Die amerikanische Video-Suchmaschine Blinkx fordert Google heraus und startet heute ein europäisches Angebot in vier Sprachen, darunter auch Deutsch. Die Firma, die in San Francisco und London beheimatet ist, spezialisiert sich darauf, Filmclips im Internet zu finden und nutzt dazu eine eigene Technik, die bessere Treffer liefern soll als andere Suchmaschinen. "Wir verstehen bei jedem Video genau, worum es geht", erklärt Blinkx-Gründer Suranga Chandratillake. Während Video-Suche traditionell auf Stichwörtern basiert, die beschreiben, wovon die Filme handeln, lässt Blinkx etwa 40 Großrechner pausenlos fernsehen: Alle Videos, die die Suchmaschine im Netz findet, schauen die Computer an und erstellen einen Schlagwortkatalog des Inhalts. Spezielle Software wertet dazu mit Hilfe von Spracherkennung die Tonspur des jeweiligen Videos aus.
Das Ergebnis, sagt der Blinkx-Chef, sei "der weltgrößte Index" für Online-Videos: eine genaue Analyse von 14 Millionen Stunden YouTube, BBC-Nachrichten, Amateurfilmen und Profi-Programmen aus diversen Quellen im Internet. Und während andere Suchmaschinen nur eine ungefähre Ahnung vom Inhalt der Videos hätten, "wissen wir in jeder Sekunde, was passiert", sagt Chandratillake. Bisher war das Angebot auf Englisch beschränkt, nun kommen Deutsch, Französisch, Italienisch und Spanisch hinzu, damit Blinkx-Nutzer künftig auch Programme vom ZDF, RTL, Eurosport und anderen finden. "Europa ist voller technikfreudiger Menschen, die mit Begeisterung Online-Videos entdecken", begründet Chandratillake, ein Brite indischer Herkunft, die Entscheidung seiner Firma, zunächst in Europa zu expandieren statt in Asien.
Steigendes Interesse am Internet-TV
Laut einer Studie des Marktforschers Jupiter Research sieht derzeit etwa ein Fünftel der Deutschen, Briten und Franzosen im Internet fern - mit stark steigender Tendenz: Seit vorigem Herbst hat sich die Zahl der Zuschauer im Netz verdoppelt. Sollte der Trend anhalten, könnte es "ein Mainstream-Phänomen" werden, Videos im WWW anzuschauen, spekulieren die Jupiter-Analysten. Die Deutschen hinken im Vergleich mit ihren Nachbarn allerdings hinterher: Lediglich 14 Prozent der Befragten nutzten im Frühjahr, zum Zeitpunkt der Studie, Online-Videos - in Frankreich waren es doppelt so viele, in Großbritannien 15 Prozent.
YouTube ist für viele der Hauptgrund zum Einschalten: In den USA stammt etwa die Hälfte aller Videos, die am PC angeschaut werden, von der Internet-Glotze, die seit Ende vorigen Jahres zum Google-Imperium gehört. Im Juli kam YouTube auf 66 Millionen Zuschauer, berichtet der Marktforscher Comscore. Blinkx sehe sich nicht als YouTube-Konkurrent, sondern als "Wegweiser zu allen Video-Angeboten im Internet", sagt Firmengründer Chandratillake. "Es gibt viel mehr zu entdecken als Amateur-Videos." Damit tritt Blinkx allerdings immer noch gegen die YouTube-Mutter Google an, wenn es um die reine Video-Suche geht - zumal die Firma auch mit Ask.com zusammenarbeitet, der Nummer vier unter den US-Suchmaschinen. Derzeit hat Blinkx nach eigenen Angaben etwa vier Millionen Nutzer im Monat.
Maßgeschneidertes Fernsehen
In Zukunft, wenn Fernsehen und Internet weitgehend verschmelzen, will Blinkx damit punkten, Nutzern immer genau das zu präsentieren, wonach ihnen der Sinn steht - und im Gegenzug Anzeigenkunden die Chance geben, genau jene Zielgruppe zu erreichen, die sich für ihre Produkte interessiert. Dazu arbeitet die Firma an einer neuen Software namens "BBTV" (Blinkx Broadband TV), mit der sich das Anschauen von Online-Videos stärker anfühlt wie das Herumzappen im Fernsehen auf dem heimischen Sofa: Es gibt Kanäle wie Sport, Nachrichten und Unterhaltung, und die Videos lassen sich als Vollbild anzeigen. Per Suchfunktion "können die Zuschauer zu jedem Punkt in der Show springen", verspricht Chandratillake, und wer will, kann sich von Blinkx ein Programm zusammenstellen lassen, maßgeschneidert auf die persönlichen Vorlieben.
Im Gegenzug allerdings sollen Werbekunden die Chance bekommen, sich punktgenau in jedes Video einzuklinken: Wer einen Clip schaut, in dem es um Ibiza geht, muss damit rechnen, dass eine Info-Box mit Angeboten von Reiseveranstaltern auf dem Bildschirm erscheint - eine Einladung des Werbekunden, per Mausklick die Website zu besuchen, um mehr zu erfahren. "Das ist das Schöne an diesem Modell: Es kombiniert das Beste aus Fernsehen und Internet", schwärmt Chandratillake. Allerdings, so räumt er ein, biete sich diese Art der Werbung eher für Informations-Programme als Unterhaltung an: "Wenn Sie einen James-Bond-Film sehen, wollen Sie nicht unterbrochen werden", sagt er, aber bei vielen Clips im Internet gehe es um Tipps und Anleitungen zu Service-Themen. "Das wird wegen YouTube häufig übersehen. Wir können zu jedem Artikel, den Sie lesen, ein passendes Video finden."
BBTV soll noch vor Jahresende an den Start gehen. Die populärsten Programme, das steht schon fest, dürften Nachrichten sein - vor allem aus der Welt der Stars und Sternchen. "Die meisten Leute suchen nach Nachrichten", sagt Chandratillake, "und oft geht es um Prominente. Britney Spears etwa - berühmt dafür, ohne Unterwäsche aus dem Haus zu gehen. Es vergeht praktisch kein Tag ohne Britney oder Lindsay Lohan, und wenn Sie sich unsere Suchanfragen anschauen, sind die beiden wesentlich beliebter als Paris Hilton."