dass die normalsterblichen Onliner aus eben diesem Grund auch keine Möglichkeit haben, sich ein Produkt im Internet einmal genauer anzusehen. Vielleicht würde man ja im Internet mehr Drucker verkaufen, wenn man sich die Geräte auch einmal anschauen könnte.
Doch noch gefunden
Ich entdecke derweil, dass der Pressebereich zum Support gehört - warum auch immer. Aber wie heißt es ja so schön: Wer findet, ist nur zu faul zu suchen. Im Pressebereich finde ich vier Dutzend Pressemitteilungen vor, darunter auch eine zu meinem Produkt. Die Texte sind so trocken, dass es staubt. Und warum? Es sind keine Bilder darin. Nicht einmal am Ende des Textes werde ich darüber informiert, wie ich nun an meine Produktfotos komme - und dann auch noch möglichst hoch auflösend. Das geht - aber es geht zu weit.
Anmelden? Nachts um zwei...
Der Layouter ruft an, aber ich kann ihn noch einmal abwimmeln. Soll er sich doch die Nachtwiederholung von Harald Schmidt anschauen, während ich weiter nach den Fotos suche. Endlich habe ich den Bilder-Pool gefunden. Fröhlich möchte ich mich da schon hineinklicken, als ich lese: "Bitte Passwort eingeben". Wie bitte? Was? Passwort? Ich hab keins. Da steht aber auch noch: "Journalisten können gerne unsere Bilder nutzen. Melden Sie sich bitte HIER an." Anmelden? Als ob da morgens um zwei noch einer bearbeitet. Haben die denn so eine Angst davor, dass jemand ihre Bilder klaut? Wahrscheinlich, um dem Chef auf dem Vorstandsfoto erst einen Schnurbart aufzumalen und um das Ergebnis dann auf die Dartscheibe zu pinnen.
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Da ich auf mein Passwort nicht warten kann, lösche ich den ganzen Artikel einfach wieder und schreibe einen neuen - und zwar gezielt zu einem Foto, das ich auf der Homepage eines anderen Herstellers finde und das ich auch gleich herunterladen kann.
Kontaktscheu
Wird die Presse auf den Firmen-Homepages schon schlecht behandelt, so werden die "normalen" Anwender noch mieser abgefertigt. Ich merke das immer dann, wenn ich versuche, einem Unternehmen eine E-Mail zu schreiben. Die meisten Firmen nennen nicht mehr ihre E-Mail-Adresse im Netz, sondern laden stattdessen ein Web-Formular. Da gibt es ganz bestimmt irgendein vorbereitetes Skript, das alle Webmaster unisono verwenden. Das nimmt eine im Browser aufgesetzte Botschaft entgegen und - löscht sie dann gleich wieder. Ich schwöre Stein und Bein, dass ich noch NIE eine Antwort erhalten habe, wenn ich einen Text in solch ein Formular hineingeschrieben habe. Ausnahmen bestätigen die Regel nur. Wahrscheinlich müsste ich nur hineinschreiben: "Hallo. Kaufe 5000 Ihrer Produkte per Vorauskasse. Bitte melden."
Aber das ist völlig unnötig. Denn wenn es einen Bereich gibt, den alle Firmen im Web pflegen wie sonst was, dann ist das ihr Shop. Sobald es darum geht, mir das Geld aus der Tasche zu ziehen, ist alles perfekt programmiert. Da brauche ich auch kein Passwort, um meine Bestellung abzuschließen. Schade, das wäre ausgleichende Gerechtigkeit gewesen.
Eine Glosse von Carsten Scheibe, Typemania