Kurz vor Jahresende ist eigentlich eine gute Zeit, um selbstsicher Bilanz zu ziehen. Wenn draußen die Blätter fallen, flattern den Unternehmen der Telekombranche in der Regel die meisten Aufträge ins Haus. Und beim Kölner Anbieter QSC stapeln sich auch tatsächlich die Anmeldungen doppelt so hoch wie noch im Jahr davor. Doch wenn QSC-Chef Bernd Schlobohm auf 2007 zurückblickt, hört sich dies ernüchternd an: "Wir können die immense Nachfrage nicht bedienen."
Als wesentlichen Grund nennt der QSC-Gründer Verzögerungen der Deutschen Telekom bei der Bereitstellung von Telefonanschlüssen. Zu dieser sogenannten letzte Meile hat nur der Ex-Monopolist Zugang. Dauerte es früher einige Tage, bis die Telekom den Anschluss auf den Konkurrenten umstellte habe, würden inzwischen bis zu drei Monate vergehen. Die Wettbewerber laufen Sturm.
Beim Mittelständler QSC drückt der Auftragsstau mittlerweile das Ergebnis. "Seit einigen Wochen steigt die Kurve verzögerter Anschlüsse deutlich", sagt auch Arcor-Chef Harald Stöber. Und Rivale Harald Rösch, Hansenet-Chef, fügt hinzu: "Insbesondere in Berlin kommt es zu Engpässen." Der nach der Telekom zweitgrößte deutsche Telekommunikationsanbieter Arcor droht gar mit rechtlichen Schritten, denkt an Schadensersatz. "Wir feilen an dem Schriftsatz", sagt Stöber.
Doch nicht alle sind so selbstbewusst. Zwar ist die Telekom verpflichtet, den Konkurrenten die Anschlüsse bereitzustellen. Über die genaue Regelung, wie die Kontingente zugeteilt werden, wird derzeit aber auf verschiedenen Ebenen neu verhandelt. "Wir sind auf die Telekom angewiesen", begründet ein Manager die Zurückhaltung. Hinter vorgehaltener Hand wird der Ton indes rauer: "Wir vermuten Systematik dahinter, um Wettbewerber auszubremsen", sagt ein anderer.
Die Branche
Marktführer
Seit fast zehn Jahren ist der europäische Markt für Telekommunikation liberalisiert. Hierzulande stellt die Telekom noch immer mehr als 82 Prozent aller Komplettanschlüsse im deutschen Telekommunikationsfestnetz und liegt damit weit vor der Konkurrenz.
Konkurrenten
Der Eschborner Telekomkonzern Arcor ist nach der Deutschen Telekom der zweitgrößte Anbieter von Komplettanschlüssen im deutschen Festnetz und hat einen Anteil von 7,4 Prozent. Das Hamburger Unternehmen Hansenet bringt es auf 3,4 Prozent.
Topmanager der Branche führen den Engpass darauf zurück, dass die Nachfrage nach Komplettangeboten inklusive Telefonanschluss alternativer Anbieter steigt. So bietet etwa der Internetkonzern 1&1 seit diesem Sommer neben DSL-Anschlüssen auch Komplettpakete an und greift dabei auf die Netze von QSC und Telefónica zurück - die wiederum die sogenannte Teilnehmeranschlussleitung bei der Telekom anfordern müssen. Zugleich hat die Telekom einen erhöhten Eigenbedarf, da sie ihre neuen, günstigeren Angebote "Call & Surf" aggressiv und erfolgreich vermarktet.
Telekom weist Vorwürfe zurück
Die Telekom selbst weist Vorwürfe, die Wettbewerber auszubremsen, von sich. "Die Bereitstellung von vereinbarten Kontingenten halten wir innerhalb von sieben Tagen ein", sagt ein Sprecher. Wenn Konkurrenten aber mehr Anschlüsse bestellten, als im Voraus gebucht wurden, so könne dies die Kapazitäten des nach Umsatz größten Telekomkonzerns Europas sprengen. "Wir sind bezüglich des Bereitstellungsprozesses mit den Wettbewerbern in Klärung", sagt der Sprecher.
Abhilfe soll längst auch die Bundesnetzagentur verschaffen. Seit Jahren arbeitet diese schon an einem neuen Rahmenvertrag, der die Bereitstellung der Anschlüsse regulieren soll. "Wir planen, dies bis Jahresende abzuschließen", sagt eine Behördensprecherin.
Bis dahin werden die Auseinandersetzungen aber wohl weitergehen. So werfen die Konkurrenten der Telekom vor, Techniker vorbeizuschicken, wo dies gar nicht nötig sei. Die Telekom verweist darauf, diese würden gebraucht, da immer mehr Kunden einen DSL-Anschluss bestellten. Dies erhöhe die technischen Anforderungen. "60 Prozent der vereinbarten Termine werden aber nicht eingehalten", sagt Stöber. Und schließlich beschweren sich zunehmend Kunden über Techniker, die einfach Bescheide ausstellen, niemanden angetroffen zu haben - ohne überhaupt geklingelt zu haben. Die Telekom spricht von Einzelfällen.