C. Tauzher: Die Pubertäterin Volljährig, aber noch nicht erwachsen: Wie die Teenagerin beim Kindergeburtstag "half"

Eine Junge pustet Geburtstagskerzen aus
Die Party des kleinen Bruders konnte auch die Unterstützung der großen Schwester gebrauchen
© Yulia Raneva / Getty Images
Die Teenagerin ist jetzt volljährig. Dass sie erwachsen ist, wird sie unter Beweis stellen, wenn sie freiwillig bei der Geburtstagsfeier ihres kleinen Bruders mithilft. Hofft Christiane Tauzher zumindest.

Als die Teenagerin von sich aus – also aus eigenem Antrieb – mit einem Wort freiwillig – anbot, beim Kindesgeburtstagsfest ihres kleinen Bruders mitzuhelfen, verdrängte ich die aufkeimende Skepsis. Dass an ihrem 18. Geburtstag bei meiner Tochter der Wandel vom Kind zur Erwachsenen stattgefunden hatte, war spätestens jetzt bewiesen.

Christiane Tauzher: Die Pubertäterin

Seit die Pubertät unsere Tochter, die Wombi, kurz nach ihrem 13. Geburtstag in ihre Gewalt bekommen hat, halten wir die Fenster geschlossen, damit die Nachbarn nicht die Polizei rufen. Die Pubertäterin ist laut und unberechenbar, wenn sie nicht gerade wie ein Wombat schläft oder isst – was sie zum Glück oft tut.

Die Geschichten, die ich – Journalistin, 41, aus Wien, verheiratet mit Olaf, 46 – hier erzähle, handeln natürlich nicht von der Pubertäterin in meiner Familie. Nein. Sie entspringen meiner blühenden Fantasie oder stammen aus anderen Familien. Dort geht es nämlich arg zu – in den anderen Familien ...

Der Tag des Festes war gekommen. Ich stand um sieben Uhr auf, um alle Vorbereitungen für die Ritterparty, die sich der Achtjährige gewünscht hatte, zu treffen.

Die Aufgabe der Teenagerin bestand darin, den Asterix aus Marzipan aus der Konditorei, die um 12 Uhr schließen würde, abzuholen. Jetzt war es 11 Uhr und aus der Höhle der Teenagerin kam kein Mucks. Ich klopfte, ein Brummen war die Antwort.

Um 11.30 Uhr machte sie sich schweigend daran die Aufgabe zu erledigen.

„Warst du gestern aus“, fragte ich?
„Ja.“
„Bist du erst spät heimgekommen?““
„Ja.“

Dann knallte die Türe ins Schloss, der Motor brauste auf und weg war sie. Die Konditorei ist von uns etwa drei Kilometer entfernt. Als die Teenagerin dreißig Minuten später noch immer nicht zurück war, rief ich sie an und landete auf ihrer Mobilbox. Eine Situation, die unmöglich ist. Das Handy meiner Tochter schläft nie. Sogar in der Nacht nimmt es die Geräusche auf, die sein Frauchen im Schlaf von sich gibt. Aber das ist eine andere Geschichte.

Es war noch einiges zu tun. Ich raste im Zickzackkurs durchs Haus, richtete die Steckenpferd- und die Holzschwerter-Bastelstation her, hängte Girlanden auf, verstreute Konfetti und dekorierte den Kuchen.

Endlich, neunzig Minuten nachdem meine Tochter aufgebrochen war, um den Asterix zu holen, schlenderte sie bei der Tür herein. „Bitte, was hast du solange gemacht?“, fragte ich sie. „Warum regst du dich auf?“, war die Antwort, „ich habe mir noch schnell eine neue Schutzfolie aufs Handy machen lassen.“

Schnell?

Mittlerweile war es nach 13 Uhr. „Bitte blas die Luftballone auf“, sagte ich und warf ihr einen bunten Strauß hin, „und häng sie auf.“ Mit Todesverachtung begann sie mit ihrer zweiten Aufgabe. Zehn Ballone später war sie am Ende: „Mir tun die Finger weh vom Zuknoten.“ Ich blies die restlichen zwanzig Ballons auf.  „Bitte...“, begann ich.

„Ich bin müde. Ich glaube, ich muss mich kurz hinlegen.“

Ich hatte mich wohl verhört. „Du hängst jetzt diese Ballons auf“, sagte ich scharf. Sie stöhnte . Ich musste weiter. Kaffee vorkochen für die Eltern, Saft in Krüge füllen, noch mehr Konfetti verstreuen, Tischtuch bügeln, es standen noch mindestens zweihundert Handgriffe auf meiner Liste.

Irgendwann fiel mein Blick aus dem Fenster. Unser Eingangstor schmückten drei Ballone in den ukrainischen Farben. Zwei große Blaue oben, ein verschrumpelter gelber ganz unten. An den Spiegeln der Autos sah ich auch Ballone.

Gelber Luftballon
Ein einsamer Luftballon verbreitet nur wenig gute Laune
© privat

Ich stürmte hinaus. Niemand war zu sehen. Am Stiegengeländer entdeckte ich noch einen kleinen Ballon, der an einer viel zu langen Schnur baumelte und seinen Zweck gute Laune zu verbreiten, nicht erfüllte.

Die Gäste kamen fast alle gleichzeitig. Als die Torte angeschnitten wurde, tauchte auch die Teenagerin wieder auf. Ich zischte ihr zu, dass sie die Aufgaben „Asterix besorgen“ und „Luftballone aufhängen“ nicht zu meiner Zufriedenheit erledigt hatte. Sie seufzte. „Okay“, sagte sie, „dann mache ich mich jetzt bei der Schwerterstation nützlich.“ Ich war wieder versöhnt.

Kurz vor Ende des Festes kam ein kleiner Gast mit verweinten Augen zu mir: „Es gibt kein Schwert mehr für mich.“ Ich versicherte ihm, dass das ein Irrtum sein müsse, dass für jedes Kind ein Schwert vorgesehen sei. Ich nahm den kleinen Ritter an der Hand und gemeinsam machten wir uns auf die Suche.

Im Gras neben den Maltischen fanden wir ein pinkfarbenes Schwert, auf dem stand : „Felis Zauberschwert“. Es war mit Glitzersteinen verziert.

Zauberschwert
Das pinkfarbene Zauberschwert sollte eigentlich einem kleinen Ritter gehören. In Silber
© privat

„Ich wollte aber ein Silbernes“, schluchzte der kleine Bub.

„Wieso hast du das letzte Schwert bemalt?“, fragte ich meine Tochter, „die Schwerter waren für die Kinder.“

„Woher hätte ich das wissen sollen?“, sagte sie,  „ich bin auch dein Kind, oder nicht?“

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