Diese Situation kennt wohl jeder: Man sitzt am Flughafen oder im Zug und das Akkusymbol auf dem Handy leuchtet knallrot. Wie lange wird das Gerät noch durchhalten? Fünf Minuten, eine halbe Stunde? Eilig kramt man das Ladekabel aus der Tasche und sucht hektisch nach einer Steckdose. So ähnlich ging es wohl auch dem 45-jährigen Künstler Robin Lee: Er stöpselte am vergangenen Freitag in der Londoner S-Bahn sein iPhone für fünf Minuten in die Steckdose eines Waggons, um der Handy-Batterie ein paar Prozente zu gönnen. Doch als er nach ein paar Stationen aus der S-Bahn stieg, wartete schon eine Hilfspolizistin auf ihn, um den Stromdieb zu fassen.
"Ich war fassungslos"
"Sie sagte, ich hätte den Strom gestohlen", erzählte Lee dem "Evening Standard". "Und sie sagte, das ist ein Verbrechen." Auf dem Bahnhof warteten bereits vier Polizisten. "Dieser Typ hat Strom geklaut, er muss inhaftiert werden", rief die Hilfspolizistin ihren Kollegen zu. Lee versuchte noch, sich an den Polizisten vorbeizudrängeln, doch die versperrten ihm den Weg. "Wenn es ein Verbrechen ist, müsst ihr mich schon verhaften. Wenn es das nicht ist, lasst mich gehen", sagte er.
Keine gute Idee, denn die Polizisten fackelten nicht lange und nahmen ihn sofort mit: Erst wurden ihm Handschellen angelegt, dann zwang man ihn in einen Van und fuhr ihn zur Polizeistation. "Ich war fassungslos", sagte Lee der Zeitung. "So eine übereifrige Hilfspolizistin! Die hätten mich nie festnehmen dürfen. Es war einfach nur lächerlich!"
Polizei ist im Recht
Wie konnte es dazu kommen? Ein Sprecher der Polizeistation erklärte dem "Evening Standard": "Wir wurden am 10. Juli von einem Hilfspolizisten zur Bahn-Station Camden Road gerufen, weil ein Mann, der eine Steckdose in der S-Bahn nutzte, aggressiv wurde. Gegen 15.30 Uhr wurde ein 45 Jahre alter Mann wegen des Verdachts auf Stromdiebstahls festgenommen und kurz darauf wieder freigelassen. Außerdem wurde er wegen inakzeptablen Verhaltens festgenommen."
Das Vorgehen der Polizei mag rabiat, gar übertrieben sein. Dennoch sind die Beamten im Recht: Britischen Medienberichten zufolge befindet sich neben jeder Steckdose in Londons Bahn-Waggons ein Schild, laut dem die Nutzung "nur für Reinigungskräfte und nicht für die Öffentlichkeit" erlaubt sei.
Lee lässt das offenbar kalt. Getreu dem Motto "Jetzt erst recht" gestand der 45-Jährige dem britischen "Mirror": "Jedes Mal, wenn ich nun die Bahn betrete, werde ich dort zuerst mein iPhone laden." Ob das so clever ist? Vermutlich begegnet Lee der Hilfpolizistin schneller wieder, als ihm lieb ist.