Wie genau haben Sie Ihre Kontobewegungen im Auge? Bei den meisten Menschen dürften zumindest Kleinstabbuchungen kaum auffallen. Genau das hat sich eine Bande für ihre Abzockmasche zunutze gemacht. Und mit einem ausgeklügelten System Hunderte Millionen eingenommen.
Das berichtet das BKA. In gemeinsamen mehrjährigen Ermittlungen mit internationalen Strafverfolgungsbehörden hat die deutsche Bundespolizei einen Betrugsring hochgenommen, der Opfer in 193 Ländern um ihr Erspartes brachte. Deutschland spielte dabei eine besondere Rolle.
Gigantische Online-Abzocke
Die Masche war enorm ertragreich. Über 300 Millionen Euro wurden nachweislich von den Konten abgebucht. Allerdings hätte der Schaden noch deutlich größer ausfallen können: Dem BKA zufolge wurden insgesamt Buchungen in Höhe von mehr als 750 Millionen Euro versucht – viele scheiterten aber, etwa weil die Kreditkartendaten veraltet waren. Die Behörden konnten dennoch allein in Deutschland Vermögenswerte im Wert von mehr als 35 Millionen Euro beschlagnahmen.
Nach aktuellem Ermittlungsstand nutzten die Betrüger zwischen 2016 und 2021 die Daten von mehr als 43 Millionen Kreditkarten, um damit über 19 Millionen Abonnements für fingierte Online-Angebote wie Streamingdienste oder Datingseiten abzuschließen. Dazu betrieben sie 2000 Webseiten und über 500 Tarnfirmen.
Echte Leistungen boten diese nicht, sie dienten lediglich als Vorwand, um regelmäßig die Karten zu belasten. Um keinen Verdacht zu erregen, wählten die Betrüger kleine Beiträge, zudem setzten sie auf "kryptische" Verwendungszwecke, erklärt das BKA. So sollte ein zufälliges Entdecken der fälschlich erfolgten Abbuchungen verhindert werden.
Großaktion: Viele Durchsuchungen in Deutschland
Erste Verdachtsmomente gab es bereits Ende 2020, die Ermittlungen dauerten dann wegen der komplexen Finanzkonstrukte allerdings fast fünf Jahre.
Bei der treffend "Chargeback" genannten Aktion (deutsch: Rückbuchung) durchsuchten die Behörden mehr als 60 Objekte in Deutschland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Spanien, Zypern, den Vereinigten Staaten, Kanada und Singapur. 18 Personen wurden festgenommen. Deutschland stand dabei besonders im Fokus: 29 der durchsuchten Objekte sind auf deutschem Boden.
Das hat einen einfachen Grund: Um das Geld zu waschen, verschaffte sich die Bande Zugang zu den Systemen von vier deutschen Zahlungsdienstleistern. Sechs der Verdächtigten arbeiteten den Behörden zufolge als Angestellte dieser Unternehmen und sorgten dort dafür, dass die falschen Zahlungen nicht auffielen. Dazu wurde etwa eine manipulierte Version einer Software genutzt, die Risiken bei Zahlungsvorgängen bewertet.
Sind Sie betroffen?
Für Konsumenten ist es teilweise schwierig zu erkennen, ob sie Opfer der Betrugsmasche gewesen sind. "Warnsignale sind etwa ungewöhnliche oder wiederkehrende Abbuchungen, kryptische Buchungstexte, fehlende Kontaktdaten oder Webseiten, die nur über direkte Links erreichbar sind", erklärt das BKA. Und spricht eine klare Warnung aus: "Seriöse Anbieter verlangen keine Vorauszahlungen für Gewinne und setzen Verbraucher nicht unter Zeitdruck."
Der klare Ratschlag: "Im Zweifel gilt: Keine persönlichen Daten eingeben, keine Zahlungen leisten und Kreditkartenabrechnungen regelmäßig überprüfen."
Besteht der Verdacht, rät das BKA dazu, den Zahlungsdienstleister so schnell wie möglich zu kontaktieren, um eine Rückbuchung zu veranlassen. Auch das Sperren der Karte über die Hotline 116116 wird empfohlen. Zudem sollte eine Strafanzeige erwogen werden.
Immerhin gibt es eine gute Nachricht: Die verantwortliche Generalstaatsanwaltschaft Koblenz hat nach Angaben des BKA veranlasst, die beschlagnahmten Vermögenswerte für eine Entschädigung der Betroffenen einzusetzen. Das wird allerdings erst nach einer Verurteilung der Täter möglich sein.
Quellen: BKA, Pressemitteilung, Wirtschaftswoche