Kein Vorbeikommen an den schwarzen Brettern
Die Idee ist alt. Nimm einen Zettel und schreib dein Anliegen darauf. Dann hefte ihn an einen möglichst stark frequentierten Ort und warte ab. In Universitäten befinden sich die besten Plätze erfahrungsgemäß in der Nähe von Mensen und Toiletten. Klar, hier kommt jeder früher oder später vorbei.
Die Folgen des Zettelklebens sind wahrhaft flächendeckend. Kaum ein Student wird die Gänge zur Hauptmensa der Freien Universität unbedeckt gesehen haben. Regelrechte Schichten von mehr oder weniger interessanten Offerten bedecken die Wände.
Ein Klassiker der wilden Aushänge ist die Wohnungsanzeige. Wer Interesse hat, sollte schnell zum Telefon greifen. Häufig sind die abreißbaren Telefonnummern der verlockenden Angebote schon nach kurzer Zeit Geschichte. Ebenso massig vorhanden sind alle Arten von Dienstleistungen. Französische Muttersprachler übersetzen und lesen Korrektur. Eine Mitfahrgelegenheit nach Koblenz wird angeboten, daneben das Ghostwriting von Hausarbeiten.
Wer länger liest, stößt auf exotische Annoncen. Eine linke Lesben-WG in Kreuzberg sucht die passende Mitbewohnerin. Gleich darunter bietet sich ein nach eigenen Angaben gut gebauter Sportstudent als Aktmodell an. Knapp zwei Meter weiter links wirbt ein Nudistenclub mit literarischen Wochenendfahrten an die Ostsee.
Wer länger liest, stößt auf exotische Annoncen. Eine linke Lesben-WG in Kreuzberg sucht die passende Mitbewohnerin. Gleich darunter bietet sich ein nach eigenen Angaben gut gebauter Sportstudent als Aktmodell an. Knapp zwei Meter weiter links wirbt ein Nudistenclub mit literarischen Wochenendfahrten an die Ostsee.
Doch das scheinbare Chaos hat Regeln. Rote Markierungen begrenzen mit wechselndem Erfolg die zu beklebende Fläche. Ein vortrefflich platzierter FU-Aushang ermahnt den Inseraten sein Anliegen mit Datum zu versehen. Um die Zettelflut zu begrenzen, darf eine Anzeige nicht länger als drei Monate hängen. Den vielen antiquierten Anzeigen nach scheint die Kontrolle eher spartanisch.
Nicht nur an der Freien Universität haben Schwarze Bretter etwas Magisches. An den beklebten Wänden ist einfach kein Vorbeikommen. So ertappen sich unbedarfte Studenten beim Lesen von Wohnungsannoncen, obwohl die Umzugskartons vom kürzlich vollzogenen Wohnungswechsel kaum ausgepackt sind. Mit dem Kopf im Nacken stehen sie da und lesen, was ihre Kommilitonen auf dem Herzen haben. Und wieder bewahrheiten sich die Erkenntnisse der Wissenschaft. Wie sagte doch der alte Kommunikationsforscher Watzlawik, man kann nicht nicht kommunizieren. (ad)