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Bundesgerichtshof urteilt Facebook muss User vorab über Kontosperrung und gelöschte Beiträge informieren

Facebook App auf einem Smartphone
In einer ersten Reaktion auf das Urteil kündigte Facebook an, weiter mit allen verfügbaren Mitteln gegen Hassrede in Deutschland ankämpfen zu wollen (Symbolbild) 
© Fabian Sommer / DPA
Vor drei Jahren löschte Facebook zwei Beiträge, in denen abschätzig über Migrant:innen geschrieben wurde, und sperrte die beiden Konten. In letzter Instanz entschied der Bundesgerichtshof nun, dass der Tech-Konzern seine Nutzer:innen vor einer Sperre informieren und anhören muss.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Donnerstag eine folgenschwere Entscheidung getroffen. Nach dem Urteil der Richter in Karlsruhe ist Facebook dazu verpflichtet Nutzer:innen zu informieren, wenn ihnen eine Kontosperrung droht, und den Grund dafür nennen. Die Betreffenden müssen vorab auch Gelegenheit bekommen, sich dazu zu äußern, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Donnerstag. Wenn Facebook einzelne Beiträge lösche, müsse das soziale Netzwerk zumindest nachträglich Bescheid geben. (Az. III ZR 179/20 und III ZR 192/20)

Facebook löschte fremdenfeindliche Beiträge wegen Hassrede 

Grundsätzlich dürfe Facebook Nutzer:innen aber "bestimmte Kommunikationsstandards" vorgeben - auch wenn diese über die strafrechtlichen Vorgaben hinausgingen, entschied der BGH. Es ging konkret um zwei Fälle, in denen sich eine Frau und ein Mann in dem sozialen Netzwerk verächtlich, aber nicht strafrechtlich relevant über Migrant:innen geäußert hatten. 

Facebook hatte die Beiträge als Hassrede wegen Verstoßes gegen seine Standards entfernt und die Konten vorübergehend gesperrt. Daraufhin zogen die beiden vor Gericht. Da sie in der Berufung vor dem Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg keinen Erfolg hatten, legten sie Revision beim BGH ein. 

Dieser hob nun die Urteile des OLG auf und änderte sie ab: Facebook muss beide Beiträge wieder freischalten. Es darf die Klägerin auch nicht noch einmal deswegen sperren. Der Vorsitzende Richter Ulrich Herrmann erklärte bei der Urteilsverkündung, dass hier die Grundrechte auf freie Meinungsäußerung und freie Berufsausübung in Ausgleich gebracht werden müssten.

Nutzer haben Anspruch auf Freischaltung

Die Sperr- und Löschregeln vom April 2018 seien unwirksam gewesen, weil sich Facebook darin nicht zur Information der Betroffenen verpflichtet habe und diese vor einer Kontosperrung keine Möglichkeit gehabt hätten, sich zu äußern, teilte der BGH mit. Die Regelungen benachteiligten die Nutzer unangemessen "entgegen den Geboten von Treu und Glauben". Wenn ein Beitrag aufgrund der unwirksamen Geschäftsbedingungen gelöscht worden sei, habe der Nutzer Anspruch auf Freischaltung.

Ein Facebook-Sprecher teilte auf Anfrage mit, Facebook toleriere keine Hassrede und setze sich dafür ein, unzulässige Inhalte zu entfernen. "Wir begrüßen die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach wir grundsätzlich berechtigt sind, Inhalte nach eigenen Richtlinien zu entfernen und die betreffenden Nutzerkonten zu sperren", erklärte er weiter. Facebook werde die Entscheidung sorgfältig prüfen, "um sicherzustellen, dass wir weiterhin effektiv gegen Hassrede in Deutschland vorgehen können."

Bundesgerichtshof urteilt : Facebook muss User vorab über Kontosperrung und gelöschte Beiträge informieren

Sehen Sie im Video: US-Präsident Biden hat seine jüngsten Kommentare zu Facebook zurückgenommen. Er hatte das Unternehmen beschuldigt, die Verbreitung von Corona- Fehlinformationen zu ermöglichen.

jus AFP

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