Hopfen, Malz, Hefe und Wasser - mehr darf in kein Bier, das nach deutschem Reinheitsgebot gebraut wird. Manch ein Braumeister mag das als Einschränkung empfinden, doch wie viele unterschiedliche Biere möglich sind, beweist die immer größer werdende Zahl kleiner Craft-Beer-Brauereien in Deutschland. Statt auf Massenware setzen sie auf hochwertig hergestellte Individual-Biere. Eine der bekanntesten Craft-Beer-Manufakturen Norddeutschlands ist die Hamburger Ratsherrn-Brauerei in den historischen Schanzenhöfen. Sie ist in der Hansestadt bekannt für qualitativ hochwertige, wenngleich auch eher konventionelle Sorten wie Pils, Pale Ale und Rotbier. Das soll sich in Zukunft ändern.
Am Donnerstag eröffnete die Brauerei eine Micro Brewery, eine Art Forschungs- und Entwicklungsabteilung für die Mitarbeiter. Dort stehen mehrere auf Hochglanz polierte Edelstahltanks, an denen sich die Braumeister austoben dürfen. Hier können bis zu zwei Bierstile pro Monat entwickelt werden, die abseits des Mainstreams-Geschmacks angesiedelt sind. Möglich wird das mit ungewöhnlichen Hopfenaromen oder ausgefallenen Malzmischungen.
Geleitet wird die Mini-Brauerei vom 31-jährigen US-Braumeister Ian Pyle, der zuvor für die Bostoner Samuel Adams Brewery als Entwicklungsbraumeister tätig und seit Juni 2013 die Ratsherrn-Brauerei unterstützt. "In der Micro Brewery können wir mit besonderen Aromen und Geschmacksnuancen spielen", sagt der Braumeister. "Als Basis für die Bierentwicklung nehmen wir vergessene, traditionelle Rezepte. Gepaart mit innovativen Zutaten versuchen wir, diese neu und modern zu interpretieren." Dass Pyle experimentierfreudig ist, hat er bereits mehrfach bewiesen: Ende vergangenen Jahres braute er ein spezielles Winterbier mit einer Extraportion Zimt, Nelken, Sternanis und Orangenschalen. Das Ergebnis hat uns jedoch nicht überzeugt. Auch ein Bier mit besonders viel Hopfen ("Hoppin' Jaws") sorgte für gemischtes Feedback.
Eröffnet wurde die Micro Brewery am Donnerstag mit einem ungewöhnlichen Experiment: Die Hamburger Ratsherrn-Brauerei arbeitete zum Auftakt mit den Bayreuthern von Maisel & Friends zusammen. Mehr als drei Monate feilten die beiden Brauereien an der Mischung, herausgekommen ist ein honigfarbenes Weizen IPA (India Pale Ale) namens "Citrilla Wheat". Es kombiniert fruchtige Noten mit einer leichten Süße, ist wirklich ausgesprochen lecker, kostet dafür aber auch stolze 7,99 Euro pro Flasche. Als Feierabendbier fällt es somit aus, für besondere Anlässe ist das Bier aber sehr empfehlenswert.