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Bezahlen Kontaktlos statt Bargeld? Wie die Coronakrise unser Bezahlverhalten verändert

Mit dem Coronavirus ändert sich auch das Einkaufen - und das Bezahlen
Mit dem Coronavirus ändert sich auch das Einkaufen - und das Bezahlen
© zoranm / Getty Images
Während in anderen Ländern die Kartenzahlung längst Standard ist, gelten die Deutschen als Bargeld-Nation. Doch durch die Coronakrise verschieben sich die Verhältnisse. Wird kontaktlos nun das neue bar?

"Kartenzahlung erst ab 10 Euro", "Keine Kartenzahlung", "Nur Bargeld möglich" – während solche Schilder in vielen unserer Nachbarstaaten undenkbar wären, gehörten sie in deutschen Läden, Cafés und Kiosks zum Alltag. Doch die Vorliebe zum Bargeld kippt gerade gewaltig – und das Coronavirus könnte in Deutschland den Trend zugunsten der bargeldlosen Zahlung befeuern.

"Der Trend ging schon im letzten Jahr klar in diese Richtung, vor allem das kontaktlose Bezahlen boomte", weiß Ralf Gladis zu berichten. Sein Unternehmen Computop versorgt unzählige Onlineshops und viele große Ladenketten mit Bezahlsystemen. 2019 seien schon 4,5 Milliarden Transaktionen mit einem Gesamtvolumen von 211 Milliarden Euro in Läden mit Karte gezahlt worden.

Kontaktloses Bezahlen boomt

Alleine die kontaktlosen Zahlungen waren um 88 Prozent nach oben gegangen. "Und dieses Jahr steigt es noch stärker. Alleine im März waren es durch die Corona-Krise nochmal 33 Prozent", berichtet Gladis. Jede fünfte Karten-Zahlung wird demnach mittlerweile mit einer kontaktlosen Karte abgewickelt, die anderen Zahlungen verteilen sich auf 37 Prozent mit herkömmlichen EC-Karten mit Pin, 33 Prozent mit Unterschrift sowie 10 Prozent Kreditkartenzahlungen. Auch das Bezahlen mit dem Smartphone nähme zu, wenn es auch immer noch ein Nischenphänomen sei.

"Wir können bestätigen, dass die Zahl der bargeldlosen Zahlvorgänge derzeit deutlich wächst", erklärte die Supermarkt-Kette Edeka auf Anfrage. "Dazu zählt in erster Linie die Kartenzahlung mit EC-Karte oder Kreditkarte. Gleichzeitig nutzen aber auch immer mehr Kunden die Möglichkeit des kontaktlosen mobilen Bezahlens mit dem Smartphone". Die Konkurrenten bestätigen die Entwicklung. "Wir beobachten in den Märkten von Aldi Nord aktuell den Trend, dass die bargeldlosen Zahlungen insgesamt zunehmen." Auch die Rewe-Gruppe bestätigt einen "leichten Trend, dass Kunden eher mit der Karte bezahlen."

Eier im Eierkarton

Konkrete Zahlen nennt nur Aldi Süd. "Im März wurden bei Aldi Süd durchschnittlich rund 40 Prozent der Zahlungen mit Karte getätigt, etwa 42 Prozent dieser Zahlvorgänge erfolgten kontaktlos. Im Vergleich zum Anfang des Jahres geht damit der Trend zur Kartenzahlung deutlich nach oben. So verzeichnen wir bei Kartenzahlungen einen Anstieg von rund 20 Prozent und beim kontaktlosen Zahlen eine Erhöhung um fast ein Drittel", erklärt der Discounter-Gigant. 

Werbung für die Kartenzahlung

Der Anstieg hat sicher auch damit zu tun, dass viele Märkte die Möglichkeit des kontaklosen Zahlens aktiv mit Schildern und Durchsagen bewerben. "Durch das Bezahlen mit Karte oder Handy wird der direkte Kontakt zwischen Kunde und Mitarbeiter, der beim Austausch des Bargeldes im Rahmen des Bezahlvorganges entsteht, vermieden und ein gewisser Abstand gewahrt", erklärt Aldi Nord das Vorgehen. "Dies kommunizieren wir nicht nur in unseren Filialen, sondern auch über unsere digitalen Kanäle sowie über Social Media", so Aldi Süd. Auch Edeka wirbt neben den Läden auf Facebook und Instagram für die berührungsfreien Zahlungen.

Eines wollen die Supermarkt-Ketten aber nicht: das Bargeld abschaffen. Unisono betonen sie, dass ein Aussetzen der Bargeldzahlung für sie nicht in Frage kommt. "Im Hinblick auf die präferierten Bezahlverfahren werden wir unsere Kunden nicht bevormunden, das Bezahlen mit Bargeld ist in unseren Märkten unverändert möglich", betonte etwa Rewe – und wies sogar darauf hin, das Ansteckungen über Scheine oder Münzen enorm unwahrscheinlich seien.

Der Effekt bleibt

Trotzdem dürfte die vermehrte Gewöhnung an kontaktlose Zahlungen auch auf Dauer eine Veränderung des Kundenverhaltens bewirken, glaubt Gladis. "Einfach weil die Kunden entdecken: Das ist ja unheimlich bequem und schnell. Und es dann eben auch weiter nutzen." Dafür dürfte auch eine gerade eingetretene Änderung sorgen: Bei Zahlungen mit kontaktlosen Karten ist bisher erst bei Beträgen über 20 Euro eine PIN-Eingabe erforderlich. Seit dieser Woche wird das Limit in Hamburg, Kassel, Frankfurt und München zunächst testweise auf 50 Euro erhöht. "Das dürfte in unheimlich vielen Fällen das Eingeben einer PIN unnötig machen, selbst bei etwas größeren Einkäufen oder künftigen Restaurantbesuchen", glaubt Gladis. 

Und auch an anderer Stelle erwartet er eine bleibende Veränderung. "Der Offline-Handel ist in einem noch nie gekannten Maße eingebrochen. Bisher macht der Online-Sektor nur 20 Prozent der allgemeinen Nachfrage aus, wir rechnen damit, dass sich dieser Anteil in der Krise auf 40 Prozent verdoppelt. Und weil die Kunden sich an die Bequemlichkeit gewöhnen, wird der Offline-Handel auch danach nur einen Teil dieser Käufe zurückgewinnen können." 

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