Am 24. Dezember 2021 lädt der 37-jährige Li Jingwei aus China ein Video auf die Videoplattform "Douyin", worin er eine selbst gezeichnete Karte seines Heimatdorfes zeigt und berichtet, dass er als vierjähriges Kind entführt und an einen Menschenhändlering verkauft wurde. Dank seiner detaillierten Beschreibung passiert das, worauf der Familienvater Li Jingwei lange gewartet hat: Er findet seine Mutter nach 33 Jahren wieder.
Seinen Namen wusste er nicht mehr
In den 80er Jahren kamen Kindesentführungen in China wohl häufiger vor. Grund dafür soll laut Experten die strenge Ein-Kind-Politik des Landes gewesen sein. Viele Paare, vor allem aus ländlichen Regionen, wünschten sich männlichen Nachwuchs, weil sie der Meinung waren, Männer können die Familie besser versorgen. Menschenhändler witterten ein Geschäft, kidnappten Jungen und verkauften sie an kinderlose Paare.
So geschah es auch mit Li Jingwei: als Vierjähriger wird er aus einem Dorf in der südwestlichen Provinz Yunnan entführt und in der 1800 Kilometer weit entfernten Provinz Guandong an eine Familie verkauft. Seinen Geburtsnamen, den Namen seiner Eltern und den des Dorfes weiss er nicht und auch seine Adoptiveltern kann er nicht fragen, weshalb er seine echten Eltern lange nicht finden kann.
Schon als Kind zeichnete Li Karten seines Heimatdorfes, wenn ihn das Heimweh überkam. So ist es ihm möglich, aus der Erinnerung heraus zu zeichnen, wo in dem Ort sich Bäume, Wege, Flüsse, Straßen, eine Büffelweide, ein nahegelegener Berg und auch ein Reisfeld befanden, als er noch dort lebte.
"Jetzt habe ich mein Baby wiedergefunden!"
"So viele Jahre sind vergangen und ich weiß nicht, ob jemand von meiner Familie nach mir sucht", sagt Li Jingwei in seinem Video und fügt hinzu: "Ich würde meine Eltern gerne wiedersehen, so lange es noch möglich ist." So kommt Bewegung in seine Suche. Viele Menschen wollen dem Mann helfen und teilen den Beitrag. Auch das chinesische Ministerium für öffentliche Sicherheit wird darauf aufmerksam und beteiligt sich an den Nachforschungen – mit Erfolg. Die Behörde findet Li Jingweis Mutter und macht einen DNA-Test, durch den bestätigt wird, dass es sich tatsächlich um Mutter und Sohn handelt.
Am 1. Januar treffen sie sich nach 33 Jahren auf einer Polizeiwache. Als die Mutter ihren Sohn unter Tränen in die Arme schließt, sagt sie: "Jetzt habe ich mein Baby endlich wiedergefunden!" Nun planen sie, zusammen das chinesische Neujahrsfest in Yunnan zu verbringen – und wollen auch das Grab des Vaters besuchen.