Die Fahnder schlugen zeitgleich zu. Mehr als 70 Polizeibeamte des Landeskriminalamtes (LKA) und der Landespolizei sowie drei Staatsanwälte durchsuchten zwölf Wohnungen und Büroräume in Baden-Württemberg, Hessen und Österreich. "Es geht um schweren gewerbsmäßigen Betrug", erläuterte der Ravensburger Staatsanwalt Karl-Josef Diehl den Hintergrund der konzertierten Aktion. Seither sitzen die Ermittler vor Bergen von Akten, diversen Luxuswagen wie einem Audi Q7, die an Ort und Stelle beschlagnahmt wurden, und durchforsten Festplatten.
Unter dem Aktenzeichen 32 Js 24906/09 ermitteln sie gegen die Hintermänner der EU-Car-Zentrale in Tettnang. "Seit mehr als einem Jahr warb diese Firma im Internet damit, Neuwagen, Jahreswagen und Jungwagen aller gängigen Marken und Modelle mit Preisabschlägen von 30 Prozent und mehr auf den deutschen Listenpreis verkaufen zu können", skizziert Kriminalhauptkommissar Ulrich Heffner vom LKA in Stuttgart das kriminelle Szenario. Die vermeintlichen Schnäppchen sind wohl eine Luftnummer, bei der es nach bisherigem Stand der Ermittlungen mehr als 800 Geschädigte gibt. "Der Schaden geht in die Millionen", zieht Staatsanwalt Diehl Zwischenbilanz, und "jeden Tag melden sich mehr, die Anzahlungen geleistet und innerhalb der zugesagten Lieferfristen keine Fahrzeuge ausgeliefert bekamen".
Am Ende guckt der Besitzer in die Röhre
Den Interessenten wurden zwei Abwicklungsmethoden angetragen. Eine Variante war der Barkauf mit angeblicher Eigentumsübertragung auf den Kunden nach 12 oder 24 Monaten, die andere Variante der Mietkauf mit bis zu 60-monatiger Finanzierungsdauer. Den Interessenten wurde versprochen, die Fahrzeuge innerhalb der marktüblichen Lieferfristen zur Verfügung zu stellen, sobald eine 30-prozentige Anzahlung auf den Kaufpreis nach Vertragsabschluss bezahlt wurde oder beim Mietkauf nach Erbringung einer 30-prozentigen Anzahlung und dem erklärten Einverständnis zur Bezahlung der monatlichen Leasingraten.
Einen grundsätzlichen Haken bei solchen windigen Konstruktionen erläutert der Staatsanwalt: "Nachdem die EU-Car-Zentrale die angebotenen Autos zum Teil im eigenen Namen bei Autohäusern gekauft oder finanziert hat, kann ein Kunde, dem dieses Fahrzeug nur überlassen wird, daran kein Eigentum erwerben." Im Klartext: Selbst wenn mal ein Auto tatsächlich ausgeliefert wurde, guckt am Ende dessen Besitzer in die Röhre. Karl-Josef Diehl: "Wir gehen davon aus, dass es sich um ein typisches, schneeballartiges Betrugssystem handelt und die wenigen ausgelieferten Fahrzeuge mit den Geldern von Neukunden bezahlt wurden."
Angeboten nicht blind vertrauen
Das LKA Baden-Württemberg rät deshalb zur Vorsicht bei günstigen Angeboten im Internet. Fahrzeugangebote und -vermittlungen sollten "eingehend und kritisch" geprüft werden. "Garantierte, extrem hohe Rabatte sind in der Regel unrealistisch. Lassen Sie sich beraten, vertrauen Sie nicht blind." Auf der Website www.polizei-beratung.de haben die Polizeibehörden unter dem Stichwort "Sicherer Autokauf" Tipps zusammengefasst. Unter der Website www.sicherer-autokauf.de finden sich weitere Informationen und Ratschläge. Die Initiative "Sicherer Autokauf im Internet" wurde Anfang 2007 von den Internet-Fahrzeugmärkten AutoScout24 und mobile.de zusammen mit dem ADAC ins Leben gerufen. Sie wird seit März dieses Jahres von der Polizei unterstützt. Ziel der langfristig angelegten Initiative ist es, Nutzer von Online-Autobörsen für Sicherheitsfragen rund um den Autokauf und Autoverkauf im Netz zu sensibilisieren, umfassend zu informieren und konkrete Hilfestellung zu geben.