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Das besondere Rezept

Das besondere Rezept Wie Cornelia Poletto einen Nudelklassiker salonfähig machte

Die Hamburger Köchin Cornelia Poletto erzählt, wie ein Gast sie dazu inspirierte, eine sternetaugliche Version der berühmten Spaghetti alla carbonara zu kreieren.
Von Sonja Helms

Fast jeder kennt den berühmten italienischen Klassiker. Spaghetti alla carbonara, ein einfaches Gericht aus Pasta, frischem Ei, Speck und Pecorino, einem Schafmilchkäse, und wer in dieser Aufzählung etwas vermisst: Nein, das Original sieht keine Sahne vor. Und keinen gekochten Schinken, sondern Speck. Aber das nur am Rande.

Zahllose Restaurants haben dieses Gericht im Angebot, und es schmeckt mal besser, mal schlechter. Allzu oft wird leider eine lieblose, schwere Schinken-Sahne-Pampe aufgetischt, gut gemacht kann es aber ein Gedicht sein. Dennoch, in einem Sternerestaurant würde man diese Speise nicht unbedingt erwarten: zu einfach, zu wenig raffiniert. Cornelia Poletto hatte es dennoch auf der Karte, damals in ihrem Hamburger Sternerestaurant "Poletto".

Cornelia Poletto

Die meisten Menschen kennen die Hamburger Köchin vermutlich aus dem Fernsehen. Seit 2007 hat sie eine eigene Kochshow im NDR und SR, "Polettos Kochschule", sie war aber auch häufig zu Gast bei "Lanz kocht" im ZDF. Sie ist auch regelmäßig bei den "Topfgeldjägern", ebenfalls im ZDF, zu Gast. Daneben führt sie ein Feinkostgeschäft mit dazugehörigem Restaurant, das "Cornelia Poletto" in Hamburg. Ihr ehemaliges Restaurant "Poletto", das über Jahre mit einem Stern ausgezeichnet war, gab sie Ende 2010 auf.

Die einfachen Freuden

Den entscheidenden Impuls hatte ein Gast geliefert, der mittlerweile ein guter Freund geworden ist. "Ich hatte damals schon Stammgäste, von denen manche täglich kamen", erzählt Poletto. Das ist heute noch so. Besagter Gast war einer davon. "So sehr er die feine Küche auch schätzte: Manchmal wünschte er sich zwischendurch etwas Einfaches – so wie man manchmal Lust auf eine gute Bratwurst hat. In diesem Fall waren es Spaghetti alla carbonara." Den Wunsch hatte Poletto ihm gerne erfüllt, denn sie selbst liebte das Gericht auch.

Irgendwann dachte sie sich: Es muss doch möglich sein, diesen Klassiker salonfähig zu machen, damit man es auch auf dem Menü anbieten kann. Also fing sie an, mit ihrem Team ein Rezept dafür zu entwickeln. Das Ergebnis: Statt Spaghetti servierte Poletto hauchdünne Tortelloni mit einer luftigen Ei-Käse-Füllung in einem leichten Sud aus Pancetta, einem luftgetrockneten, aromatischen italienischen Speck.

Tortelloni sind handgemachte, gefüllte Teigtaschen, ähnlich wie Tortellini oder Ravioli. "Für die Füllung haben wir eine Zabaione aufgeschlagen, aber nicht süß, wie man sie normalerweise kennt, sondern salzig. Die haben wir mit frisch gehobeltem Pecorino abgeschmeckt und als Füllung in die Pasta gebracht."

Ein halbes Jahr Entwicklung

Was so einfach klingt, war in der Praxis nicht so leicht umzusetzen. Denn der Clou bei dem Gericht ist, dass die Füllung beim Öffnen der Nudel fast flüssig und fluffig-leicht ist. Nur: "Ein Teig lässt sich nicht mit einer Flüssigkeit füllen. Sie läuft an der Seite wieder heraus", sagt Poletto. Sie experimentierte lange, bis sie eine Masse hatten, die beides war: anfangs fest genug zum Formen und später leicht und fast flüssig auf dem Teller. Die Lösung lautete Gelatine - und ja, ein Hauch geschlagene Sahne kam auch noch dazu. Die anfangs formbare Masse wurde beim Erhitzen wieder flüssig, so wie es sein sollte. Insgesamt dauerte es gut ein halbes Jahr, bis die Kreation perfekt war. Nicht ungewöhnlich für ein Sternerestaurant: "Bei manchen Gerichten können Jahre vergehen, in denen sie immer wieder mal verändert und weiterentwickelt werden, bis es irgendwann heißt: Jetzt lassen wir es so", sagt Poletto.

Zu den Tortelloni kochte sie einen Pancetta-Sud, um dem Gericht die Schwere zu nehmen. "Separat haben wir kleine, knusprige Pancetta-Stückchen und gehobelten Pecorino darüber gestreut", sagt sie. Fertig war die Sternevariante eines eigentlich simplen Gerichts. Pasta, Ei, Speck, Pecorino – alle wesentlichen Zutaten waren verarbeitet, und doch anders als gewohnt. Das Gericht schmeckte ähnlich wie das Original, aber leichter, feiner, eleganter.

Das ist gut acht Jahre her. "Meine Tortelloni alla carbonara entwickelten sich zu einem meiner beliebtesten Sterne-Pastagerichte", sagt sie. Noch heute finden sie immer mal wieder ihren Weg auf die Karte - auch wenn ihr neues Restaurant keinen Stern mehr trägt.

Sie können Sonja Helms hier auf Twitter folgen: @shelmss.

Falls Sie Appetit bekommen haben: Auf der nächsten Seite finden Sie das Rezept.

Das Rezept: "Tortelloni alla carbonara mit Pancetta"

Zutaten für 4 Portionen

Für den Nudelteig:

  • 250 g Hartweizengrieß
  • 150 g Mehl
  • 4 Eier
  • Salz
  • Hartweizengrieß zum Bestreuen
  • 1 Eiweiß zum Bestreichen
  • Mehl für das Backpapier und die Arbeitsfläche

Für die Füllung:

  • 2 Blatt weiße Gelatine
  • 8 Eigelbe
  • 50 g geriebener Pecorino
  • Salz, Pfeffer aus der Mühle
  • frisch geriebene Muskatnuss
  • 2 EL geschlagene Sahne

Für den Sugo:

  • 4 Scheiben Pancetta (ital. Bauchspeck)
  • 1 Schalotte
  • 1 Knoblauchzehe
  • 1 TL Butter
  • 3 cl trockener Weißwein
  • 1/4 l Geflügelfond
  • 60 g kalte Butter
  • 1 EL Petersilie (fein geschnitten)
  • Salz, Pfeffer aus der Mühle

Außerdem:

  • Hartweizengrieß zum Bestreuen
  • 1 Eiweiß zum Bestreichen
  • grobes Meersalz
  • 30 g Parmesan (am Stück)

Zubereitung

  • Für den Nudelteig den Grieß und das Mehl mischen, auf die Arbeitsfläche sieben und in die Mitte eine Mulde drücken. Die Eier in die Mulde geben und 1 Prise Salz hinzufügen. Die Zutaten mit den Händen zu einem glatten Teig verkneten und zu einer Kugel formen. In Frischhaltefolie wickeln und mindestens 1 Stunde im Kühlschrank ruhen lassen.
  • Für die Füllung die Gelatine in kaltem Wasser einweichen. Die Eigelbe in einer Schüssel über dem heißen Wasserbad schaumig aufschlagen. Die Gelatine ausdrücken und in der warmen Eigelbmasse auflösen. Die Masse kalt schlagen und den Pecorino unterrühren, mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss abschmecken. Zum Schluss die geschlagene Sahne unterheben und die Füllung kühl stellen.
  • Den Nudelteig mit Grieß bestreuen, mithilfe der Nudelmaschine dünn ausrollen und Kreise mit 8 bis 10 cm Durchmesser ausschneiden. Jeweils 1 TL Füllung in die Mitte der Teigkreise setzen, die Ränder mit verquirltem Eiweiß bestreichen, den Teig halbmondförmig über die Füllung klappen und verschließen. Die runde Seite umklappen und die beiden spitzen Enden vorne zusammennehmen.
  • Für den Sugo den Pancetta in Streifen schneiden. Die Schalotte und den Knoblauch schälen und in feine Würfel schneiden. Die Butter in einer Pfanne erhitzen und den Pancetta darin anbraten. Die Schalotten- und Knoblauchwürfel dazugeben, mit dem Wein ablöschen und etwas einköcheln lassen. Den Fond dazugießen, wieder etwas einköcheln lassen. Die kalte Butter in Würfel schneiden und unterrühren, die Petersilie dazugeben und den Sugo mit Salz und Pfeffer abschmecken.
  • Für die Tortelloni reichlich Wasser zum Kochen bringen, mit Meersalz würzen und die Nudeln darin etwa 3 Minuten ziehen lassen, das Wasser sollte dabei nicht mehr kochen. Mit dem Schaumlöffel aus dem Topf heben, kurz abtropfen lassen und in den Pancettasugo geben. Die Tortelloni auf vorgewärmte tiefe Teller verteilen und mit dem Pancettasugo übergießen. Den Parmesan in groben Spänen darüberhobeln.

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