Es ist ein bisschen so, wie wenn man einem begnadeten Dirigenten beim Konzert zuschaut. Beim Twittern stichelt er ein bisschen hier, kitzelt dort die Zwerchfelle seiner Follower und haut plötzlich in die Pauken, wenn es einen vermeintlichen Gegner zu beleidigen gilt. Stets bedacht auf die maximale Wirkung der kurzgehaltenen Botschaften. Wie geschickt Musk dabei vorgeht, fällt vor allem auf, wenn man ihn mit weniger talentierten Twitterern vergleicht. So wie seinem Konkurrenten Jeff Bezos.
Seit Musk quasi aus dem Nichts ankündigte, den Kurznachrichtendienst zu kaufen, ist plötzlich auch sein Vorgänger als reichster Mensch der Welt dort erheblich aktiver geworden. Offenbar will auch er etwas Rampenlicht für seine Selbstdarstellung abgreifen. Doch mit jedem seiner Tweets beweist Bezos vor allem, dass der lässige Spagat zwischen Genie und Wahnsinn, der Musk für seine Fans so attraktiv macht, einfach nicht in ihm steckt.
Steife PR statt lockeres Trollen
Während Musk oft eher zu sehr über die Stränge schlägt, geht Bezos ins andere Extrem. Selbst wenn er zu Themen offenbar leidenschaftlich ist, schafft er es, sie wie eine Strafarbeit wirken zu lassen. Beispiel gefällig? "Slideshow-Präsentationen können flaches Denken verstecken. Narrativ strukturierte Notizen sind schwerer zu schreiben, weil sie besseres Nachdenken erfordern. Das ist es aber wert", echauffierte er sich etwa vor vier Tagen über Powerpoint und Co. Und brachte vermutlich einen großen Teil seiner Leser zum Einschlafen. Die verpassten dann den Versuch, Twitter einen mitzugeben. "Wie bearbeitet man einen Tweet, ach stimmt ja", versuchte Bezos nach einem Fehler im Powerpoint-Tweet wegen der fehlenden Editier-Funktion zu sticheln. Und wirkte nur noch steifer.
Zwei Tage später zeigte Musk, wie das Spiel mit der Aufmerksamkeit auf Twitter funktioniert. Nachdem Musk angekündigt hatte, mit einem eigenen Team die wahre Anzahl von Bots auf der Plattform herauszubekommen, hatte der Noch-Chef Parag Agrawal in einem Thread erklärt, warum das ohne Insider-Informationen kaum zu leisten sei. Und wurde von Musk deklassiert: Statt einer ernsthaften Replik gab es vom obersten Troll und künftigen Besitzer nur ein Kot-Emoji als Antwort. Mit der zwanzigfachen Menge an Likes des Originaltweets.
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Was treibt Bezos an?
Warum Bezos nach Monaten sporadischer Tweets Anfang April plötzlich wieder Twitter für sich entdeckte, ist nicht bekannt. Sicher ist, dass er sich seit dem Bekanntwerden der Muskschen Kaufbemühungen plötzlich wieder erheblich mehr dort engagiert. Anders als der oft auch alberne Musk versucht Bezos allerdings spürbar bemüht, dort ernst genommen zu werden. Die Themen reichen von gutem Management bis zur aktuellen Finanzpolitik der Biden-Regierung - die Bezos ein Dorn im Auge ist. Wenn es besonders locker werden soll, kommt höchstens mal eine Buch-Empfehlung oder ein (uraltes) Musikzitat.
Dass Bezos sich so stark von Musk abgrenzt, dürfte kein Zufall sein. In einem Tweet grenzte er sich deutlich von Musks Angewohnheit ab, Gegner auch mit harten Bandagen anzugehen. Zu einem Tweet des Bloggers Tim Urban, in dem er auf die Schwierigkeit hinwies, im politischen Diskurs auf Wahrheit, Bescheidenheit und eigene Gedanken zu achten, antworte Bezos: "Ich würde Höflichkeit hinzufügen. Leute zu beleidigen und sie anzugreifen, ist einfach. Aber es macht es schwerer, zusammen zu arbeiten." Die Antworten: Eine Menge Witze auf Bezos Kosten.
Quelle: Twitter