Früher waren es hauptsächlich Dominas, heute kommen ganz normale Frauen, die einfach für sich lernen wollen", sagt Contessa Juliette. Dreizehn Jahre lang hat sie in Wien als Domina gearbeitet, inzwischen hat sie ein Buch geschrieben und hält Schulungen ab. Und die sind ziemlich gut besucht. "Das Interesse ist sehr groß", verrät Contessa Juliette. Das liegt nicht nur an "50 Shades Of Grey" und dem Hype. "Jeder Mensch hat dominante oder devote Anteile in sich. Heute darf man diese Träume äußern, ohne Angst zu haben, verachtet zu werden. Ich beurteile den Erfolg von 50 Shades da diesbezüglich durchaus positiv: Die Menschen sprechen über SM, ohne schief angesehen zu werden. Jetzt wollen viele erst wissen, wie's richtig ist."
Nur: Wie ist es denn richtig? Nehmen wir mal an, einer der Partner hat "50 Shades Of Grey" gelesen und möchte erste Schritte in Richtung Dominanz/Unterwerfung machen. Wie geht das am besten?
"Zunächst einmal sollte man abklären, ob dem Partner oder der Partnerin das überhaupt gefallen könnte. Nicht zu schnell zu viel wagen. Gut wäre auch, sich Fachliteratur zu besorgen - und zwar, bevor man sich irgendeinen Lackfetzen kauft. Ich sage immer: Meine Hände, meine Nägel und meine Zähne reichen, um eine tolle Session zu machen. Das Wichtigste überhaupt ist die Fantasie - ein Szenario zu schaffen", rät die Contessa.
Wie der Übergang vom Blümchen- zu SM-Sex mit dem Partner oder der Partnerin konkret funktioniert und man die erste Hürde überwindet? Hier sind die Ratschläge vom Profi!
Sechs Tipps für schärferen Sex
1. Man sollte selber wissen, ob man selbst eher passiv/ unterwürfig oder aktiv/ dominant ist. Halten Sie zum Beispiel Ihrem Partner während des Sex die Arme über dem Kopf zusammen und drücken Sie die Hände runter. Am Widerstand oder am Nachlassen, an der eventuell gesteigerten Erregung, kann man schon ganz gut erkennen, ob diese Spielart passt.
2. Fragen Sie, ob Sie Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin die Augen verbinden dürfen. Einfach nur, um zu verwöhnen. Damit nehmen Sie die Angst, dass etwas Unangenehmes passieren könnte.
3. Suchen Sie in einem trauten Moment das Gespräch, in dem Sie sich gegenseitig Wunschträume anvertrauen. Funktioniert nicht immer, weil oft Angst vor Ablehnung mitspielt.
4. Schauen Sie sich Filme wie "50 Shades Of Grey" gemeinsam an und bringen Sie das Gespräch auf dieses Thema und die eigenen Fantasien.
5. Wenn klar ist, dass beide Interesse haben: Schauen Sie bei SM-Partys vorbei und sehen Sie zu; fragen Sie, ob in einem Dominastudio Vorführungen stattfinden, oder buchen Sie eine Schulung.
6. Zu Beginn eines Spiels muss ein sogenanntes Codewort ausgemacht werden. Wenn der Submissive dieses Wort ausspricht, weil entweder physisch oder psychisch etwas nicht aushaltbar ist, dann muss der Dominante SOFORT damit aufhören. Wenn der passive Partner nicht sprechen kann, weil eine Maske, ein Knebel oder ähnliches verwendet wird, dann ist ein Zeichen mit Bewegung zu vereinbaren - zum Beispiel den Kopf neigen oder schütteln.
Die 20 wichtigsten SM-Begriffe
Emotionale Fürsorge des Partners nach einer SM-Sitzung.
Fesselung, meist mit Seilen. Dabei können bewegungseinschränkende und ästhetische Aspekte wichtig sein. Bondage ist eine der verbreitetsten Spielarten in der BDSM-Szene.
Unterwürfiger bzw. passiver Partner.
Ein in der Regel kegelförmiger Analdildo oder -stöpsel, zum Beispiel aus Metall. Der Buttplug wird in den Anus eingeführt und verursacht bei Männern durch Druck auf die Prostata sexuelle Erregung.
Das englische Wort für einvernehmlich und wichtiger Teil der BDSM-Philosophie "safe, sane and consensual" - sicher, gesund und einvernehmlich.
In Anlehnung an den englischen Begriff für Kuckuck handelt es sich beim Cuckold um einen gehörnten Ehemann/ Partner. Der Mann darf kaum bis gar keinen sexuellen Kontakt zu seiner Partnerin haben - stattdessen schaut er z.B. dabei zu, wenn sie Sex mit einem oder mehreren anderen hat.
Sadomasochistische Spielart mit Ursprung im England des 19. Jahrhunderts, klassischerweise ein Rollenspiel zwischen strenger Gouvernante und unartigem Schüler.
Auch "Queening" genannt. Top setzt sich aufs Gesicht des Bottom, so dass entweder die Genitalien oder der Anus oral stimuliert werden.
Abkürzung von "Female Domination" - Bezeichnung für den weiblichen, aktiv-dominanten Part. Sie unterwirft ihren Partner/ ihre Partnerin.
Ein Gagball oder Ballgag ist ein Knebel mit Ball, mit dem der Sub geknebelt wird.
Der Partnerin oder dem Partner wird über eine gewisse Zeit der Orgasmus verweigert.
Bestandteile von Fetischkleidung mit BDSM-Einschlag. Latex ist beispielsweise beliebt, weil es wie eine zweite Haut anliegt, Lack u.a., weil es so intensiv glänzt.
Es gibt im BDSM ganz verschiedene Peitschen-Arten mit unterschiedlichen Einsatzschwerpunkten, je nach Vorliebe oder Verwendungsart (z.B. aus Gummi, Leder, Frottee oder auch mit Ketten).
Vor dem Beginn eines BDSM-Spiels wird ein Safeword festgelegt. Damit können die Beteiligten im Notfall das Spiel sofort unterbrechen.
Vomm Englischen "to spank" = verhauen. Meist das Schlagen des Pos mit der flachen Hand oder einem Züchtigungsinstrument wie einer Peitsche, einer Gerte, einem Rohrstock o.ä.
Zeitlich begrenzte Ausübung einer BDSM-Praktik.
Ein Dildo zum umschnallen. So kann z.B. eine Frau anal in ihren Partner oder anal/ vaginal in ihre Partnerin eindringen.
Eine Person mit sowohl dominanter als auch submissiver Neigung. Kann die Rolle während eines Spiels wechseln.
Aktiver, beherrschender, dominanter Partner in Spielen und/ oder Partnerschaften.
Freiwillige Dienerin einer dominanten Herrin, nicht zwingend eine Frau.
Das Wichtigste ist Fantasie
Als Einsteigerpraktiken eignen sich laut Contessa Juliette "Fußerotik, leichte Klammern, erotische Befehle, leichte Schläge mit der Hand, Spielen an den Brustwarzen, an den Hoden, Fesselungen. Und sie oder ihn dann wehrlos zusehen lassen, wie man einer netten oder geilen Beschäftigung nachgeht. Da ist dann Fantasie gefragt!"
Und was braucht man als SM-Anfänger so an Ausrüstung?
"Da genügen wenige Utensilien. Man kann, muss aber nicht, die Augen verbinden und dazu reichen ein Seidenschal oder eine Schlafmaske. Zum Fesseln - das ja auch nur symbolischen Charakter haben kann - genügen Bademantelgürtel, Krawatten, Vorhangraffer, oder schöne weiche Lederfesseln. Außerdem eine weiche Peitsche, die man am besten im Geschäft an sich selbst ausprobiert, und eventuell eine Reitgerte, denn mit so einem Gerät kann man den Devoten sehr gut dirigieren, nicht nur schlagen. Verschiedene Karabiner, Wäscheklammern oder etwas Besseres aus dem Sexshop. Und für sich selbst kauft man, worin man sich bzw. dem Partner gefällt. Da ist das Feld grenzenlos: Es geht von Wollsocken über Regenmäntel bis zu den Fetischmaterialien Leder, Latex, Lack."
Das sollten Anfänger lieber lassen
Aber natürlich gibt es auch Dinge und Praktiken, von denen zum Teil nicht nur SM-Einsteiger die Finger lassen sollten.
"Vom Einführen von Gegenständen in die Vagina oder den Anus rate ich ab. Auch von Alkohol- oder Drogenkonsum - das tut dem Kreislauf des Devoten nicht gut und der Aktive muss immer die volle Kontrolle über sich und seine/n Partner/in haben. Bitte auch keine metallenen Handschellen für Anfänger und keine Nylons oder Strumpfhosen! Bei den Kursen wird gelehrt, wie wichtig es ist, auf die Durchblutung zu achten. Ansonsten kann man alles ausprobieren, wenn man vorher das Codewort vereinbart hat und sich der dominante Partner hundertprozentig daran hält."
Contessa Juliette empfiehlt außerdem, während einer Session für den Fall der Fälle stets die Nummer vom Rettungsdienst griffbereit zu haben.
Die im Netz verbreiteten SM-Pornovideos findet die Domina als Inspirationsquelle übrigens problematisch: "Die sind oft wirklichkeitsfremd. Davon, sie als Vorbild zu nehmen, rate ich dringendst ab." Und auch "50 Shades Of Grey" als Gesamtwerk schneidet in den erfahrenen Augen der Domina eher medium gut ab: "Das ist meiner Meinung nach ein Märchenbuch - die Schöne und der Prinz. Das hat mit der Realität nichts zu tun." Die sieht nämlich, und das weiß Contessa Juliette genau, zuweilen ganz anders aus. "Ich könnte einen Film drehen, '50 Shades Of Grey' wäre dagegen wie Teletubbies."
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