Dass Elon Musk ein Getriebener ist, kann man kaum übersehen. Immer wieder sorgt er mit Aussagen für Aufmerksamkeit, die zwischen Vision und Übermut schwanken. Schon länger gibt es Berichte, dass dabei auch sein als "besorgniserregend" beschriebener Drogenkonsum eine wichtige Rolle spielt. Selbst seine Aufsichtsräte scheinen ihn nicht bremsen zu können. Im Gegenteil.
Vor allem bei Tesla und SpaceX ist man sich des offenbar zunehmenden Drogenkonsums Musks wohl sehr bewusst – auch in der Aufsichtsratssebene. Doch statt seine Eignung als CEO zu prüfen, scheint man dort eher selbst zum Mitmachen zu tendieren. Das berichtet das "Wall Street Journal" unter Berufung auf zahlreiche Quellen in den Führungsetagen mehrerer Firmen Musks.
Medizin und Partydroge
Den Augenzeugen zufolge hat Musk in den letzten Jahren eine zunehmende Kultur des Drogenkonsums etabliert. Immer wieder sei er mit Aufsichtsräten und Vorstandsmitgliedern auf Partys oder Reisen gewesen, bei denen dann – auch größere Mengen – Rauschmittel wie Kokain, LSD, Ecstasy oder Ketamin konsumiert würden.
Aus seinem Konsum von Ketamin macht Musk nicht mal ein Geheimnis. Er habe kleine Dosen des Sedativums gegen seine Depressionen verschrieben bekommen, erklärte Musk bereits im Sommer bei Twitter. Auf Partys soll er mittels eines Inhalators aber auch deutlich größere Dosen als Rauschmittel konsumiert haben, berichteten Zeugen.
Drogenkultur im Aufsichtsrat
Dabei soll aber nicht nur Musk Drogen nehmen. Es gebe im engeren Kreis des Multimilliardärs eine regelrechte Erwartungshaltung, dass man mit konsumieren würde, sagten mehrere Zeugen der Zeitung. Auch Aufsichtsräte von Tesla und SpaceX berichteten demnach von Befürchtungen, aus Musks Gunst zu fallen, wenn man die angebotenen Rauschmittel ablehnt.
Neben Musk sollen etwa auch seine Geschäftspartner und ehemalige und aktuelle Aufsichtsratsmitglieder Steve Jurvetson, Antonio Gracias sowie sein ebenfalls im Tesla-Aufsichtsrat sitzender Bruder Kimbal Musk regelmäßig illegale Drogen zu sich genommen haben, berichteten Augenzeugen der Zeitung.
Nähe zum Aufsichtsrat
Dass Musk die Grenzen zwischen Kollegen und Privatleben nicht besonders scharf zieht, ist bekannt. Immer wieder besetzt er Führungspositionen mit langjährigen Weggefährten, verbringt Feierabende und Urlaube mit Geschäftspartnern.
An der Wall Street wird das zunehmend kritisch gesehen. Vor allem die große Nähe zu den Aufsichtsräten seiner Firmen ist manchen Aktionären ein Dorn im Auge. Der Verdacht: Durch die große Nähe zu Musk würde es den eigentlich neutralen Mitgliedern der Aufsichtsräte nicht ausreichend gelingen, den als oft schwierig und eigenwilligen Musk zu bändigen. Aufsichtsrats-Mitglieder, die sich gegenüber Musk tatsächlich neutral oder gar kritisch verhalten, halten ihre Position in der Regel deutlich kürzer.
Enge Verflechtungen
Neben dem gemeinsamen Drogenkonsum werden auch die ungewöhnlich engen finanziellen Verflechtungen zwischen einigen Aufsichtsräte und Vorstandsmitgliedern kritisch gesehen. Jurvetson und Gracias sind ebenso wie die Investoren Ira Ehrenpreis, James Murdoch und Larry Ellison in einem regelrechten Geflecht gegenseitiger Investments miteinander verbunden. Bei Tesla kommt eine weitere Komponente hinzu: Weil der Autokonzern seine Aufsichtsräte in erster Linie in Aktien bezahlt – ein ebenfalls ungewöhnliches Vorgehen – haben die Aufsichtsrats-Mitglieder mit dem steil steigenden Aktienkurs teilweise ein Vermögen mit dem Musk-Unternehmen verdient.
Das sorgt aktuell für Ärger mit den Aufsichtsbehörden. Ein Gericht in Delaware hat letzte Woche entschieden, Musks extrem großzügiges Bezahlungs-Paket zu blocken, dass der Aufsichtsrat 2018 beschlossen hatte. Die Entscheidungsprozesse hinter dem Paket seien durch "schwere Mängel" belastet, Musks enge Bindung an die Aufsichtsräte erlaube es ihnen nicht, die gebotenen neutralen Entscheidungen über ihn zu treffen, so das Gericht. Musk habe eine viel zu große Rolle bei der Entscheidung über seine eigene Entlohnung gespielt.
Sorge im nächsten Umfeld
Auch Musks Drogenkonsum wird zunehmend kritisch bewertet – auch in seinem Umfeld. Larry Ellison, Oracle-Gründer, ehemaliger Tesla-Aufsichtsrat und nach eigener Aussage "sehr enger Freund" Musks, hatte bereits 2022 Befürchtungen geäußert, dass der Drogenkonsum des Tesla-Chefs außer Kontrolle gerate, so die Zeitung. Ellison habe Musk in seine Villa auf Hawaii eingeladen, um etwas vom Arbeitsstress herunterzukommen – und auszunüchtern. Sogar ein Entzug sei im Umfeld Musks vorgeschlagen worden. Allerdings ohne Erfolg.
Musk selbst ließ indes über seinen Anwalt erklären, dass er sich regelmäßigen Drogentests unterziehen würde und noch nie durchgefallen sei. Anlass der Praxis war demnach ein Auftritt im Podcast von Joe Rogan, in dem Musk 2018 vor den Augen der Öffentlichkeit Marihuana konsumiert hatte.
Überbewertet
Pläne, sich aus der Führung seiner Firmen zurückzuziehen, hat Musk offenbar keine. Zuletzt hatte er im Gegenteil versucht, noch mehr Macht zu erlangen. Sollte er keinen Aktienanteil von 25 Prozent erhalten, würde er seine KI-Projekte lieber bei einem anderen Unternehmen vorantreiben, hatte er zuletzt den Tesla-Aufsichtsrat zu erpressen versucht.
In der Branche wird Musks Gehabe indes wenig gewürdigt. In einer Umfrage sollten die Entscheider der großen US-Konzerne entscheiden, welcher Firmenchef der fähigste ist. Musk landete mit großem Abstand auf dem ersten Platz – in der Kategorie des "überbewertetsten CEO".
Quellen: Wall Street Journal, Fortune