Es war eine Idee, die sich zur Grundlage der größten Veränderung des Medienmarktes entwickeln sollte: 1997 begann Netflix, seine Kunden über das Internet mit Filmen zu versorgen – indem es DVDs per Post verschickte. Und tut das bis heute. Ende September will man aber einen Schlusstrich ziehen. Für die treuesten Anhänger gibt es nochmal eine Überraschung.
Das verkündete das Unternehmen am Montag bei X, vormals bekannt als Twitter. "Wir werden ab dem 29. September nicht zurückgegebene DVDs nicht mehr in Rechnung stellen", heißt es in dem Post. Stattdessen können sich die Kunden des nur in den USA verfügbaren Angebotes sogar bewerben, noch weitere DVDs zu erhalten. Dazu müssen sie sich nur auf der Webseite der Netflix-Tochter DVD.com für die Aktion registrieren. Und erhalten so die Chance, die alten DVDs umsonst zugeschickt zu bekommen.
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Bis zu 10 geschenkte DVDs
"Ihr könnt bis zu zehn weitere rote Umschläge in eurem Briefkasten finden", heißt es auf der Seite. Ob es klappt, sei aber eine Überraschung. "Ihr werdet nicht wissen, ob etwas auf dem Weg ist, bis es im Briefkasten landet. Haltet die Augen offen und viel Spaß beim Anschauen". Wer nun ganz zufällige Filme befürchtet, wird beruhigt: "Stellt sicher, dass in der Warteschlange eure absoluten Favoriten ganz oben stehen", rät die Seite. Und bietet gleich einen Link zum Bearbeiten der Liste an.
Die Liste war ein wichtiger Kern des DVD-Verleihs: Die Kunden bekamen die DVDs von ihrer Warteschlange nach Verfügbarkeit zugeschickt. Je nach Abo konnte man immer eine bestimmte Anzahl der DVDs zuhause haben. Und bekam erst neue, wenn man die bereits geschauten zurückschickte. Die aktuelle Aktion dürfte vor allem dem Zweck dienen, die Millionen von übrigen gebliebenen DVDs loszuwerden.
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Schwindendes Geschäft
Die Disks in den berühmten roten Umschlägen bildeten die Grundlage von Netflix Streaming-Erfolg. Als Gründer Reed Hastings eine VHS des Films "Apollo 13" nicht zurückgebracht hatte, sammelten sich in seiner Stammvideothek Gebühren von 40 Euro an. Im Fitness-Studio kam ihm dann eine Erkenntnis: Dort konnte er für denselben Preis so viel trainieren wie er wollte. Die Idee für die Online-Filmflatrate war geboren.
Der wahre Durchbruch kam zwar erst mit dem Streaming-Angebot, das DVD-Geschäft lief allerdings noch Jahre weiter. Noch 2020 hatte sich mehr als zwei Millionen Kunden in den USA weiter die Filme als physikalische Datenträger nach Hause schicken lassen, verrriet Hastings gegenüber "Wired". Die Gründe reichen von Gewohnheit bis zu einer schlechten Internetverbindung, die kein Streaming erlaubt. Mehr erfahren Sie hier.
Ende einer Ära
Im April kündigte der Konzern dann das Ende an. Nachdem die Einnahmen durch DVD-Versand immer weiter gesunken waren, entschied sich der Konzern, am 29. September einen Schlussstrich zu ziehen. Hatte man 2020 noch knapp 240 Millionen Dollar mit dem DVD-Versand eingenommen, waren es im ersten Quartal diesen Jahres schon nur noch 32 Millionen Dollar. Aufs Jahr gerechnet wäre das eine erneute Halbierung.
Das Geschäft zu retten, habe man als Zeitverschwendung gesehen, sagte Mit-Geschäftsführer Ted Sarandos im Frühjahr dem "Hollywood Reporter". "Wir haben damit keine Minute verschwendet", erklärte er. "Unsere Zukunft war klar das Streaming. Und jede Bemühung das DVD-Geschäft zu retten, war besser im Versuch investiert, das Streaminggeschäft aufzubauen."
Quellen: Netflix, Wired, Hollywood Reporter,