Das Weltmeistermenü von 1954 Heldengedenktag

Tor, Tor, Tor, Tooor! Den Radioreporter Zimmermann haben wir noch im Ohr, denn sein pathetischer Ausbruch wird gerade jetzt oft und gern gesendet. Das Festmenü für die Helden von Bern jedoch ist perdu, weil längst verdaut. Zum Glück gibt's aber noch die Menükarte des Hotels Belvédère, wo sie das Wunder feierten. Der stern war dort und hat das Haus besucht

Es war der Horror. Unfassbar - für die Besiegten. Der ungarische Nationaltorwart Gyula Grosics kann es selbst nach 50 Jahren nicht begreifen. "Wenn mich jemand morgen aufweckt und mich daran erinnert, könnte ich in Tränen ausbrechen." Während die Ungarn trauerten, saßen die Deutschen am Abend des 4. Juscli 1954 im Speisesaal des Hotel Belvédère in Spiez am Thuner See und feierten bei Forelle blau und Entrecôte double das Wunder von Bern.

Fünfzig Jahre später. Kunstrasen bedeckt das Parkett des Salon Rouge, wie der ehemalige Speisesaal heißt. Wo die Spieler saßen und artig aßen, erhebt sich ein Modell des Wankdorfstadions von Bern im Maßstab 1:100, jenes Stadions, in dem das Endspiel stattfand. Drei Meter ragt der Nachbau des Ostturmes mit Uhr und Cinzano-Reklame bis zur Decke. "Alles wollte ich so perfekt wie möglich haben", sagt Markus Schneider, der Manager des Belvédère.

Vor wenigen Wochen hat Schneider eine Gedenkausstellung im Salon Rouge eröffnet: für die Männer von 54. Albert Sing war da. Sing spielte bis 1942 für Deutschland, arbeitete nach dem Krieg als Trainer bei Young Boys Bern und besorgte 1954 als Späher im Dienst Sepp Herbergers den Deutschen das Belvédère. Der damalige Hoteldirektor hatte die Deutschen zunächst nicht gewollt - aus Rücksicht auf seine holländischen Gäste.

Als er vor fünf Jahren mit der Ausstellungsplanung begann, bat Markus Schneider den Deutschen Fußball-Bund (DFB) um Unterstützung. Zunächst vergebens, was den Manager wurmte und wunderte: "Dabei sind wir doch der einzig erhaltene Originalschauplatz."

Denn das Wankdorfstadion wurde 2001 abgerissen. Für die EM 2008 entsteht ein neues. Die Berner Aidentity Marketing AG sicherte sich drei Tonnen Wankdorf-Bauschutt. 9000 Uhren enthalten jede ein paar Steinchen und verkaufen sich trotz des Stückpreises von bis zu 270 Franken gut - auch bei Schneider, der einen Fan-Artikel-Shop im Internet betreibt.

Schließlich spielte auch der DFB mit. Ein wenig jedenfalls. Von den 2000 Fußbällen, die der Verband vom 54er Modell als Replikate anfertigen ließ, durfte Schneider 40 zum Weiterverkauf erwerben. Der ließ dazu und auf eigene Kosten das Originaltrikot nachfertigen.

Die Suche nach authentischen Stücken von 1954 wiederum war schwierig. Daran ist auch Sepp Herberger schuld. Der hatte seinen Spielern verboten, aus Spiez irgendetwas mitzunehmen oder Eigenes zurückzulassen. Fürs Hotel schrieb Herberger ein paar nette Worte unter ein Mannschaftsfoto: "Dem Strandhotel Belvédère in Spiez, das während der WM 1954 unser Stammquartier war und wo wir dann so hervorragend betreut wurden, in dankbarer Verbundenheit gewidmet." Die einzige Original-Hinterlassenschaft des Trainers.

Es war Anfang Januar 2004, als Schneider den Tipp bekam, es doch mal bei der Ehefrau von Werner Liebrich zu versuchen. Liebrich, Mitglied der WM-Mannschaft, war selbst ein Sammler. Und er hatte sich nicht an die Order des Chefs gehalten. So kam nach Spiez zurück, was als verschollen galt: das Menü des 4. Juli 1954. Des Abends, an dem die Ungarn weinten und die Deutschen feierten.

Das Original-Menü: doppelte Rinderbrühe, Forelle blau mit Sauce Hollandaise, dazu Salzkartoffeln, Entrecôte double mit Kräuterbutter, Gemüse, Salat, Pommes frites, als Dessert eine Vacherin glacé, eine mehrstöckige Süßspeise aus drei Baiserböden, Eis und Schlagsahne. Schon damals nichts für schwache Mägen. Schneider hat die Gerichte überarbeitet. Weg mit der ganzen Forelle, her mit Forellenfilets. Hollandaise? Zu schwer. Salzkartoffeln: gestrichen. Aus dem doppelten Zwischenrippenstück wurde ein einfaches. Kein Salat zum Hauptgang. Statt Eis-Bombe ein Törtchen mit Fruchtsauce.

Zur Eröffnung der Ausstellung im Mai wurde das aufgefrischte WM-Menü erstmals gereicht. Klagen gab es keine. Und weil kein Vertreter des DFB den Weg nach Spiez gefunden hatte, musste sich Schneider auch über keinen von denen aufregen. Manchmal klagt er trotzdem, ein bisschen, über sein Hobby, das ihm so viel Freude bereitet. "Mein Leben im Belvédère wäre einfacher, wenn ich mich nie mit der WM von 1954 beschäftigt hätte." Einfacher vielleicht. Aber ganz sicher viel langweiliger.

Thomas Eckert
Strandhotel Belvédère, CH-3700 Spiez, Tel.: 0041/33/6556666, Fax: 6546633, www.belvedere-spiez.ch, info@belvedere-spiez.ch Das WM-Menü kostet pro Person 75 Franken.

Doppelte Kraftbrühe

Für ca. 2 Liter

Für die Brühe:
ca. 250 g Rinderwade (mit Knochen)
600 g mageres Rindfleisch
1 Bund Suppengrün
1 Zwiebel
1-2 Knoblauchzehen
1 Zweig Thymian
1 kleines Lorbeerblatt
2 Gewürznelken

Zum Klären:


2 Eiweiß
600 g Beefsteakhack (oder 600 g Rinderwade, gehackt)
je 60 g Möhre, Sellerie und Porree (fein gewürfelt)
1 Tomate, kl. geschnitten
1/2 Lorbeerblatt
3 weiße Pfefferkörner
Salz

1.

Am Vortag das Fleisch für die Brühe in 2 l kaltem Wasser zum Kochen bringen und abschäumen. Suppengrün putzen und klein schneiden. Zwiebel mit Schale halbieren, Knoblauch mit einem schweren Messer flach drücken. Alles mit Kräutern und Gewürzen nach dem Abschäumen in den Topf geben und zugedeckt bei milder Hitze ca. 3 Stunden kochen. Nach 2 Stunden leicht salzen. Ein Sieb mit Mull auslegen, die Brühe durchgießen und kalt werden lassen. Das Fett abheben.

2.

Zum Klären Eiweiß mit 125 ml Wasser verquirlen, dann mit Rindfleisch, Gemüsewürfeln und Gewürzen gut vermischen und 1 Std. im Kühlschrank ruhen lassen.

3.

Kalte Brühe und Rindfleischgemisch vermengen. Unter behutsamem Rühren bei starker Hitze aufkochen, dann Temperatur zurückschalten und ca. 45 Minuten ziehen lassen. Ein Küchentuch in ein Sieb legen, die Brühe mit einer Kelle aus dem Topf schöpfen und durchgießen. Die Consommé mit Salz abschmecken.

Zubereitungszeit:

ca. 1 Stunde, 30 Minuten plus Zeit zum Kochen + Kaltwerden.

Tipp:

Im Sommer die Suppe kalt servieren. Dazu passen Käse-Blätterteig-Stangen.

Entrecôte

Für 4 Personen

Fleisch:
1 Zweig Rosmarin (ca. 20 cm)
2 Zweige Thymian
1 Zweig Estragon
2 EL Öl plus Öl zum Braten
2-3 schwarze Pfefferkörner, zerdrückt
2 x 360 g Roastbeef, gut abgehangen
Salz
Pfeffer aus der Mühle

Kräuterbutter:


150 ml Kalbsfond (Glas)
80 g weiche Butter
je 15 g Petersilie und Schnittlauch
1/2 EL Zitronensaft

Sauce:


1 TL Zucker
125 ml Rotwein
650 ml Kalbsfond (Glas)

1.

Kräuter von den Zweigen streifen, fein hacken und mit Öl und Pfeffer mischen. Fleisch in das Kräuteröl legen, mehrfach wenden und ca. 6 Stunden marinieren.

2.

Für die Kräuterbutter Kalbsfond offen auf 11/2 EL Flüssigkeit einkochen und lauwarm werden lassen. Butter hell schaumig schlagen. Kräuter und Fond sorgfältig einarbeiten, mit Zitronensaft, Salz und Pfeffer würzen. In Alufolie zur Rolle formen und kühl stellen.

3.

Den Backofen auf 220 Grad vorheizen und eine ofenfeste Form hineinstellen. Kräuter abstreifen und die Entrecôtes in einer Pfanne in Öl auf jeder Seite 30 Sekunden anbraten, dann salzen und pfeffern, in die Form im Ofen geben und 10 Minuten (medium) fertig braten. Aus dem Ofen nehmen und ca. 5 Minuten mit Alufolie abgedeckt ruhen lassen.

4.

Inzwischen für die Sauce Zucker in der Pfanne braun karamellisieren. Mit Rotwein ablöschen, fast ganz einkochen, dann den Kalbsfond dazugießen und offen auf ca. 250 ml einkochen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken, durch ein Sieb in eine vorgewärmte Sauciere gießen. Kräuterbutter und Fleisch in Scheiben schneiden. Beides auf vorgewärmten Tellern anrichten. Dazu passt Saisongemüse.

Zubereitungszeit:

ca. 1 Stunde, 15 Minuten (plus 6 Stunden zum Marinieren)

Streichholzkartoffeln

Für 4 Personen

600 g Kartoffeln, fest kochend (möglichst gelagerte Kartoffeln)
Öl zum Frittieren
Salz

1.

Kartoffeln waschen, schälen und in streichholzdünne Stifte schneiden oder hobeln. Auf einem Küchentuch trocknen.

2.

Kartoffelstifte bei 160 Grad kurz vorfrittieren und auskühlen lassen. Bei 180 Grad fertig frittieren. Mit Salz würzen.

Zubereitungszeit:

ca. 45 Minuten.

Tipp:

Wer kein Frittierthermometer hat, hält einen Holzlöffel ins Fett. Wenn kleine Blasen aufsteigen, ist es heiß genug.

Forellenfilet mit Kerbelsauce

Für 4 Personen

50 g Butter
10 g Mehl
4 kleine Forellen, filetiert (ca. 600 g Forellenfilet)
3 EL Zitronensaft
Salz
Pfeffer
50 g weiße Champignons, in feinen Scheiben
60 g Knollensellerie, in Streifen
60 g Lauch, in Streifen
1 Schalotte, fein gewürfelt
150 ml trockener Weißwein
150 ml Gemüsefond (Glas)
1/3 Lorbeerblatt
2 weiße Pfefferkörner
50 g Schlagsahne
1 Bund Kerbel, fein geschnitten
50 g geschlagene Sahne

1.

In einem kleinen Topf 20 g Butter aufschäumen, Mehl hineingeben, glatt rühren, den Topf vom Herd ziehen und auskühlen lassen.

2.

Forellenfilets mit Zitronensaft beträufeln, salzen und pfeffern. Eine breite Pfanne mit 30 g Butter ausstreichen und das Gemüse darin verteilen. Wein und Fond angießen, Lorbeer und Pfefferkörner dazulegen. Zugedeckt aufkochen. Dann die Filets auf das Gemüsebett legen und ca. 5 Minuten unter dem Siedepunkt ziehen lassen. Filets vorsichtig abheben und warm stellen.

3.

Den Pfanneninhalt in ein feines Haarsieb geben, Gemüse leicht ausdrücken, Sud im kleineren Topf auffangen, zur Hälfte einkochen und mit dem Schneebesen unter die Mehl-Butter-Mischung rühren. Aufkochen, durch ein Sieb geben, Sahne dazugießen, nicht mehr kochen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

4.

Kurz vor dem Servieren Kerbel und geschlagene Sahne unterrühren. Auf vorgewärmte Teller einen Saucenspiegel gießen und darauf die Forellenfilets anrichten. Dazu Reis servieren.

Zubereitungszeit:

ca. 50 Minuten.

Tipp:

Die Fischfilets zum Warmhalten bei 80 Grad in die Ofenmitte schieben.

Eistörtchen

Für 6-8 Personen

Für 2 Böden:
10 g Speisestärke
75 g gemahlene, abgezogene Mandeln
3 Eiweiß (Größe M)
100 g Zucker

Für den Belag:


je 300 g Erdbeer- und Vanilleeis
180 g geschlagene Sahne
frische Erdbeeren zum Garnieren
Backpapier

1.

Zwei Backbleche mit Backpapier belegen und darauf mit Hilfe eines Springformrings 2 Kreise (22 cm Ø) zeichnen. Backofen auf 220 Grad vorheizen.

2.

Speisestärke mit Mandeln mischen. Eiweiß mit einem Handrührgerät steif schlagen, den Zucker langsam einrieseln lassen und 2-3 Minuten weiterschlagen, bis eine feste, feinporige Masse entstanden ist.

3.

Mandelmischung nach und nach mit einem Spatel sorgfältig unterheben. Die Masse in einen Spritzbeutel mit großer Lochtülle (10 mm Ø) füllen. Die Kreise auf dem Backpapier spriralförmig ausfüllen. Die Bleche auf die unterste und mittlere Einschubleiste im Ofen schieben und die Böden 10 Minuten backen, nach 5 Minuten die Bleche wechseln. Böden auf einem Kuchengitter auskühlen lassen.

4.

Einen Boden auf Backpapier legen und mit dem Springformring umstellen. Beide Eissorten etwas cremig rühren. Zuerst eine Schicht Vanilleeis, dann eine Schicht Erdbeereis aufstreichen. Mit dem zweiten Boden abdecken und für ca. 1 Stunde in den Gefrierschrank legen.

5.

Springformring abnehmen. Den oberen Teigboden mit geschlagener Sahne einstreichen und die Torte weitere 4 Stunden gefrieren lassen. Vor dem Servieren mit einem Spritzbeutel die restliche Sahne aufspritzen, mit Erdbeeren garnieren.

Zubereitungszeit:

ca. 1 Stunde (plus Zeit zum Durchkühlen)

Tipp:

Die Torte ca. 40 Minuten vor dem Servieren im Kühlschrank antauen lassen. Zum Aufschneiden Messer in warmes Wasser tauchen. Dazu passt Erdbeersauce: frische Erdbeeren pürieren und mit Zucker und Zitronensaft abschmecken. B. Marthaler, Hotel Belvédère.

stern-Wein-Tipp

Von Fabian und Cornelius Lange

Diplomatenwein vom schönen Rhein

Der Rheingau ist zwar nur eine winzige Anbauregion auf der Weltkarte des Weines, aber wichtig bis sehr wichtig, wenn es um Riesling geht, die deutsche Referenzrebsorte. Dabei rücken wir nicht eines der großen Adelsgüter ins Rampenlicht, die das kleine Anbaugebiet seit Jahrhunderten fest im Griff hatten, nein, diesmal darf uns ein Neuling mit viel Talent einschenken. Jürgen Wagenitz vom Weingut George aus Geisenheim. Sein Wein: ein weicher Vertreter seiner Gattung, ein Schmeichler, kein kantig-stahliger Typ für die säureresistenten Schluckspechte unter uns, die mit den Teflonmagenwänden. Der Basisriesling für den täglichen Bedarf heißt Villa Clara, eine saftige Cuvée aus verschiedenen Lagen, die praktisch alles kann: den Mund wässrig machen, den Durst löschen und zum Essen eine ideale Figur abgeben - bei einem insgesamt praktisch schmerzfreien Eingriff ins Portemonnaie. Sehr gut finden wir auch den Riesling aus dem Rüdesheimer Berg Rottland, einer schwindelerregend steilen Lage hoch über dem Rhein, die zum Besten gehört, was es im Rheingau gibt. Die Vegetation hat hier locker zwei Wochen Vorsprung. Und das kann man schmecken: Die reife Aprikose lacht uns an und mischt sich mit dezenten Pfirsichnoten, das Ganze unterlegt mit erfrischender Zitrus und Kräuternoten. Dazu die delikate Mineralität der Schieferverwitterung des Rottlands. Dieser High-End-Riesling ist ein faszinierendes Paradoxon voller Kraft und Finesse, er ist wuchtig und filigran zugleich. Also genau das, was große Weine auszeichnet, überall auf der Welt: Botschafter ihres Weinbergs zu sein.

1 Fl. 2002 Riesling Villa Clara: 5 Euro
1 Fl. 2002 Riesling Rüdesheimer Berg Rottland 8,50 Euro (jeweils plus Versandkosten)
6er-Paket mit je 3 Flaschen pro Sorte: 46,50 Euro (frei Haus).
Über:
Weingut George
Winkelerstr. 111
65366 Geisenheim
Tel.: 06722/98 03 43
Fax: 98 03 44
E-Mail: info@wagenitz.de
www.wagenitz.de

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