Hätten Caterinas deutsche Vorfahren ihren Namen doch bloß anders verändert, als sie vor langer Zeit nach Amerika auswanderten. Doch aus ihrem ursprünglichen Nachnamen "Feick" machte die Familie ausgerechnet "Fake" - mit dem Ergebnis, dass die arme Caterina heute einen Nachnamen hat, der sich für englische Ohren anhört, als hieße sie "Katharina Fälschung" oder "Katharina Quatsch". Und das ausgerechnet als Internet-Unternehmerin! Wer es mit solch einem Namen schafft, Geldgeber davon zu überzeugen, Millionen Dollar zu investieren, der muss eine verdammt gute Idee haben.
Der ursprüngliche Plan
Und die hatten Caterina Fake, 37, und ihr vier Jahre jüngerer Freund Stewart Butterfield. Die beiden waren ein typisches Internet-Gespann: sie mit Abschluss in Englischer Literatur, Webdesignerin und Künstlerin; er ein Computerprogrammierer. Nicht etwa eine Foto-Community wollten sie aufbauen, sondern eine Online-Plattform für Computerspiele. Das galt damals, vor Internet-Ewigkeiten (zweieinhalb Jahre ist das her), als enorm zukunftsträchtig. Und floppte von Anfang an.
Das Projekt wäre längst Geschichte, hätten Fake und Butterfield ihrer Spieleplattform nicht eine Funktion hinzugefügt, die von den wenigen Besuchern der Site mit Begeisterung aufgenommen wurde: das Hochladen von Fotos, die dann jeder Besucher ansehen und kommentieren konnte. Das funktionierte so gut, dass auf der Webseite bald die ersten Surfer vorbeischauten, die sich nicht für Spiele, sondern nur noch für Fotos interessierten. Also schalteten Fake und Butterfield die Spieleplattform ab - und ließen nur noch die Fotos online. Das war die Geburt von Flickr, der heute größten Foto-Community der Welt. "Wenn wir uns hingesetzt und gesagt hätten, lass uns eine Fotoanwendung starten, wären wir gescheitert", sagt Caterina Fake.
Eine Erfolgsgeschichte
So aber explodierten die Nutzerzahlen, und schon nach wenigen Monaten trudelte ein Kaufangebot des Internet-Riesen Yahoo ein. 40 Millionen Dollar sollen angeblich geflossen sein. Die elf Flickr-Entwickler zogen geschlossen vom kanadischen Vancouver nach Santa Clara in Kalifornien, wo Fake, inzwischen mit Butterfield verheiratet, seitdem in der Yahoo-Zentrale arbeitet.
Immer dabei hat sie ihr Kamerahandy. Wenn sie mit dem Flugzeug unterwegs ist, stellt sie gleich nach der Landung ein Foto ins Netz, um ihre Mutter zu beruhigen, dass sie gut angekommen ist. Wenn sie Gehacktes zu Mittag isst, drückt sie auf den Auslöser - Sekunden später steht das Bild bei flickr.com/ photos/caterina. 1400 Fotos hat sie dort hochgeladen, den halb aufgegessenen Pfannkuchen in Holland, den Inhalt ihrer Handtasche und immer wieder ihren Hund - Alltäglichkeiten, wie es sie bei Flickr zu Tausenden gibt.
Eine bedeutende Persönlichkeit
Dass Caterina Fake trotz dieser Normalität eine der Ikonen des neuen "Web 2.0"-Booms werden konnte - laut "Time" gehört sie zu den 100 einflussreichsten Menschen der Welt -, liegt vielleicht daran, dass sie ein bisschen so ist wie das Internet: Schwatztante und Aktivistin in einer Person, Künstlerin und Geschäftsfrau, leicht chaotisch, aber immer auf der Höhe der Zeit. Sie liebt die Softpopper Belle & Sebastian genauso wie die Heavy-Metaller von Judas Priest, und unter "Interessen" schreibt sie auf ihrer Webseite unter anderem "Feminismus", "verrückte Banjo-Musik" und "Kaviar". In dieser Reihenfolge.