Knepp Castle Der Bauernhof, der von Tieren und Wildnis beherrscht wird – und so erfolgreich ist wie noch nie

Die Rinder fühlen sich in der Freiheit besonders wohl
Die Rinder fühlen sich in der Freiheit besonders wohl
© Screenshot Instagram: kneppsafaris
Charlie Burrell stand mit seinem Bauernhof vor dem Ruin. Dann fand der Brite eine unkonventionelle Lösung für das Problem: Er ließ sein Land verwildern und siedelte Wildtiere an.

Charlie Burrell war 21 Jahre alt, als er 1400 Hektar Land in Sussex im Südosten Englands erbte. Jahrelang versuchte er verzweifelt, das Land auf konventionelle Art zu bewirtschaften, wie es schon seine Vorfahren getan hatten. Doch der Boden war schlecht, die Ernte selten gut und auch sonst blieben die Erfolge aus. Der Hof stand vor dem Ruin.

Burrell musste etwas ändern – und zwar radikal –, denn nur so war sein Landgut Knepp Castle zu retten. Ihm wurde klar: Er wollte nicht mehr gegen die Natur arbeiten, sondern mit ihr. So fand Burrell einen neuen Ansatz: Verwilderung. Auf seinem Stück Land können Tiere ganz auf sich alleine gestellt leben, Natur darf sich entwickeln und die Biodiversität sich ausbreiten. Kann das profitabel sein? 

Weg von der Konvention

Es begann klein. Charlie Burrell und seine Frau Isabella Tree verkauften die Milchkühe und Farmmaschinen, entließen Personal und bauten bis auf die äußeren Zäune alle Begrenzungen ab. Wildblumensaat für ein Feld, die anderen wurden sich selbst überlassen. 

Als sie aufhörten, konventionelle Landwirtschaft zu betreiben, seien Burrell und seine Frau sofort profitabel gewesen, berichtet das Magazin "Brand eins". Die Kosten sanken auf ein Minimum und die EU-Landwirtschaftssubventionen, die von der Produktion abgekoppelt waren, brachten dennoch Einnahmen – für Burrell bis heute jährlich etwa 200.000 Pfund.

Wenig später schaffte das Paar die ersten Wildtiere an: Damhirsche und weitere Hirschherden anderer Rassen, englische Longhorn-Rinder und eine Herde Exmoor-Ponys. Später fanden auch Schweine ihren Platz auf dem Bauernhof. 

An dieser Stelle hat unsere Redaktion Inhalte von Instagram integriert.
Aufgrund Ihrer Datenschutz-Einstellungen wurden diese Inhalte nicht geladen, um Ihre Privatsphäre zu schützen.

Der Natur ihren Lauf lassen

Burrell lässt der Natur ihren Lauf und wird von ihr belohnt: Zuerst mehrten sich Pflanzen und Insekten. Unkraut, gegen das der Landwirt früher ankämpft, vermehrt sich rasant. Bäume wachsen. Überall in den Wiesen sitzen Grashüpfer. Es zirpt und raschelt. Schmetterlinge fallen über das Unkraut her und Vögel und Fledermäuse, die sich zuvor selten bis gar nicht in England ansiedelten, ernährten sich von den Insekten. Im letzten Sommer erbauten gleich zwei Storchpaare auf dem Grundstück ihre Nester und brachten Kinder auf die Welt. Burrell berichtet davon auf Instagram und auf seiner eigenen Website, in Videos auf YouTube und im eigenen Podcast. 

An dieser Stelle hat unsere Redaktion Inhalte von Instagram integriert.
Aufgrund Ihrer Datenschutz-Einstellungen wurden diese Inhalte nicht geladen, um Ihre Privatsphäre zu schützen.

Ganz vertrauen kann Charlie Burrell dem Treiben jedoch nicht. Anders als andere, die den neuen Ansatz ausprobieren, hilft er den Tieren über den Winter oder durch die Dürre im Sommer. Er füttert hinzu oder stellt Wasser bereit, sodass die Tiere nicht verhungern oder verdursten müssen. Dadurch muss er zusätzlich in das Wachstum der Tierherden eingreifen. Wird die Herde zu groß, erlegt er Tiere und verkauft das Fleisch. Das bringe zusätzlich über 100.000 Pfund im Jahr.

Safari in Großbritannien

Aber nicht nur der Verkauf des Fleisches sorgt für Einnahmen. Auf dem Anwesen ermöglicht das Paar Glamping – glamouröses Campen. Baumhäuser, Jurten und Hütten ermöglichen den Urlaub mitten in der Natur. Safaris führen durch die Wildnis und bringen die Besucher nah an die Tiere heran. Auch Fotokurse bietet das Paar an. Die Umsätze kämen an eine halbe Millionen Pfund pro Jahr heran. Mittlerweile haben die beiden sogar wieder knapp 30 Angestellte, die ihnen bei der Verwaltung des Landsitzes helfen. 

An dieser Stelle hat unsere Redaktion Inhalte von Instagram integriert.
Aufgrund Ihrer Datenschutz-Einstellungen wurden diese Inhalte nicht geladen, um Ihre Privatsphäre zu schützen.

"Es war wie eine Offenbarung", sagt Isabella Tree dem US-Sender CNN über ihren unkonventionellen Ansatz. Sie hätten vorher nicht gedacht, dass die gesteigerte Biodiversität einen so großen Einfluss auf ihr Leben haben würde. Nicht alle sind von der neuen Bewirtung des Landes begeistert. Die Nachbarn schauen lieber auf gerade geschnittene Büsche und gepflegte Wiesen als auf verwildertes Land. Einige Biologen finden die Eingriffe Burrells in die Natur zu groß und äußern, es sei nur künstlich erstellte Wildnis. Doch all das ist Charlie Burrell egal. Die Dinge, die er aus der Not heraus von der Natur bekommen hat, seien interessanter als das Gerede und die Kritik der Leute. Seine nächste Anschaffung sind Biber. In England gelten sie seit dem 18. Jahrhundert als ausgestorben. Das Paar erhofft sich dadurch die Entstehung einer Wasserlandschaft auf ihrem Anwesen.

Quellen: CNN / "Brand eins" / Knepp Wildland

PRODUKTE & TIPPS