Plötzlich im Aufsichtsrat Vom Top-Troll in die Führungsspitze: Wie Elon Musk seinen Lieblings-Dienst Twitter kaperte

Plötzlich im Aufsichtsrat: Elon Musk hatte Twitter zuletzt regelmässig kritisiert
Elon Musk hatte Twitter zuletzt regelmässig kritisiert
© Jens Krick/ / Picture Alliance
Elon Musk nutzte Twitter bislang vor allem, um Fans und Feinde mit allerlei Schabernack zu unterhalten. Nun sitzt er plötzlich in der Unternehmensführung. Und macht dort munter weiter.

Wenn es einen Twitter-Nutzer gibt, der Donald Trumps Titel des obersten Trolls übernehmen könnte, dann ist das Elon Musk. Seit Jahren nutzt der Tesla-Gründer den Kurznachrichtendienst, um skurrile Ideen zu verkünden, mit mehrdeutigen Witzen für Diskussionen zu sorgen oder mal eben den Kurs des Bitcoin nach oben zu schicken. Doch während Trump vergangenes Jahr hinausgeworfen wurde, geht Musk einen anderen Weg – und hat sich nun in den Aufsichtsrat des Unternehmens eingekauft.

Diese überraschende Wendung verkündeten Twitter und Musk gestern offiziell. Bei der Einladung Musks in die Unternehmensführung handelt es sich genau genommen um eine Machtbegrenzung. Musk war durch den Kauf von 9,2 Prozent der Unternehmensanteile am Sonntag aus dem Nichts der größte Einzelaktionär Twitters geworden. Mit dem Angebot eines Sitzes im Aufsichtsrat will Twitter wohl auch eine feindliche Übernahme verhindern. 

Musk will mitreden

Dass auch Musk davon profitiert, zeigt eine Abstimmung, die er kurz nach der Verkündung twitterte. Dort fragte er seine Follower, was sie von einem von ihm schon länger geforderten Feature halten. "Wollt ihr einen Editier-Button?", heißt es in dem Tweet schlicht. Twitter-Chef Parag Agrawal  machte schnell klar, dass es sich nicht um eine rhetorische Frage handelt. "Das Ergebnis dieser Umfrage wird wichtig sein. Wählt bitte mit Bedacht", schrieb er in einem Retweet des Musk-Polls. Im Klartext: Wollen genug Nutzer die Funktion, dürfte sie auch kommen. So, wie von Musk gefordert.

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Dass der Tesla-Gründer Einfluss beim Kurznachrichtendienst anstrebt, ist grundsätzlich wenig überraschend. Musk hatte in der Vergangenheit mehrfach seine Unzufriedenheit mit einigen Entscheidungen Twitters bekundet und zuletzt sogar damit gedroht, im Zweifel einen Konkurrenten aufbauen zu wollen. Mit dem Einkauf ins Unternehmen dürften also auch konkrete Ideen zur Veränderung verbunden sein.

Tesla-Chef Elon Musk
Tesla-Chef Elon Musk
© Patrick Pleul / DPA
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Troll im Aufsichtsrat

Besonders am Herzen liegt Musk die Meinungsfreiheit, wie er immer wieder betonte. Er sei ein "Meinungsfreiheits-Absolutist", verkündete er vor einigen Wochen. Wie andere Soziale Netzwerke war auch Twitter in den letzten Jahren durch die Zunahme an Falschbehauptungen zu wichtigen Themen wie der Corona-Krise, der US-Wahl oder zuletzt dem Krieg in der Ukraine gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen. Musk hatte das lautstark kritisiert.

Mit der Einberufung Musks in den Aufsichtsrat sichert sich Twitter allerdings gegen eine zu starke Einflussnahme des Großaktionärs ab. Und das sogar explizit. Solange Musk im Aufsichtsrat sitzt und auch noch 90 Tage nach einem etwaigen ausscheiden, dürfen weder er alleine, noch eine Gruppe, der er angehört, einen größeren Anteil als 14,9 Prozent der Unternehmensaktien kaufen, hielt Twitter in einem Akteneintrag bei der Börsenaufsicht fest. So soll eine feindliche Übernahme verhindert werden. Die war schon am Sonntag sofort von Experten als Option aufgezeigt worden. Schließlich müsste Musk nicht einmal zehn Prozent seines aktuellen Vermögens von 260 Milliarden Dollar investieren, um die Hälfte des aktuell auf rund 40 Milliarden US-Dollar bewerteten Unternehmens aufzukaufen.

Dass Musk bei Twitter trotzdem erheblichen Einfluss haben wird, liegt an einer Besonderheit gegenüber den anderen Techriesen. Während bei Amazon, Google oder Facebooks Mutterkonzern Meta die Gründer sich ihren Einfluss mit Spezialanteilen sicherten, die ihnen eine Stimmenmehrheit gewähren, hat der Kurznachrichtendienst keine solche Schutzmaßnahme. So müsste zum Beispiel Mark Zuckerberg schon seine eigenen Spezialaktien verkaufen, um die Macht über Meta zu verlieren. Bei Twitter reicht es, 50,1 Prozent der Aktien aufzukaufen, um über das Schicksal des Unternehmens entscheiden zu können.

Seinen neu erworbenen Einfluss plant Musk wohl auch zu nutzen. Nachdem ihn CEO Parag Agrawal per Tweet im Aufsichtsrat begrüßte, antwortete Musk, dass er sich auf die Zusammenarbeit freue. Und auf die "bedeutenden Verbesserungen", die er für den Dienst in den nächsten Monaten plane. Was der einstige Top-Troll damit meint, dürfte noch spannend werden.

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