Skurrile Wendung Dieser Schmuck soll vor 5G-Strahlung schützen. Nun stellt sich heraus: Er ist radioaktiv

Das Medaillon soll vor Strahlen schützen. Tut es aber nicht - im Gegenteil
Das Medaillon soll vor Strahlen schützen. Tut es aber nicht - im Gegenteil
© ANVS
Die Angst vor dem Mobilfunk-Standard 5G treibt seltsame Blüten. Mit Schmuck sollten sich die Träger vor der Strahlung schützen, versprach ein Hersteller. Und setzte sie einer viel größeren Gefahr aus.

Wohl selten hat die Einführung einer neuen Technologie für so viel Gegenwind gesorgt wie beim neuen Mobilfunkstandard 5G. Schon lange bevor die Provider ihre Netze umzustellen begannen, protestierten in zahlreichen Ländern Bürger gegen den neuen Standard, fürchteten Krankheiten und Gedankenkontrolle. Zahlreiche Hersteller begannen daraufhin, mit fragwürdigen Verkaufsversprechen Produkte unter die besorgten Kunden zu bringen. Mehrere der Produkte stellen sich nun selbst als gefährlich heraus.

Davor warnt die niederländische Nuklearbehörde ANVS. Demnach seien ausgerechnet in zehn Produkten, die vor Strahlung schützen sollen, bedenkliche Mengen an radioaktiven Materialien gefunden worden. Es handelt sich um Armbänder, Anhänger und sogar eine Schlafmaske, die als "Anti-Ionisch" oder "Quantum" beworben wurden, so die Behörde. Auch ein explizit an Kinder gerichtetes Armband war darunter. Einige der Produkte, etwa das "Quantum Pendant", ein Steinanhänger, ist als Import auch in Deutschland zu erwerben. Eine volle Liste der nachweislich radioaktiven Produkte finden Sie hier.

Strahlung statt Schutz davor

Eine akute Gefahr sehen die Behörden allerdings nicht. Das Strahlungsniveau sei zwar erhöht, aber immer noch gering. Eine Gefahr gehe vor allem deshalb davon aus, weil man die Anhänger und Ketten lange Zeit nah am Körper trage. "Sie geben kontinuierlich ionisierte Strahlung ab. Da die Träger dem ausgesetzt sind, kann es einen negativen Effekt auf ihre Gesundheit haben", warnt die ANVS. Um die erlaubte Menge an Strahlung in den Niederlanden zu überschreiten, müsse man die Anhänger ein Jahr lang durchgehend tragen. Das durch die Produkte ausgehende Krebsrisiko ist demnach erhöht, wird aber entsprechend als gering bewertet.

Die niederländischen Behörden haben trotzdem durchgegriffen: Sämtlicher Handel mit den als problematisch bewerteten Produkten sei untersagt worden, man habe die Anbieter kontaktiert, erklärten die Behörden. Es sei indes nicht ausgeschlossen, dass nicht noch weitere Produkte dieser Art oder dieser Hersteller gefährlich seien. Besitzer entsprechender Gegenstände sollten sie unverzüglich ablegen und die Behörde kontaktieren, um sie prüfen zu können, so der Rat. Im Zweifel solle man die Produkte nicht mehr tragen, sondern sie in der Verpackung oder einem geschlossenen Säckchen im Schrank aufbewahren. "Dann kann die leichte Strahlung keinen Schaden anrichten."

Die vermeintlichen Schutzprodukte haben in den letzten Jahren immer mehr an Beliebtheit zugenommen. Schon letztes Jahr gab es Berichte, nach denen die Nachfrage nach Schutzgehäusen für Router zunahm, mit denen man sich vor Strahlung schützen konnte. Tatsächlich funktionieren die Geräte zwar - aber völlig anders, als sich die Verschwörungsgläubigen das dachten. Ein weiteres Produkt stellte sich schlicht als Betrug heraus: Ein für 390 Euro verkauftes Gerät versprach, 5G-Strahlung abwehren zu können. Von skeptischen Behörden geprüft stellte sich der teure Schutz-Schirm aber als einfacher USB-Stick heraus.

Diskussion um Schädlichkeit von 5G – Langzeitstudien fehlen
Diskussion um Schädlichkeit von 5G – Langzeitstudien fehlen
© Christin Klose / DPA
Experten erklären: Ist 5G-Strahlung gesundheitsgefährdend?

5G macht Angst

Die Einführung der 5G-Technologie hat weltweit für Verunsicherung gesorgt, die schnell in Verschwörungstheorien mündeten. Dabei half auch nicht, dass die Technologie von der Weltgesundheits-Organisation WHO als unbedenklich bewertet wird. Als etwa durch den weitgehend stillgelegten Flugverkehr in den ersten Monaten der Corona-Pandemie die als "Chemtrails" verschrienen Kondensstreifen von Flugzeugen vom Himmel verschwanden, wurde schnell das 5G-Netz zur neuen Gedanken-Kontroll-Technologie erklärt. In der Folge wurden nicht nur immer wieder Funkmasten in Brand gesetzt, sondern teilweise auch die Arbeiter attackiert, die sie aufstellten. Den Gipfel erreichte die Verschwörungs-Geschichte, als es hieß, das Coronavirus werde durch 5G ausgelöst, alternativ soll bei der Impfung ein 5G-Chip verpflanzt werden.

Microsoft-Gründer Bill Gates, der wegen seiner Unterstützung mehrerer am Impfstoff beteiligter Unternehmen und seiner jahrelangen Warnungen vor den Gefahren einer Pandemie besonders oft in den Fokus der Verschwörer gerät, brachte seine Verzweiflung mit einem einfach Satz auf den Punkt: "Man kann es kaum noch leugnen, so dumm ist es", erklärte er letztes Jahr irritiert. Schauspieler Ryan Reynolds machte sich lieber über die Verschwörer lustig. "Endlich habe ich 5G", schrieb er bei einem Instagram-Post. Seine eigentliche Nachricht: Er hatte seinen Impfschutz erhalten.

Quelle: ANVS

mma

PRODUKTE & TIPPS