Computerwissenschaftler der Universität von Kalifornien (UCLA) verbanden vor 35 Jahren zwei ihrer dicken Rechner mit einem fünf Meter langen Kabel, um eine neue Form des Datenaustauschs zu testen: Damit begann eine Entwicklung, die zu dem heute die ganze Welt umspannenden Internet führte. An seinem Ausbau wird weiter gearbeitet, das Netz soll schneller und sicherer werden.
Bedeutungslose Testdaten wurden übermittelt
Stephen Crocker und Vinton Cerf gehörten zu den Studenten, die am 2. September 1969 gemeinsam mit Professor Len Kleinrock in dem Labor waren, in dem bedeutungslose Testdaten zwischen den beiden Rechnern flossen. Bis Januar waren drei weitere Knoten an das "Netz" angeschlossen. Dann kam ein paar Jahre später die E-Mail hinzu, Ende der 70er Jahre folgte das Protokoll TCP/IP, in den 80er Jahren entstanden die Domain-Verwaltung und das World Wide Web.
Crocker arbeitet weiter am Internet, beim Verwaltungsgremium ICANN ist er für Sicherheitsfragen zuständig. Er hält die Entwicklung des Datennetzes für noch lange nicht abgeschlossen, besonders was die Verbreitung von Multimedia-Inhalten angeht. Cerf, der derzeit für das Kommunikationsunternehmen MCI arbeitet, wünscht sich nach eigenen Worten, er hätte das Internet mit eingebauten Sicherheitsmechanismen entwickelt. Zu Cerfs aktuellen Projekten gehören die Entwicklung von IPv6, der nächsten Generation des Internet-Protokolls für Web-Adressen, und in Zusammenarbeit mit der NASA die Ausweitung des Netzes ins All zur besseren Kommunikation mit Raumfahrzeugen.
Der Platz für neue Internet-Adressen wird immer kleiner
Während Techniker weiter an der Fortentwicklung des Internet arbeiten, bauen sich Forscher und Universitäten eigene neue und vom Internet unabhängige Datennetze auf. Das ist notwendig, weil die von ihnen verschickten Datenmengen, zum Beispiel in der Klima- oder Proteinforschung, so groß sind, dass dies über das Internet in vernünftiger Form gar nicht möglich wäre. Denn hier müssen sie sich den Platz mit Milliarden von Mails, darunter vor allem Spam, sowie mit Gigabytes an Musik- und Video-Files teilen.
Das Beispiel IPv6 zeigt, dass notwendige Änderungen im Internet heute nicht mehr so einfach zu verwirklichen sind wie vor 35 Jahren. IPv6 hätte schon vor fünf Jahren zum Standard werden sollen, stattdessen verwenden die meisten Programme und Geräte aber weiter ie ältere Version 4 des Internet-Protokolls, IPv4, obwohl damit der Platz für neue Internet-Adressen immer kleiner wird.
Der Druck auf die offene Struktur des Internet wächst
Auch von anderer Seite gibt es Widerstand gegen Veränderungen. So wenn es um den Schutz von Urheberrechten auf Musik und Videos im Internet oder die Begehren von Regierungen geht, ihre Bürger stärker zu überwachen und Nachrichten zu zensieren. Anfang August erklärte die US-Rundfunk- und Fernmeldebehörde (FCC), dass Internet-Telefongespräche für Behörden ebenso zugänglich sein müssten wie Mobilfunk- und Festnetzverbindungen. Das bedeutet, dass Internet-Anbieter Möglichkeiten für das Abhören von Internet-Telefonaten schaffen müssen.
Jonathan Zitterai, Professor am Zentrum für Internet und Gesellschaft an der Universität Harvard, sieht in solchen Begehrlichkeiten nur den Anfang einer schleichenden Entwicklung: In dem Maße, wie der äußere Druck auf die offene Struktur des Internet wächst, schwindet der Freiraum für Experimente und Innovationen. Und schließlich ist auch das World Wide Web aus einem nicht genehmigten Projekt im Kernforschungszentrum CERN in Genf entstanden.