Zukunftstechnik Künstliche Intelligenz verdient ihren Namen noch nicht

Die Fähigkeiten von Maschinen werden immer ausgefeilter. Experten betonen jedoch, dass Roboter niemals intelligenter sein werden als Menschen, weil ihnen zum Beispiel Gefühle fehlen.

Intelligenz gilt als typisch menschliche Eigenschaft. Wenn auch Maschinen intelligent werden, ihnen "künstliche Intelligenz" (KI) eingepflanzt wird, so weckt das Ängste. Werden Maschinen den Menschen überflügeln können? Und wird nach der künstlichen Intelligenz "künstliches Leben" entstehen, das den Menschen von seinem angestammten Platz auf der Erde verdrängt?

Nahrung erhielten solche Utopien durch die Niederlage von Schachweltmeister Garry Kasparow 1997 gegen die Schachmaschine Deep Blue. Schach, bis dahin Sinnbild unantastbarer Überlegenheit menschlicher Geisteskräfte, war plötzlich eine Domäne der Computer geworden. Anfang 2003 nahm Kasparow in New York Revanche am Computer. Die verlorene Ehre konnte nicht gänzlich wieder hergestellt werden, die Partie endete 3 zu 3 unentschieden.

Computer werden schneller, aber nicht intelligenter

Wo wird der Mensch als nächstes entthront? Die Zahl der auf einem Chip befindlichen Transistoren verdoppelt sich alle zwei Jahre. "Bis zum Jahr 2020 oder 2030 werden Computer bei der Zahl der Transistoren mit der Neuronenzahl im menschlichen Gehirn gleichgezogen sein", prophezeit Kurt Beiersdörfer, Geschäftsführer des Heinz-Nixdorf- Museumsforums (Paderborn). "Computer werden schneller, nicht unbedingt intelligenter", beruhigt er aber.

Maschinen können heute schon ziemlich viel: Sie riechen, sie erkennen Stimmen, Wörter, Gesichter und Unterschriften, sie bestimmen Materialteile und andere Objekte. All das wird im Sicherheitsbereich, bei der Post oder in der Automobilindustrie längst angewandt. Die Maschinen-Fähigkeiten werden immer ausgefeilter: Harmonet heißt ein System der Universität Karlsruhe zur Erzeugung von Bach-Chorälen. Selbst Fachleute können den Unterschied zum Stil von Johann Sebastian Bach nicht erkennen.

Im Web

Heinz-Nixdorf-Museumsforum: www.hnf.de

Zeitschrift Künstliche Intelligenz: www.kuenstliche-intelligenz.de

Tatsächlich haben Rechner und Maschinen aber noch gehörige Mühe auch nur nahe an das heranzukommen, was Intelligenz meint. Eins ihrer größten Probleme dabei ist das Unvermögen, bedeutungsloses Hintergrundrauschen herauszufiltern. Das Gehirn kann in großen, unstrukturierten Datensätzen selbst unbedeutende Muster erkennen, erläutert Beiersdörfer. Maschinen mögen immer schneller werden, vor allem aber sind sie ahnungslos, meint Christoph von der Malsburg, Leiter des Instituts für Neuroinformatik an der Ruhr-Universität Bochum.

Emotionale Intelligenz fehlt Maschinen völlig

Maschinen gebricht es zudem völlig an Gefühlen. "Emotionale Intelligenz" meint unter anderem die Fähigkeit, gefühlsmäßig mit seinem Gegenüber mitzuschwingen. "Ein Chip wird das nie können", betont Thomas Christaller, Direktor des Fraunhofer-Instituts für Autonome Intelligente Systeme in St. Augustin bei Bonn. Bewusstsein sei eine nochmals höhere Stufe menschlicher Hirnleistung. Davon seien Roboter hoffnungslos weit entfernt.

Das hindert Menschen nicht daran, den manchmal putzig agierenden Robotern menschliche Eigenschaften zuzuschreiben. "Künstliche Intelligenz ist das, was aus Sicht von Menschen so aussieht, als ob es intelligent ist", definiert Christaller süffisant. Intelligenz liegt im Auge des Betrachters, nicht in den Schaltkreisen von Androiden. Vielleicht brauche Intelligenz notwendig Sprache, Geist und einen biologischen Körper, um sich zu entwickeln.

Der Medienwissenschaftler Norbert Bolz von der Technischen Universität Berlin folgt in etwa Christallers Meinung, wenn er sagt, dass die Beschäftigung mit KI vor allem dem Verständnis der eigenen Intelligenz dient. Er greift auf die Figur des Peer Gynt zurück, um zu illustrieren, was bei der Suche nach dem Wesen menschlicher Intelligenz vielleicht herauskommt: Gynt löst im gleichnamigen Ipsen- Drama Schale um Schale, bis am Ende nichts mehr übrig bleibt - die Zwiebel hat keinen Kern.

Die beeindruckende Aufzählung dessen, was Computer und Maschinen können, bedeutet derzeit noch, dass einzelne Computer meist nur eine einzige Fähigkeit besitzen. Was aber, wenn viele Eigenschaften in einer einzigen Maschine integriert werden? Beiersdörfer ist überzeugt, dass dies geschehen wird. Dabei sei es unerheblich, ob es in 20 oder 50 Jahren so weit sein werde: "Wir sind dabei, eine künstliche Revolution auszulösen." Informatik-Professor Christaller widerspricht: "Wenn wir den Menschen kopieren wollen, dann lasst uns Kinder zeugen, dass ist die perfekteste Art."

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