Stromkrise Wieso in Südafrika täglich die Lichter ausgehen – und viele Restaurants deshalb dicht machen müssen

 Eine Gastronomin aus Kapstadt muss ihr Imbissrestaurant bei Kerzenlicht betreiben. Es herrscht ein planmäßiger Stromausfalls, der als load shedding bekannt ist.
 Eine Gastronomin aus Kapstadt muss ihr Imbissrestaurant bei Kerzenlicht betreiben. Es herrscht ein planmäßiger Stromausfalls, der als load shedding bekannt ist.
© Nic Bothma/ / Picture Alliance
Energie ist in Südafrika ein knappes Gut. Deshalb wird der Strom abgestellt. Mehrmals am Tag für mehrere Stunden. Die Bevölkerung ächzt. Existenzen sind bedroht.

Während ich hier sitze, um über die Energiekrise in Südafrika und deren Auswirkungen auf die Bevölkerung und die Wirtschaft zu schreiben, habe ich genau 13 Minuten Zeit, um meinen Laptop zu laden, meine Lebensmittel kühl zu stellen und darauf zu warten, dass die Waschmaschine fertig wäscht. Dann beginnt das, woran sich die Südafrikaner seit über zehn Jahren gewöhnt haben, das sogenannte "Load shedding", übersetzt: Lastabwurf. Doch so schlimm wie jetzt war es noch nie.

Der staatliche Stromkonzern Eskom, der eine Monopolstellung in der Energieversorgung Südafrikas hat, schaltet nach Plan den Strom ab. Je nach Stufe kann das bis zu dreimal täglich für mehr als 4 Stunden passieren, in manchen Gegenden wird es bis zu 13 Stunden am Tag dunkel. Ich befinde mich gerade in Stufe 6 von 8. Das bedeutet für diesen Tag: Stromausfall von 4 Uhr bis 6.30 Uhr, von 12 Uhr bis 14.30 Uhr und von 20 Uhr bis 0.30 Uhr. Warum? Um den kompletten Blackout zu vermeiden. Eskoms Motto lautet: Strom einsparen, um einen Overload zu vermeiden, also dass mehr Strom verbraucht als produziert wird. Das würde nämlich bedeuten, dass das Licht für mehrere Tage ausbleiben müsste. 

Andre de Ruyter, der Chef von Eskom sagte gegenüber der "Tagesschau": "Wir möchten die Öffentlichkeit daran erinnern, dass Loadshedding nur als letztes Mittel eingesetzt wird. Das sorgt dafür, dass das Stromnetz und die nationale Versorgung funktionsfähig bleiben."

Gastronomen müssen kreativ werden – oder schließen

Aber warum ist das Einsparen überhaupt nötig? Die Vorwürfe gegenüber Eskom lauten Korruption und Missmanagement. Hinzukommt die Kritik an der Regierung, die sich an der Krise bereichert und nicht zum richtigen Zeitpunkt eingreift, obwohl sie einen großen Einfluss auf den Stromkonzern hat. "Wir haben es hier mit ganz klarem Missmanagement zu tun", sagt ein Winzer aus Paarl dem stern, der anonym bleiben möchte. "Da ich mich auf die Regierung nicht verlassen kann, habe ich jetzt einen Generator gekauft.“ In wenigen Wochen ist Weinlese, um die Trauben kalt zu verarbeiten, braucht es Strom. Etwas worauf man sich heutzutage nicht mehr verlassen kann. „Hoffentlich kommt der Generator rechtzeitig an, wenn nicht, könnte ich meine komplette Weinernte und mein Jahreseinkommen verlieren.“

Es geht um Existenzen. Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem Eisladen und plötzlich geht der Strom aus. Wie lange hält das Eis nun kühl? Kühlketten werden unterbrochen, so können Lebensmittel auch verderben, vor allem, wenn es sich um Fleisch oder Fisch handelt. Wer kann, investiert in einen Generator. Wenn das Licht ausgeht, surrt es wenige Sekunden später und der Generator springt an, der wird wiederum mit Diesel betrieben und frisst bis zu 20 Liter die Stunde. Leisten können sich das nur diejenigen, die das nötige Kleingeld haben. Viele Restaurants mussten bereits große Investitionen tätigen. Beispielsweise in neue Kassensysteme, weil die alte Technik den plötzlichen Stromentzug nicht mitgemacht hat oder in neue Kühlsysteme. Manche Gastronomen sind auch daran gescheitert und mussten für immer schließen.

Sonnenenergie als Alternative

Für die Menschen in Europa, wo der Strom zuverlässig fließt, ist das unvorstellbar, unmöglich aber nicht. Noch sind wir von diesem Szenario verschont, daraus lernen kann man jetzt schon. Immer mehr Unternehmen und auch Privatleute investieren in erneuerbare Energien. Energieexperte Mohamed Madhi begrüßt diese Entwicklung, wie er der „tagesschau“ berichtet: "Wir sehen, wie Solaranlagen verkauft und von Unternehmen und Privatleuten angenommen werden", sagt er. "Wir wissen, dass Solarzellen so gut verkauft werden wie nie zuvor in diesem Land. Sonnenenergie gemischt mit anderen Energieformen ist eine Alternative zu Eskom." Das bestätigt auch ein Sprecher des Weinguts "Creation", das 2022 zum besten Weingut Afrikas gewählt wurde. "Wir produzieren fast 70 Prozent unseres Stroms mit Solarenergie. Manchmal haben wir zu viel Strom, wir können das noch nicht einlagern. Wenn die Lösung zum Problem wird."

Stromabschaltungen sind in Südafrika trauriger Alltag. Dann fallen Ampeln an großen Kreuzungen aus, die Polizei muss aushelfen und den Verkehr koordinieren, weil es sonst zu langen Staus kommt. In einigen Restaurants und Cafés hängen Schilder in den Fensterscheiben „Back by 4 pm when electricity is back on“, Wir sind bis 16 Uhr zurück, wenn der Strom wieder läuft. Just in diesem Moment piept es auch in meiner Unterkunft, das vertraute Geräusch, dass das Licht jetzt ausgeht. Zeit, um sich darauf zu besinnen, wie selbstverständlich doch die Energie ist, die wir in Deutschland genießen dürfen.

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