Wer landet zuerst auf dem Mond? Dieser Wettlauf aus den Sechziger Jahren wiederholt sich gerade. Doch diesmal findet er nicht zwischen tief verfeindeten Nationen als Symbol des Kampfes zwischen dem kapitalistischen Westen und dem sozialistischen Osten ab – sondern als Privatfehde zwischen zwei der reichsten Männer der Welt. Elon Musk hat zurzeit die Nase vorn: Seine Firma SpaceX soll im Auftrag der Nasa einen neuen Mondlander bauen. Doch Konkurrent Jeff Bezos hat noch nicht aufgegeben. Und versucht es nun per Gericht.
Mit einer Klage gegen die US-Raumfahrtbehörde will der Amazon-Gründer den Auftrag verhindern. Es habe Fehler beim Vergabeverfahren gegeben, argumentiert sein Unternehmen Blue Origin. "Wir sind uns sehr sicher, dass es berechtigte Streitfragen zu dem Vergabeverfahren und seinem Ergebnis gab", so das Unternehmen gegenüber "Space News". "Sie müssen aufgeklärt werden, um die Fairness wiederherzustellen, Wettbewerb entstehen zu lassen und Amerika eine sichere Rückkehr zum Mond zu ermöglichen."
Unfaire Vergabe?
Speziell die Vergabe des umgerechnet etwa 2,5 Milliarden Euro wertvollen Auftrag an SpaceX scheint Blue Origins Unternehmensführung zu wurmen. In einer an ein Pamphlet erinnernden Grafik hatte das Unternehmen den Konkurrenten angegriffen, sich über die vermeintlich technisch kaum ausgereifte Technologie von SpaceX mokiert.
Offiziell geht es in der Klage um das Vergabeverfahren. Nachdem die Raumfahrtbehörde bei der Ausschreibung nicht ausgeschlossen hatte, auch mehrere Unternehmen mit dem Bau eines Mondlanders zu beauftragen, hatte letztlich nur die Firma des Tesla-Gründers Elon Musk den Zuschlag erhalten. Dabei sei es vor allem ums Geld gegangen, gab sich die Führung von Blue Origin nach Insider-Berichten gegenüber den eigenen Angestellten sicher, berichtet "Ars Technica". SpaceX habe demnach schlicht das günstigste Angebot gemacht.
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Günstigeres Angebot
Der US-Rechnungshof hat dem jedoch bereits widersprochen: Die Nasa habe von Anfang an kommuniziert, dass es auch auf das Budget ankomme, ob ein Unternehmen oder mehrere den Auftrag bekämen, erklärte die Behörde. Weil der US-Kongress nur ein Viertel der beantragten Summe frei gegeben hatte, sei es eben nur eines geworden. Blue Origin erkennt das nicht an. "Wir bleiben bei unserer Einschätzung, dass SpaceX eine Vorzugsbehandlung erfährt", erklärte das Unternehmen in einem Statement.
Das Angebot von SpaceX ist etwa um die Hälfte billiger als das von Blue Origin. Einer der Gründe: Musks Unternehmen erklärte sich bereit, einen Großteil der Entwicklungskosten für den Lander selbst zu schultern. Blue Origin dagegen wollte nicht mehr als zwei Milliarden Dollar dazu beisteuern.

Angestellte sind frustriert
Bei den Angestellten kommt die Klage teilweise offenbar nicht besonders gut an. Gleich mehrere Mitarbeiter beklagten sich gegenüber "Ars", dass sie mit dem Kurs der Unternehmensführung wenig anfangen können. Sie finden die Angriffe auf die Nasa und SpaceX kontraproduktiv und unsportlich. "Ich persönlich glaube nicht, dass die Mehrheit der Angestellten hinter den Grafiken und den PR-Aktionen steht", klagte ein anonymer Mitarbeiter bei Reddit. "Jeder, mit dem ich darüber sprach, fand es ekelhaft und peinlich, in der Öffentlichkeit so wahrgenommen zu werden."
Tatsächlich könnte es Bezos nicht nur um den Auftrag für den Mondlander gehen. Tesla-Chef Elon Musk hatte ihn als einziger kurzzeitig als reichster Mensch der Welt überholt, seit Bezos diesen Titel für sich erobern konnte. Zudem sehe sich der Amazon-Gründer als wahrer Grund dafür, dass überhaupt wieder über Mondlandungen gesprochen wird, glauben Angestellte von Blue Origin. "Ars Technica" zufolge sehe er seine Bemühungen von 2017, Donald Trump von dem Projekt zu überzeugen, als Anlass für die Wiederaufnahme des Mondprogramms durch die Nasa. "Er glaubt, ohne Blue Origin gebe es kein Programm für einen Mondlander", ist ein Mitarbeiter überzeugt.
Bezos selbst hatte eigentlich eine solche Kampagne für peinlich erklärt – als es noch nicht um seine eigene Firma ging. "Heutzutage gäbe es Proteste und die Verlierer würden die Regierung verklagen", witzelte er 2019 bei einer Veranstaltung zur Apollo 11 Landung. "Das ist heute schon lustig. Die Prozesse werden heute mehr durch die Vergabeprozesse verlangsamt als durch technologische Probleme." Mit seiner Klage trägt er nun selbst dazu bei: Die Nasa hat das Projekt bis zur Klärung eingefroren.
Quellen: Space News, Ars Technica